Ein 32-Jähriger hatte versucht, einen 63-Jährigen zu bestehlen. Jetzt haben sich die beiden Männer im Gericht wiedergetroffen.
Großbottwar - Beim Bier in der Kneipe in Marbach kommen zwei Männer ins Gespräch über ihre Hobbys. Man beschließt, die Modelleisenbahn des Älteren im Keller seines Hauses in Großbottwar anzuschauen. Am Donnerstag nun trafen die beiden vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Marbach wieder zusammen: Der 63 Jahre alte Besitzer der Modellbahn als Opfer, der 32-Jährige als Täter in einem Fall von Freiheitsberaubung, versuchtem Raub sowie Diebstahl in besonders schwerem Fall und Körperverletzung.
Laut Staatsanwaltschaft Heilbronn bat der 32-Jährige im April 2018 den älteren Mann um Geld, weil er zuvor am Spielautomaten verloren hatte. Dieser gab ihm 2,50 Euro, mehr habe er nicht. Nachdem auch die im Automaten verschwanden, kam der Angeklagte erneut auf den Mann zu, dieses Mal sprach man über dies und das und über Hobbys. Angekommen in Großbottwar wollte der 63-Jährige seine Modelleisenbahn vorführen, doch wieder fing der Jüngere vom Geld an und schloss den Raum ab. Der Wohnungsinhaber konnte unter Gerangel den Schlüssel an sich bringen, aufschließen und die Treppe hoch zur Haustür flüchten. Dabei schlug ihn der Täter mehrfach und versuchte, ihm den Geldbeutel aus der Gesäßtasche zu stehlen. Als der 63-Jährige seine Tür öffnete, floh der 32-Jährige, der ebenfalls in Großbottwar lebt.
Es stehe viel auf dem Spiel, erläuterte Richterin Ursula Ziegler-Göller dem Angeklagten zu Beginn der Verhandlung. Angesichts der Vorwürfe bewege sich ein Urteil wohl eher am oberen Ende des Strafrahmens eines Schöffengerichts am Amtsgericht, nämlich bei vier Jahren Gefängnis. Ein Geständnis wirke sich erheblich strafmildernd aus. Der zweifache Vater zog sich daraufhin zur Beratung mit seiner Verteidigerin zurück und diskutierte laut mit ihr hinter verschlossenen Türen. Immerhin sitzt er bereits seit einiger Zeit in Untersuchungshaft und muss noch eine 15-monatige Haftstrafe von einem Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom Februar wegen Diebstahls absitzen. Er entschied sich gegen das Angebot des Gerichts. Ein Polizeibeamter berichtete von der zweiten Vernehmung des Opfers rund einen Monat nach der Tat: „Er war immer noch sichtlich mitgenommen und konnte nicht fassen, in der eigenen Wohnung so angegangen worden zu sein.“ Der mittellose Mann machte zwar einen etwas vernachlässigten Eindruck, Hinweise auf geistige Verwirrung oder eine erfundene Geschichte gab es aber nicht, wehrte der Beamte entsprechende Nachfragen der Verteidigung ab. Der Prozess wird am 23. Mai mit weiteren Zeugen fortgesetzt.