Wieder und wieder verärgert US-Botschafter Ricahrd Grenell mit seinem Auftreten die deutsche Politik. Foto: dpa

Immer wieder äußert sich der US-Botschafter in Berlin zu bundespolitischen Entscheidungen und eckt mit seinen Kommentaren an. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) fordert die Ausweisung des Diplomaten.

Berlin - Richard Grenell ist der US-Botschafter in Deutschland. Ein Diplomat ist er deshalb noch lange nicht. Immer wieder ist der Mann, der in Auftreten und Ansichten am US-Präsidenten Donald Trump Maß nimmt, mit seinen sehr direkten Einlassungen angeeckt. Nun finden manche, dass es endgültig reicht.

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, immerhin der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, hat sogar die Ausweisung Grenells gefordert. Wer sich als US-Diplomat „wie ein Hochkommissar einer Besatzungsmacht aufführt“, müsse lernen, „dass unsere Toleranz auch Grenzen kennt“. Es sei „nicht mehr zu tolerieren“, dass sich Grenell in politische Fragen der Bundesrepublik eingemischt habe. Deutschland dürfe sich das „aus Gründen der Selbstachtung“ nicht gefallen lassen.

Diesmal gerät Olaf Scholz in sein Visier

Kubickis Empörung entzündet sich an Grenells kritischen Worten zum Haushaltsentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Grenell sagte: „Dass die Bundesregierung es auch nur in Erwägung zieht, ihre ohnehin schon inakzeptablen Beiträge zur militärischen Einsatzbereitschaft auch noch zu reduzieren, ist ein beunruhigendes Signal Deutschlands an seine 28 Nato-Verbündete.“ Nach den Plänen von Scholz soll 2020 der Anteil des Wehretats am Bruttoinlandsprodukt leicht von 1,35 auf 1,37 Prozent steigen, bis 2023 wieder auf 1,25 Prozent zurückgehen. Deutschland hat sich in der Nato langfristig auf ein Zwei-Prozent-Ziel verpflichtet.

Die Liste der Frontalattacken ist lang

Die Liste von Grenells frontalen Attacken ist lang: Schon kurz nach seinem Amtsantritt hatte er verkündet, er wolle dazu beitragen, Europas Konservative zu stärken. Er verlangte später von der deutschen Wirtschaft, Geschäfte mit dem Iran zu unterlassen, drohte schriftlich den Firmen, die sich am Bau der Nord-Stream-IIPipeline beteiligen wollten, und schrieb erst vor wenigen Tagen an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Dabei drohte er mit Einschränkungen bei der Kooperation der Geheimdienste, wenn chinesische Firmen am Ausbau des neuen 5G-Mobilfunks beteiligt würden. Kein Zweifel, der Mann nervt viele.

Für die Kanzlerin ist das heikel. Denn in ihrer Kritik muss sie Rücksicht darauf nehmen, die Beziehungen zu den USA nicht noch mehr zu belasten. Noch immer drohen der deutschen Automobilindustrie in den USA Strafzölle. Merkel beschränkte sich am Dienstag deshalb darauf, darauf zu verweisen, dass der Etat zuletzt stetig gestiegen sei.

Andere wurden deutlicher. Der SPD-Wirtschaftspolitiker Carsten Schneider nannte Grenell einen „Totalausfall“. SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich meinte, es sei an der Zeit, dass sich der US-Senat mit dem Fall Grenell beschäftige. Der CDU-Fraktionsvize Johann Wadephul nannte die Forderung der Ausweisung „absurd“. „Dann müsste man zuerst Botschafter von Staaten ausweisen, die deutsche Institutionen im Cyberraum tagtäglich attackieren.“ Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt zeigte Verständnis für Grenell. „Wer sich im vollen Bewusstsein immer weiter von selbst eingegangenen Verpflichtungen“ entferne, der müsse „berechtigte Kritik aushalten“, sagte er im Blick auf die Planungen von Scholz.