Hilda zeichnet einen langnasigen Troll. Und der schaut ihr ungewöhnlich friedlich dabei zu. Foto: Netflix

In der britischen Kinderserie „Hilda“ schließt ein pfiffiges kleines Mächen Freundschaft mit allerlei Märchenkreaturen. In dieser Zeichentrickwelt vermengen sich moderne Realität und alte Märchenmotive ganz wunderbar.

Stuttgart - „Dann laufen wir um unser Leben“, sagt das kleine blauhaarige Mädchen Hilda, und da schwingt Vorfreude aufs Angsterlebnis mit. Dann, das ist der Moment, wenn das Tageslicht zu schwach wird, um den Troll weiter zu bannen, den Hilda im Wald gefunden hat. Wenn die Steinfigur, die Hilda in aller Ruhe zeichnen möchte, zum Leben erwachen und Hunger verspüren wird. Ansprechpartner von Hilda ist ein kleiner Rehfuchs, eine Art putziger rundköpfiger Hund mit buschigem Schwanz und einem nicht allzu imposanten Geweih.

Ja, die Welt der bei Netflix zu sehenden Zeichentrickserie „Hilda“ ist nicht ganz die unsere. Zu Beginn wohnt Hilda mit ihrer Mutter im einzigen Haus in einem stadtnahen großen Tal, das in unserer Realität längst von Immobilienspekulanten gestürmt wäre. Hier aber liegen Wälder und Hänge unberührt, und Hilda trifft neben Trollen auch Riesen und Elfen.

Beglückung und Witz

Dass es diese Wesen gibt, zweifelt hier niemand an. Aber die Fähigkeit, ihnen zu begegnen, sie zu erkennen und mit ihnen, den winzigen wie den enormen, auf Augenhöhe zu kommunizieren, scheint nur Hilda gegeben zu sein. Unaufdringlich lehrreich und sehr witzig strahlt „Hilda“ Beglückung angesichts des vielfältig Übernatürlichen aus. Die Serie erzählt also, dass andere Perspektiven, Wünsche und Lebenswelten, die eines Kindes etwa, eine Bereicherung sind.

Später ziehen Hilda und ihre Mutter in die Stadt Trollberg um, wo einerseits das ganz normale Leben abläuft. Andererseits ist Trollberg von einer Mauer zum Schutz vor Trollen umgeben. Dieses Ineinander von Fantasie und Realität gelingt dem Briten Luke Pearson in seiner Kindercomicreihe „Hilda“, die der Serie zugrunde liegt und die in Deutschland im Reprodukt-Verlag erscheint, ganz hervorragend. Auch die Serienmacher haben erkannt, dass es nicht nur auf den Plot ankommt, auf einzelne Gags oder Stilentscheidungen, sondern dass der Zauber von „Hilda“ aus Widersprüchen auf vielen Ebenen entsteht.

Frech und schutzbedürftig

So pflegen Hilda und ihre Mutter eine offenherzige Beziehung, in der es doch Geheimnisse gibt. Mal ist Hilda frech, mal schutzbedürftig, und so robust sie gegenüber Märchenwesen auftritt, so unsicher ist ihr Umgang mit den Stadtkindern. Viele Einflüsse sind spürbar, von der verschrobenen Poesie der „Mumins“ bis hin zur Bissigkeit der „Simpsons“. Aber immer bleibt dies eine ganz eigene Welt. Wer Netflix nicht abonniert hat und auch keinesfalls abonnieren möchte, sollte mal in die „Hilda“-Comics schauen. Man muss dazu nicht mal unbedingt Kinder im Haus haben.

Verfügbarkeit: Alle Folgen der ersten Staffel bei Netflix abrufbar