Helmut Schulz ist der Experte schlechthin, wenn es um das richtige Fleisch für den Rost geht. Foto: Lichtgut/Jan Potente

Genug von Roastbeef, Schweinebauch und Grillfackel? Wer weiß, wie er sein Fleisch richtig schneidet, kann für mehr Abwechslung auf dem Rost sorgen.

Stuttgart - Er hat in der Ulrichshöhe in Nürtingen gekocht, war Patron des Waldhorns in Bebenhausen und Küchenchef in der Wielandshöhe: Helmut Schulz kennt sich aus bei den Gourmetadressen in der Region. Seit 2011 arbeitet der gebürtiger Rosenheimer, Jahrgang 1963, bei der Fleischergenossenschaft Mega in Wangen. Hier gibt Schulz auch Grill- und Zerlegeseminare – er ist der Experte schlechthin, wenn es um das richtige Fleisch für den Rost geht.

Schulz’ Reich ist die Küche, seine Mitarbeiter stellen Maultaschen und Fleischküchle her, aber auch Grilldips oder Buttermischungen für Metzgereien, Kantinen, Restaurants. In den Mega-Fleischwerken im Gewerbegebiet werden schon mal 2000 Kalbsbäckchen geschmort und 300 Liter Ochsenkraftbrühe gekocht.

„Convenience“ mag er nicht, das Wort sei negativ belastet, meint der Küchenmeister. Er spricht lieber von „Genussmanufaktur“. Die Arbeit dort sei ebenso handwerklich wie in der Sternegastronomie aber eben „anderscht“. Zu seinem Job gehört die Produktentwicklung, und er beobachtet den Grillboom seit Jahren. „Das ist eine Riesenszene, die weiter wächst“, sagt er. Und: „Die Kenner wissen genau, was sie wollen.“ Doch hier tut sich offenbar die Schere auf zwischen dem Grillfreak und seinem Metzger. Während der eine zum Beispiel ein möglichst marmoriertes Rindersteak haben möchte (im Fachjargon: mindestes Fettstufe drei, wenn nicht fünf), hat der andere lieber ein mageres, dafür schön rotes Fleisch in der Theke liegen, wegen der besseren Optik.

Mehr als Hackfleisch und Döner

„Roastbeef, Schweinebauch, Grillfackel“, fasst Schulz das traditionelle Grillsortiment vieler Metzger zusammen. So habe man früher viele Teile „ins Hackfleisch geschmissen“, die heute langsam wieder als Steaks aus der Versenkung auftauchen. Entscheidend dabei ist der sogenannte Cut, ein Begriff aus den USA. Oder einfach gesagt: „Man muss wissen, wie man das Fleisch schneidet“, so Schulz. Sein Credo: Nicht nur aus dem Rücken und der Keule kann man Steaks schneiden, sondern auch aus anderen Teilen des Tiers – wenn es die richtige Rasse ist.

Der Bauchlappen etwa sei früher ein Dönerprodukt gewesen. Wenn man es aber aus dem richtigen, unteren Teilstück herausschneide, bekomme man ein gut marmoriertes Steak. Unter Kennern sind diese sogenannten Flanksteaks ebenso angesagt wie etwa das Flat Iron aus dem Bugblatt, benannt nach seiner Bügeleisenform und lange Zeit ausschließlich für den Schmortopf bestimmt.

Aber wer will im Sommer schon Schmorbraten essen? Insofern sind die Cuts eine intelligente Lösung, die auch dem Metzger hilft. Dahinter steckt die „Nose to tail“- Philosophie, also der Ansatz, ein Tier von der Schnauze bis zum Schwanz zu verwenden und zu essen, wie sie beispielsweise auch Schulz’ früherer Chef Vincent Klink vertritt. „Für den waren ganze Tiere immer schon ein Thema.“

Ein weiterer Trend neben den Cuts ist bekanntlich die Reifung. Zwar werden, so schätzt Schulz, immer noch 90 bis 95 Prozent des Rindfleischs weltweit nass gereift. Aber das Kühlhaus, das die Mega erst vor vier Jahren gebaut habe, sei schon an der Kapazitätsgrenze. Will heißen, dass die trockene Reifung am Knochen, das sogenannte Dry-aged-Verfahren, weiter auf dem Vormarsch ist. Bei der Mega reift das Fleisch für drei bis sechs Wochen. „Bei acht Wochen wird’s schon breiig“, meint Schulz, schließlich handle es sich ja um einen Verwesungsprozess mithilfe von Milchsäurebakterien.

Zum Schluss hat er noch ein Schmankerl „für echte Freaks“. Nur auf Vorbestellung gibt es die Onglets, die Nierenzapfen. Sie sind rar, da es pro Tier nur einen gibt, und sie schmecken laut dem Experten extrem nach Rindfleisch. „Das muss man mögen.“