Sarah Mardini (rechts) mit einer Freundin auf LesbosSarah Mardini (rechts) mit einer Freundin auf Lesbos Foto: privat

Die syrische Flüchtlingshelferin, die 2015 als Schwimmerin 18 Menschen das Leben rettete, ist aus einem griechischen Hochsicherheitsgefängnis freigelassen worden.

Nikosia - Für viele ist sie eine Heldin, für die griechische Justiz eine Schwerverbrecherin und ausländische Spionin: die in Berlin lebende syrische Flüchtlingshelferin Sarah Mardini. Jetzt kommt sie überraschend nach 74 Tagen in griechischer Untersuchungshaft vorerst frei und wird am Donnerstag in Berlin erwartet, wie ihre Unterstützer unserer Zeitung sagten.

Mardinis Rechtsanwalt Charalambos Petsikos hatte am Mittwoch erklärt, dass die Justiz dem Antrag auf ein Ende der Untersuchungshaft gegen die 23-Jährige und vier weitere Mitglieder der Flüchtlingshilfsorganisation Emergency Response Centre International (ERCI ) stattgegeben habe. Zu ihnen zählt auch der 24-jährige Deutsch-Ire Sean Binder. Beide werden gegen eine Kaution von je 5000 Euro aus der Haft entlassen.

Im Gefängnis gut behandelt

„Alle sind superglücklich“, erzählt Sven Spannekrebs, Mardinis Berliner Schwimmtrainer. Er hatte am Dienstag Gelegenheit, mit Mardini im Athener Gefängnis zu telefonieren. „Sie war sehr aufgeregt wegen der Freilassung. Sie erfuhr die gute Nachricht erst, nachdem wir schon stundenlang versucht hatten, die Kaution zu organisieren.“ Das Geld sei schnell zusammengekommen. Spannekrebs, der Sarah Mardini auch einmal im Gefängnis besuchen konnte, sagte, sei sie dort stets gut behandelt worden.

Sarah Mardini und ihre jüngere Schwester Yusra hatten 2015 Weltruhm erlangt, als sie auf ihrer Flucht vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat mit einem Schlauchboot von der Türkei auf die griechische Ägäis-Insel Lesbos übersetzten und der Motor ausfiel. Die beiden Leistungsschwimmerinnen zogen daraufhin das Boot an einem Seil dreieinhalb Stunden lang bis zum Strand und retteten 18 Menschen das Leben. Später kamen sie nach Deutschland.

Engagement für Flüchtlinge

Sarah Mardini studiert in Berlin Sozialwissenschaften und engagierte sich lange ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe auf Lesbos. Im August wurden sie und ihre Freunde dort überraschend festgenommen, nachdem die griechische Polizei monatelang die Aktivitäten der Hilfsorganisation ECRI beobachtet hatte. Die Ermittler werfen den Flüchtlingshelfern Mitgliedschaft in einem illegalen Schleuser-Netzwerk vor.

Sie sollen systematisch per Funk die Überfahrt von Migranten aus der Türkei unterstützt haben. Die Beschuldigten wiesen die Vorwürfe zurück und erklärten, sie hätten eng mit der Küstenwache zusammengearbeitet. Zweifel an der Darstellung der griechischen Ermittler kamen sehr schnell auf, nachdem Mardinis Hochschule belegen konnte, dass sie zum Zeitpunkt angeblicher Schleusungen nicht auf Lesbos, sondern in Berlin war.

Drei Monate in U-Haft

Hochschuldirektor Florian Becker sagte dieser Zeitung: „Den Unterlagen zufolge, die Hunderte Seiten umfassen, sind die Anschuldigungen gegen Mardini und ERCI völlig haltlos. Die Helfer haben keine geheime Kommunikation abgehört, alles war öffentlich.“ Becker beklagt, dass die Aktivistin und ihre Freunde trotzdem fast drei Monate in Untersuchungshaft sitzen mussten.

Nun erwarten Sarah Mardinis Freunde ihre Rückkehr nach Berlin. Mardini werde auf keinen Fall ihr Engagement für die Flüchtlinge aufgeben, sagt Schwimmtrainer Sven Spannekrebs. „Ob sie eine eigene Hilfsorganisation gründet oder mit anderen zusammenarbeitet – auf jeden Fall wird sie weitermachen.“