Bei der Jahrestagung in Washington versucht Finanzminister Schäuble, den Internationalen Währungsfonds bei der Griechenland-Rettung ins Boot zu holen. Doch der IWF sträubt sich.
Washington - Die Griechenland-Rettung führt zu Ärger unter den Geldgebern. Obwohl der Deutsche Bundestag vor mehr als einem Jahr das dritte Hilfspaket im Umfang von 86 Milliarden Euro beschlossen und Teile davon ausbezahlt hat, ist eine wichtige Bedingung nicht erfüllt. Das deutsche Parlament hat seine Zustimmung davon abhängig gemacht, dass sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am dritten Hilfspaket beteiligt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat von Beginn der Eurokrise an großen Wert darauf gelegt, dass der IWF als Geldgeber mit ins Risiko geht und seine Expertise zur Verfügung stellt. Doch der IWF hat im dritten Programm bisher keine Kredite bewilligt. Das führt in der Bundesregierung zu Verärgerung. Auf der Jahrestagung des IWF und der Weltbank, die in Washington stattfindet, will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf eine rasche Beteiligung des IWF drängen. Schäuble und die Unionsfraktion im Bundestag bestehen darauf, dass die Vereinbarungen eingehalten werden.
Auf der Jahrestagung in Washington dürfte der Streit aber nicht entschieden werden. Die Beteiligten erklären dies damit, dass noch etwas Zeit bleibt. Nach der Vereinbarung der Eurogruppe vom Mai 2016 soll der IWF bis zum Jahresende Finanzhilfen für Athen beschließen. Doch der IWF besteht darauf, dass zuerst seine Bedingungen erfüllt sein müssen. Die geschäftsführende IWF-Direktorin Christine Lagarde macht seit Jahren deutlich, dass Griechenland nur Chancen hat, wenn es Schuldenerleichterungen gibt. Dazu ist die Eurogruppe auch bereit, doch sie will darüber erst im Jahr 2018 reden. Dann läuft das dritte Griechenland-Hilfsprogramm aus und es soll aus Sicht der Eurogruppe über mittel- und langfristige Schuldenerleichterungen verhandelt werden.
Große Koalition sträubt sich gegen Schuldenerleichterungen
Schäuble will auf jeden Fall vermeiden, dass vor der Bundestagswahl 2017 über einen Schuldennachlass für Griechenland diskutiert wird. Doch bisher bleibt der IWF hart. Dessen Chefin eilt im eigenen Haus der Ruf voraus, die Hilfen für die finanzschwachen Eurostaaten zu bereitwillig vergeben zu haben. Madame Lagarde sieht sich mit Bedenken der Fachebene gegen weitere Griechenland-Hilfen konfrontiert. Der IWF will erreichen, dass die Eurostaaten jetzt schon entscheiden, welche Schuldenerleichterungen sie für Hellas von 2018 vorsehen. Doch dazu ist Finanzminister Schäuble nicht bereit. In diesem Fall müsste Schäuble mit größeren Haushaltsbelastungen rechnen.
In der großen Koalition ist der Widerstand gegen Schuldenerleichterungen groß. Schäuble und Unionsabgeordnete wiesen seit Langem darauf hin, dass das krisengeplagte Land wegen gestundeter Zinsen und Tilgungen in den nächsten Jahren einen geringen Schuldendienst leisten muss. Von einer Überforderung Griechenlands könne keine Rede sein.
Griechenland hinkt bei Reformen hinterher
Die Bundesregierung besteht auf der Umsetzung der Vereinbarungen, die eine spätere Entscheidung über die Schuldenerleichterungen vorsehen. Ohne die Bereitschaft der Eurogruppe, Athen weiter entgegenzukommen, sträubt sich aber der IWF gegen neue Finanzmittel. Wenn der Streit nicht bald gelöst wird, droht eine neue Eskalation der Griechenlandkrise. Denn die Bundesregierung fühlt sich an die Zusage gegenüber dem Parlament gebunden, dass der IWF mit ins Boot kommt. Falls sich der Währungsfonds weiterhin verweigert, könnte dies dazu führen, dass Deutschland keinen weiteren Auszahlungen von Kredittranchen für Griechenland mehr zustimmt. Im Deutsche Bundestag ist die Einschätzung zu hören, dass beim Wegfall der Grundlagen keine neuen Gelder mehr ausbezahlt werden dürften. Damit würde die Griechenlandkrise erneut ausbrechen. An diesem Szenario hat weder die Eurogruppe noch der IWF Interesse.
Erschwerend hinzu kommt, dass Griechenland bei der Umsetzung der Reformen wieder einmal ins Hintertreffen geraten ist. Die Eurogruppe will auf ihrem Treffen in der kommenden Woche über das weitere Vorgehen beraten. Akute Finanznot droht vorerst aber nicht, da die Finanzierung Griechenlands für die nächsten Monate noch gesichert ist.