Bundestagspräsident Norbert Lammert Foto: dpa

Für die Abstimmung über das neue Hilfspaket für Griechenland müssen die Berliner Abgeordneten wohl ihren Urlaub unterbrechen. Darauf hat Bundestagspräsident Lammert sie schon eingestimmt. Wird es bei der Union noch mehr Abweichler geben?

Berlin - Die Bundestagsabgeordneten müssen sich wegen der Griechenland-Krise auf eine weitere Unterbrechung ihrer Sommerpause einstellen. Wenn sich die Euro-Finanzminister an diesem Freitag auf das neue milliardenschwere Hilfsprogramm für Athen einigten, werde er für Dienstag oder Mittwoch eine Sondersitzung des Parlaments einberufen, kündigte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Donnerstag in einer Mail an alle 631 Abgeordneten an. In den Reihen der Abweichler in der Unionsfraktion wurde mit einer steigenden Zahl von Nein-Sagern gerechnet, die sich gegen den Kurs von Kanzlerin Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder (beide CDU) stemmen.

Im Juli hatten 60 Abgeordnete der Unionsfraktion Merkel die Gefolgschaft verweigert, als über die Aufnahme der Verhandlungen der Geldgeber mit Athen entschieden wurde. Kauder hatte kürzlich für großen Unmut gesorgt, als er Abweichlern damit gedroht hatte, sie könnten ihre Posten in wichtigen Bundestagsausschüssen verlieren.

Kommt Sondersitzung wirklich zustande?

Lammert ließ wegen der Bedenken in der Bundesregierung gegen die auf Expertenebene mit Athen ausgehandelte Einigung über das Milliardenprogramm offen, ob es die Sondersitzung tatsächlich gibt. Am Vortag einer solchen Sitzung könnten die Fraktionen tagen.

Sollten sich die Euro-Finanzminister nicht auf ein Programm einigen, sondern zunächst den Weg einer weiteren Brückenfinanzierung wählen, würde laut Lammert der Haushaltsausschuss ins Spiel kommen. Bei solchen Zahlungen aus dem alten Hilfsfonds EFSM habe der Bundestag das Recht zur Stellungnahme. „In diesem Fall werde ich den Haushaltsausschuss bitten, zu beraten, ob und gegebenenfalls wie der Bundestag von diesem Recht Gebrauch machen soll“, schrieb Lammert.

CDU/CSU drohen noch mehr Abweichler

Der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch, der die Griechenland-Hilfen seit langem ablehnt, sagte „Focus Online“: „Es werden noch weitere Abweichler hinzukommen.“ Im Juli habe es etliche Abgeordnete gegeben, die schon öfter über ein Nein nachgedacht, aber zum ersten Mal mit Nein gestimmt hätten. „Ihnen hat Kauder mit seiner Aussage quasi den Rückweg abgeschnitten“, weil ein verändertes Abstimmungsverhalten nun als Einknicken wahrgenommen würde.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), verteidigte Kauder dagegen und rief die Kritiker auf, ihr Abstimmungsverhalten erst festzulegen, nachdem sie die jüngste Vereinbarung studiert hätten. Manche Abgeordnete „machen es sich aufgrund der komfortablen Koalitionsmehrheit mit ihrem abweichenden Stimmverhalten etwas einfach“, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“.

Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) bemühte sich, unterschiedliche Bewertungen in der schwarz-roten Regierung zur Qualität der Vereinbarung mit Athen herunterzuspielen: „Wir ziehen da sehr an einem Strang“, sagte er im Deutschlandfunk. Diskussionsbedarf gebe es noch bei der Ausgestaltung des geplanten Privatisierungsfonds und der künftigen Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF). Während Kanzleramt und Wirtschaftsministerium positive Ansätze im sogenannten Memorandum of Understanding hervorgehoben hatten, hatte das Finanzministerium auf einige Mängel hingewiesen.