Auf dem Radweg bei Wäschenbeuren werden Menschen von einem Greifvogel attackiert. Ein Vogelexperte spricht von selten auftretendem Verhalten, eine Falknerin nimmt die Tiere in Schutz.
Auf einem Radweg zwischen Wäschenbeuren und Birenbach sind offenbar Passanten von einem Greifvogel attackiert worden. Bei dem Tier handelt es sich nach Vermutung des örtlichen Forstrevierleiters um einen Bussard, berichtet die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamts in einer Pressemitteilung. „Zurzeit brüten vielerorts im Kreisgebiet Bussardpaare ihre Eier aus. Die Verteidigung ihrer Horstplätze und ihres umliegenden Reviers gehört zum natürlichen Verhalten dieser Vögel, die ihre Brut vor Fressfeinden schützen wollen“, teilt das Umweltschutzamt mit. Demnach würden insbesondere Jogger und Radler aufgrund ihrer schnellen Bewegung als Bedrohung wahrgenommen.
Vogelexperte: Solche Attacken sind sehr selten
Wolfgang Rapp, Vogelexperte und langjähriger Vorsitzender des Göppinger Nabu, sagt: „Ich habe schon lange von keinen Fällen mehr gehört.“ Solche Attacken seien sehr selten und auch über den Hintergrund gebe es unterschiedliche Theorien: Es könne sich um die Verteidigung des Reviers handeln oder auch ganz individuelle Gründe haben: „Vielleicht hat der Mann eine Glatze gehabt und das hat den Vogel animiert, anzugreifen.“ Es habe auch in der Vergangenheit hin und wieder derlei Attacken gegeben, berichtet der Leiter des Kreisumweltschutzamts, Jupp Jünger. „2022 wurde ein Fall festgestellt, im Bereich des Schlater Waldes – aber es kommt sehr selten vor“, betont er. 2014 war bei Ottenbach ein Jogger angegriffen worden, zuvor war auch ein Bussard bei Bad Boll mehrfach auffällig geworden.
Jünger sagt auch, dass so ein Verhalten eigentlich nur bei dieser Vogelart vorkommt: „Es sind im Regelfall Bussarde, die Passanten angreifen, von anderen Vögeln sind uns keine Fälle bekannt.“
Der stellvertretende Vorsitzende des Nabu Göppingen, Florian Pointke, ist sich da nicht so sicher, er sagt: „Bekannt ist das Verhalten hin und wieder mal von Rabenkrähen, aber eher im späten Frühjahr oder Sommer, wenn sie ihre Brutplätze verteidigen.“ Bei Bussarden findet er derlei Attacken ungewöhnlich, „ich hätte eher gedacht, die sind da zurückhaltend“. Denn sie seien im Bereich ihres Nests sehr vorsichtig. „Sie ziehen sich normalerweise zurück oder lenken vom Nest ab“, erläutert der Leiter der Stabsstelle Marketing und Kommunikation der Stuttgarter Wilhelma. Sollte es doch mal zu einer Attacke kommen, rät Pointke, den Kopf beispielsweise mit der Jacke zu schützen und sich einfach zu entfernen.
Falknerin: Es handelt sich meist nur um Scheinangriffe
Auch die Falknerin Sandra Hildebrandt vom Greifvogelzentrum Falconis Filstal in Albershausen berichtet, solche Attacken seien äußerst selten: „Dann ist meistens ein Horst in der Nähe, aber normalerweise greifen Greifvögel keine Menschen an.“ Wenn, dann seien es meistens ohnehin nur Scheinangriffe, um den vermeintlichen Eindringling zu vertreiben. Dabei könne es dann schon mal vorkommen, dass die Person von den Krallen des Tieres berührt werde, doch das sei kein Drama, findet Hildebrandt. „Da sind die Menschen teilweise auch sehr empfindlich geworden, weil sie den Kontakt zur Natur verloren haben und die natürlichen Verhaltensweisen von Wildtieren falsch einschätzen“, sagt die Falknerin und betont: „Da muss ich meine Vögel verteidigen.“
Eine der häufigsten Greifvogelarten
Verbreitung
Bei hier brütenden Bussarden handelt es sich in der Regel um Mäusebussarde. Zu sehen sind sie häufig auf Zaunpfählen an Straßenrändern, berichtet der Naturschutzbund (Nabu). Der Bussard zählt zu den häufigsten Greifvogelarten Deutschlands und ist flächendeckend vertreten. Außer in stark urbanen Bereichen und dichten, geschlossenen Wäldern ist er fast überall anzutreffen. Er erscheint in verschiedenen Farbvarianten von weißlich bis dunkelbraun. Er brütet gerne an Waldrändern.
Statistik
Laut Nabu gibt es in Deutschland zwischen 68 000 und 115 000 Brutpaare. Mäusebussarde sind hierzulande überwiegend Standvögel, also das ganze Jahr über zu beobachten.
Maße
Ausgewachsene Tiere sind zwischen 51 und 57 Zentimeter groß und haben eine Flügelspannweite von bis zu 1,28 Meter.