Marion Kremer und ihre Kinder waren 19 Tage lang voneinander getrennt. Foto: DKMS

Marion Kremer hat eine Stammzelltransplantation erhalten. Nun richtet sie einen Appell an ihre Mitmenschen.

Großbottwar - Vor knapp neun Monaten änderte sich das Leben von Marion Kremer aus Großbottwar von jetzt auf gleich: Die Mutter von Zwillingen erhielt die Diagnose Leukämie und bald war klar, dass sie auf eine Stammzelltransplantation angewiesen ist. Jetzt, wo es ihr besser geht, ist es der 45-Jährigen sehr wichtig geworden, sich für andere einzusetzen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden und ihnen Hoffnung zu schenken. Und so entstand die Idee, die Menschen auf die Arbeit der DKMS aufmerksam zu machen.

Im November 2019 erhielt Marion erst eine autologe Stammzellspende – eine Transplantation mit eigenen Stammzellen. Februar 2020 wurde sie dann erneut transplantiert, diesmal „allogen“, also mit den Stammzellen eines Spenders. Die Zellen würden ohne Unterdrückung des Immunsystems vom Empfänger abgestoßen. Durch eine hoch dosierte Chemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit einer Ganzkörperbestrahlung, werden zunächst die bösartigen Tumorzellen zerstört, zum anderen aber auch die eigenen Stammzellen weitestgehend ausgeschaltet.

Nach einer solchen Hochdosis-Chemo wäre der Patient ohne Gabe von fremden Stammzellen nicht mehr überlebensfähig, da er ohne funktionierendes Knochenmark keine Blutkörperchen und -plättchen mehr produzieren könnte. Selbst Bluttransfusionen würden nur bedingt helfen, da sich nur die Roten Blutkörperchen und die Blutplättchen ersetzen lassen. Nicht aber die Leukozyten, die das Immunsystem des Menschen ausmachen. Hier kommt die Fremdspende ins Spiel.

Für diese müssen zahlreiche genetische und weitere Marker übereinstimmen, damit gespendete Zellen und der Körper des Empfängers „zueinander passen“ – und das macht die Suche nach passenden Spendern zu einer Herausforderung. Auf die Frage hin, wie ihre Reaktion war, als sie erfahren hat, dass es einen passenden Stammzellspender für sie gibt, erklärt Marion Kremer: „Nach den Strapazen der autologen Transplantation hatte ich gehofft, um eine zweite Transplantation herum zu kommen. Ich war also ziemlich undankbar und nicht sonderlich erfreut. Hinzu kommt bei mir ein starker Glaube an Gott und ich hatte wohl auch erhofft, dass er mir durch ein entsprechendes Wunder die nächste Hochdosis-Chemotherapie mit den Begleiterscheinungen ersparen würde. Da war ich auch etwas enttäuscht.“ Ein Gefühl, dass sich gänzlich gewandelt hat. „Jetzt danke ich Gott, dass mir jemand diese Chance geschenkt hat. Erst so langsam habe ich erkannt, was für ein Privileg es ist, ein neues Immunsystem erhalten zu können und damit die echte Hoffnung, die Leukämie komplett – oder wenigstens für einen sehr langen Zeitraum – hinter mir zu lassen .“

Die 45-Jährige blickt heute positiv in die Zukunft: „Mein Leben ist gut, so wie es ist.“ Es seien die kleinen Dinge, die sie schätzen gelernt habe, wie Gesprächszeit mit ihrem Mann zu verbringen, anstatt Filme auf Netflix zu schauen. Auch mehr Zeit spielend mit den beiden Kindern zu verbringen, anstatt sich um den Haushalt zu kümmern, gehört dazu. „Ich will bewusster, achtsamer und dankbarer leben.“

Für Menschen, die unentschlossen sind, selbst Stammzellspender zu werden, hat die 45-Jährige eine Botschaft: „Ich kann eure Sorge verstehen. Die Apherese, also die Stammzellernte, ist ‚anstrengend‘. Man muss sehr lange sehr still liegen oder sitzen, darf dabei aber nicht einschlafen. Und es sind mehrere Stunden zuzüglich der Voruntersuchungen, Spritzen zum Ausschwemmen der Stammzellen ins Blut und der Anreise zum Entnahmezentrum.“

Nachdem sie als Patientin erst richtig verstanden habe, dass ein völlig fremder Mensch bereit war, das alles auf sich zu nehmen, um ihr das Leben zu retten, sei es schade, dass sie selbst diesen Schritt mit Vorerkrankung nicht mehr gehen kann: „Gibt es etwas Größeres als das Wissen, ein Lebensretter zu sein? Lasst euch registrieren! Nicht nur die Betroffenen selbst, auch deren Familien und Freunde werden unheimlich dankbar sein.“

Die Situation von Marion Kremer war auch deshalb eine Besondere, da sie mit den Herausforderungen der Corona-Krise besonders schwere Bedingungen vorfand. Wegen des aktuellen Besuchsverbots in den Krankenhäusern, hatte sie ihren Mann und ihre Kinder über zwei Wochen lang nicht sehen können. Inzwischen ist sie zwar wieder in den Kreis ihrer Familie nach Hause zurückgekehrt, da sie aufgrund der Stammzelltransplantation aber weiterhin Immunsuppressiva nehmen muss, zählt sie zur Covid-19-Hochrisikogruppe. Daher richtet sie noch einen weiteren Appell an ihre Mitmenschen: „Bitte haltet euch an die Vorgaben der Behörden: Händewaschen, Abstand halten und nicht in Gruppen treffen. Dadurch kann jeder einen großen Beitrag leisten, Menschen wie mir zu helfen, aber auch, dass das Ärzte- und Pflegepersonal seine ausgezeichnete Arbeit durchführen kann.“

Marion Kremers Appell gibt es auch in Videoform