Bohrpfahlwände sichern das Gelände des TC Ameisenberg (links oben) und die alten Trinkwasserbehälter. Die neuen Behälter entstehen dort, wo das Auto steht. Foto: Jürgen Brand

Die Großbaustelle am Urachplatz in Stuttgart-Ost wird kaum beachtet, ist aber für rund 100 000 Stuttgarter unter anderem in Stuttgart-Mitte und -Ost sehr wichtig: Dort entsteht ein neuer Trinkwasser-Hochbehälter. Die Bauarbeiten sind kompliziert. Das Projekt kostet 10,5 Millionen Euro.

S-Ost - Es gibt zurzeit wahrlich viele Baustellen in Stuttgart, aber nur wenige betreffen so viele Stuttgarter wie die von den meisten unbemerkte Großbaustelle am Urachplatz in Stuttgart-Ost. Dort entsteht zurzeit ein neuer Trinkwasserhochbehälter, der den direkt neben der Baustelle unter der Erde liegenden Behälter Kanonenweg aus dem Jahr 1881 ersetzen wird. Mit dem Wasser aus dem Behälter werden rund 100 000 Stuttgarter in den Stadtbezirken Stuttgart-Mitte, -Ost, Wangen, Hedelfingen, Ober- und Untertürkheim, Bad Cannstatt und Münster sowie Großunternehmen wie etwa Daimler mit Wasser versorgt.

Große Bohrpfähle, lange Stahlanker

Von dem einst grünen Hügel direkt am Urachplatz ist derzeit nicht viel übrig. Das Erdreich ist bis auf das Niveau des Platzes abgetragen. 24 000 Kubikmeter waren es insgesamt; die Erde lagert jetzt auf dem EnBW-Gelände beim Gaskessel; sie wird später wieder benötigt. Das Baufeld ist nach hinten von einer hoch senkrecht aufragenden Bohrpfahlwand begrenzt. Die einzelnen Bohrpfähle, die ineinander greifen, sind acht bis zwölf Meter lang und zur Hälfte tief in die Erde gerammt. Außerdem sind sie mit tief in den Berg gebohrten, 15 bis 25 Meter langen Stahlankern zusätzlich gesichert.

So wird verhindert, dass der dahinter und darüber liegende Rest des Hügels abrutscht, was fatale Folgen hätte. Zum einen liegt direkt an der am tiefsten abfallenden Pfahlwand das Vereinsgelände samt Vereinsheim des alteingesessenen Tennisclubs Ameisenberg. Zum anderen ruhen direkt hinter der anderen, nicht ganz so hohen Pfahlwand die denkmalgeschützten alten Kammern des bisherigen Hochbehälters. Sie stammen aus den Jahren 1881 und 1926 und sind – bis auf eine – auch während der Bauarbeiten in Betrieb und versorgen die Landeshauptstadt mit Wasser. Sie dürfen auf gar keinen Fall ins Rutschen kommen. Da diese alten Kammern längst nicht mehr zeitgemäß sind und eine Sanierung unverhältnismäßig teuer gewesen wäre, hatte die Netze BW bereits Ende 2013 den Bau neuer Kammern beschlossen.

Der Erdaushub wird am Gaskessel gelagert

Mit dem Erdaushub war im Juli vergangenen Jahres begonnen worden, im Frühjahr 2016 konnte mit dem nach Angaben von Projektleiter Steffen Greger „recht komplexen“ Spezialtiefbau begonnen werden. Inzwischen ist die Bodenplatte des sogenannten Rohrkellers zum Urachplatz hin betoniert. Der nächste Bauschritt sind die Bodenplatten der eigentlichen Trinkwasserkammern, die später einmal 7500 Kubikmeter Wasser fassen sollen.

Für den Bau der Kammern muss ein Spezialbeton verwendet werden, der ganz besondere Anforderungen erfüllen muss. Weil diese Betonwände, -böden und -decken nach Inbetriebnahme der Behälter permanent in direktem Kontakt mit Trinkwasser sein werden, dürfen sie keine organischen Bestandteile enthalten, die sich eventuell aus dem Beton lösen könnten. Dadurch würde das Trinkwasser verschmutzt. Der Beton muss außerdem eine extrem hohe Dichte und einen entsprechenden PH-Wert aufweisen, um für diese Art von Bauwerk verwendet werden zu können. Auf die Wände wird später noch eine etwa 15 Millimeter starke mineralische Dichtbeschichtung aufgetragen, die das Trinkwasser zusätzlich schützen soll.

Der Hügel wird wieder aufgeschüttet

Weil der Untergrund nicht so kompliziert wie befürchtet und der Winter mild war, liegt die Baustelle einige Tage vor dem Zeitplan. Die Rohbauarbeiten sollen bis Anfang 2017 abgeschlossen sein, dann werden die neuen Behälter an die hydraulischen Anlagen angeschlossen und die Technik eingebaut. Das dauert noch einmal so lange wie der eigentliche Bau der Behälter. Ende 2018 oder Anfang 2019 sollen die neuen Behälter fertig sein. Dann wird auch der Hügel wieder hergestellt; die Trinkwasserbehälter werden mit einer bis zu einem Meter dicken Erdschicht bedeckt. Der neue Hügel wird dann wieder begrünt. Was mit den alten Behältern geschieht, ist noch offen. Insgesamt investiert die Netze BW 10,5 Millionen Euro in das Infrastrukturprojekt.