Egon Madsen Foto: H. H. Bauer

Einmal Tänzer, immer Tänzer: Bei einer Gesprächsrunde im Theaterhaus verraten vier Tänzer, was sie als „Egon Madsen’s Greyhounds“ dem Publikum bieten werden. Premiere ist am 1. November.

Stuttgart - Ruhestand? Was für eine Frage. Egon Madsen gehörte zu den Stars, die Stuttgart in den 1960er Jahren ein Ballettwunder schenkten; seit Kindertagen ist die Bühne für ihn wie das tägliche Brot. Warum hört er nicht auf, nachdem er so viele Erfolge als Tänzer und ein paar weniger als Ballettdirektor hatte, nachdem ihm eine dritte Karriere als Ballettmeister, eine vierte mit der Seniorengruppe des Nederlands Dans Theaters, dem NDT 3, und eine fünfte als Coach von Gauthier Dance glückte?

Noch eine Frage, die sich am Dienstagabend im Theaterhaus erübrigte. Dort war Egon Madsen mit den Verbündeten auf der Bühne, mit denen er sich am 1. November als „Greyhounds“ präsentieren wird, und machte im Gespräch mit seinem Dramaturgen Phillip Koban Lust auf den Tanzabend. Neben Marianne Kruuse, Madsens Kollegin aus den Anfangsjahren, sind mit Julia Krämer und Thomas Lempertz zwei ehemalige Solisten des Stuttgarter Balletts dabei, die relativ jung, auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren die Tanzschuhe an den Nagel hängten. Für alle gilt: „Einmal Tänzer, immer Tänzer“, wie Thomas Lempertz betonte. Der 40-Jährige, der heute Ballette ausstattet und so die Verbindung zur Bühne hält, war spontan von der Idee eines Comebacks begeistert.

Bei den Damen, verrät Madsen charmant, habe er mehr Überzeugungsarbeit leisten müssen. „Es ist nicht selbstverständlich, dass man in einem gewissen Alter noch auf der Bühne steht“, sagt Marianne Kruuse, die mit John Neumeier nach Hamburg ging und dort bis 2013 die Ballettschule leitete. Auch Julia Krämer, froh, die Schmerzen und das Lampenfieber von einst hinter sich zu haben, war skeptisch: „Kann ich noch etwas bieten, was das Publikum sehen will?“

Ein Tänzer hat viel zu sagen

Sabrina Sadowska, die seit fünf Jahren mit einer Stiftung Tänzer beim Wechsel in einen neuen Beruf unterstützt, kennt die Phasen, die der Abschied von der Bühne mit sich bringt. Beim „Tanzprofile“-Gespräch war sie zu Gast, um über die Arbeit dieses Transitionszentrums zu informieren, und sagte. „Wenn man das Tanzen loslässt, dann kommt es zurück. Denn mit dem Abstand wird einem viel klarer, was man hat. Dann kommt zum Tanzen der Mensch dazu.“ Genau das ist es, was Egon Madsen mit „Greyhounds“ will. „Ein Tänzer hat viel zu sagen. Ich versuche, das Innere nach außen zu holen: Gefühle, Gedanken, die Freude am Tanzen“, sagt der Däne. Zusammen mit den Choreografenkollegen Marco Goecke, Mauro Bigonzetti, Eric Gauthier und Amos Ben-Tal will er spüren lassen, was für Persönlichkeiten da auf der Bühne versammelt sind.

Kleine Tanzkostproben geben erste Einblicke in Madsens Beitrag, der alle vier zusammenbringt, mit Trenchcoat und Hut ausgestattet. Tänzer sind immer unterwegs. Auch in „Separate Journeys“, einer der ersten Choreografien John Neumeiers. Der einst für Madsen und Kruuse entstandene Pas de deux, an den ein alter Super-8-Film erinnert, ist nun altersgerecht verändert – und passt mit seiner wehmütigen Melancholie nicht nur im Titel bestens zum Thema von „Greyhounds“.

Bald eine eigene Theaterhaus-Senioren-Tankompanie?

„Die Reise in die Welt des Tanzes hört nie auf“, sagt Madsen. Der Däne, der 2012 mit seinem 70. Geburtstag auch sein 60-Jahr-Bühnenjubiläum feierte, muss es wissen. Als Tänzer und Leiter des NDT 3 hat er für wunderbare, aus einem reichen Tänzerleben geschöpfte Bühnenmomente gesorgt. Dass die Seniorentruppe 2006 weggespart wurde, bedauert er bis heute – und schafft nun Abhilfe. In Stuttgart hat er auch in Werner und Gudrun Schretzmeier „Greyhound“-Verbündete gefunden. Läuft der Abend so flott, wie Titel und Vorverkauf ankündigen, hat vielleicht das Theaterhaus bald eine eigene Senioren-Tanzkompanie.

An diesem Freitag, 22 Uhr, ist Egon Madsen Gast im SWR „Nachtcafé“, Thema: „Die jungen Alten – Alles noch möglich?“ Für die Aufführungen von „Greyhounds“ vom 1. bis zum 5. November gibt es noch Restkarten. Weitere Aufführungen am 30. und 31. Dezember sowie am 2. und 3. Januar. Karten unter www.theaterhaus.de