Brandbeschleuniger besser nicht einzusetzen, urteilte das Oberlandesgericht Hamm: Tut man dies doch, können alle Beteiligten haftbar gemacht werden, wenn es zu einem Grillunfall kommt Foto: Fotolia/© Hanker

Beim Grillen kommt es oftmals zu Unfällen mit schwersten Verbrennungen. Meist sind Brandbeschleuniger im Spiel. Wie sich Grillfreunde schützen können und welche Versicherungen bei Schäden haften, sagen Experten.

Berlin - Grillen ist gefährlich: Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV) mit Sitz in Berlin ereignen sich hierzulande jedes Jahr rund 4000 Grillunfälle, 400 davon enden mit schwersten Verbrennungen. Betrachtet man die physikalischen Gegebenheiten bei diesem Freizeitvergnügen, wundert das nicht: So erreichen die Flammen selbst Temperaturen von knapp 800 Grad Celsius, die Glut und der Rost werden um die 500 Grad Celsius heiß, und das Gehäuse eines Metallgrills kann sich auf immerhin 400 Grad erhitzen.

Um das Risiko von Brandwunden zu mindern, empfiehlt die Versicherungskammer Bayern (VKB), nur geprüfte Grills zu verwenden: Zum sicheren Brutzeln sind Modelle, die der DIN-Norm 66077 entsprechen oder das GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“ tragen, geeignet – das gilt auch für Elektrogrills. Zudem muss der Grill auch richtig aufgestellt werden, nämlich auf einem festen, ebenen und nicht brennbaren Untergrund. Außerdem sollte er möglichst im Windschatten stehen, um Stichflammen durch Windböen zu vermeiden. Liegen Papierservietten herum, sollte man diese möglichst von der glühenden Kohle fernhalten. Die VBK hat dazu folgende Faustregel aufgestellt: Brennbare Gegenstände sollten einen Abstand von drei Metern zur Feuerstelle haben.

Für Kinder gilt: Toben ist in der Nähe des Grills verboten

Aber auch Kleidung kann Feuer fangen. Shirts und Hosen aus Synthetikfasern sind daher für den Grillmeister tabu. Empfehlenswert sind dagegen Handschuhe und eine Schürze aus Materialien, die schwer entflammbar sind. Und für Kinder gilt: Toben rund um den Grill ist verboten – sonst kann es leicht passieren, dass sie zu nah ans Feuer kommen oder den Grill umstoßen.

Zum Anzünden des Grills sollten laut VKB-Angaben nur geprüfte, feste Grillanzünder verwendet werden, die der DIN-Norm 66358 entsprechen. Spiritus, Benzin und andere Brandbeschleuniger haben am Grill nichts verloren: Werden sie ins Feuer gegossen, kann sich in Sekundenschnelle ein gefährliches Luft-Gas-Gemisch entwickeln, das zu einer hohen Stichflamme führt. Hier kommt es zu den mit Abstand meisten Grillunfällen. Zudem sollte man den Grill niemals unbeaufsichtigt lassen und zur Sicherheit einen Eimer Wasser bereithalten. Und bevor die Asche entsorgt wird, muss sie vollständig ausgekühlt sein.

Bei leichten Unfällen hilft die Privathaftpflichtversicherung

Wenn doch mal etwas passiert, kommen meist entweder die Privathaftpflicht- oder die Hausratversicherung für den Schaden auf. Bei schwereren Verletzungen kann zudem auch die Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherung zum Tragen kommen. „Falls beim Grillen jemand schuldhaft zu Schaden kommt und der Verursacher nicht mit seinem Privatvermögen haften will, ist eine Privathaftpflichtversicherung unverzichtbar“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV). Was viele nicht wissen: „Wenn alle am Grillfest Beteiligten sich darüber einig sind, das Grillfeuer mit Spiritus und Co zu beschleunigen, und es kommt dann zu einem Unfall mit Geschädigten, haften auch diejenigen, die nicht selbst den Spiritus in die Flammen gegossen haben“, so die Expertin.

Dabei reicht es nicht aus, einfach darauf hinzuweisen, den Brandbeschleuniger besser nicht einzusetzen, urteilte das Oberlandesgericht Hamm vor einigen Jahren: In diesem Fall müsse man selbst aktiv einschreiten, um die Gefahr abzuwenden. Tut man dies nicht, können alle Beteiligten haftbar gemacht werden, wenn es zu einem Grillunfall kommt, entschieden die Richter (Aktenzeichen: 9 U 129/08).

Geht der Sonnenschirm in Flammen auf, entschädigt die Hausratversicherung

Wenn keinem der beteiligten Grillfreunde ein Verschulden an einem Personen- oder Sachschaden nachgewiesen werden kann, zahlt auch keine Haftpflichtversicherung. Das kann dann für den Geschädigten sehr teuer werden. „Zur Absicherung von Hab und Gut und der eigenen Gesundheit ist es sinnvoll, mit eigenen Versicherungen vorzusorgen“, so Versicherungsexpertin Boss.

Wenn der eigene Pullover oder auch der Sonnenschirm in Flammen aufgehen, kommt meist die Hausratversicherung dafür auf. Sie übernimmt den entstandenen Schaden zum Neuwert – und „sie entschädigt selbst dann, wenn das Unglück außerhalb des eigenen Grundstücks geschieht, etwa bei Freunden oder am Picknick-Platz“, sagt Boss. Bleibt es nicht nur beim Verlust von Pullover oder Schirm, sondern verletzen die Flammen Personen, hilft hingegen eine Berufsunfähigkeits- sowie Unfallversicherung. Hier zahlt der Versicherer bei bleibenden Schäden beziehungsweise Eintritt von Berufsunfähigkeit eine zuvor vereinbarte monatliche Rente aus.

Was tun bei Brandverletzungen

Kühlen: Ziel ist es, die durch die Hitzeeinwirkung ausgelöste Entzündungsreaktion zu stoppen. Dazu sollte die verbrannte Haut unter fließendem Wasser gekühlt werden. Das Wasser sollte eine Temperatur von 10 bis 20 Grad haben. Tiefere Temperaturen durch Cool-Packs oder Eiswürfel führen dazu, dass sich die feinen Blutgefäße der Haut zusammenziehen und sich damit die Durchblutung verschlechtert und der Gewebeschaden zunimmt.

Keine Salben: Kühlende Salben mit Aloe vera dürfen allerhöchstens bei leichten Rötungen aufgetragen werden, nie auf offene Stellen. Auf frische Brandwunden sollten gar keine Salben oder Ähnliches aufgetragen werden. Das gilt auch für alle anderen angeblichen Hausmittel wie Zahnpasta, Butter, Öl, Mehl oder Honig – nichts davon hilft. Im schlimmsten Fall kann sich die Wunde infizieren.

Brandblasen öffnen: Brandblasen sollten vollständig geöffnet werden. Aufstechen reicht nicht, denn das Blasensekret läuft in den ersten Tagen immer neu nach. Auch eine teilentfernte Blase bedeutet immer ein erhöhtes Infektionsrisiko, deshalb sollten Brandblasen komplett abgetragen werden. Bei kleineren Blasen kann man das selbst versuchen, sicherer ist es beim Hausarzt. Offene Brandwunden und alle Brandwunden bei Kindern sollten in jedem Fall von einem Arzt behandelt werden.