Alle Jahre wieder ziert eine Eiskrippe den Landhaushof in Graz. Und jedes Jahr sieht sie anders aus. Foto: Graz Tourismus

cJosef und Maria tiefgefroren, neun Christkindlmärkte und ein Büro für Weihnachtslieder in Gratz.

Gütig lächelt der eiskalte Engel in die Kamera. Lässt sich von giggelnden Passanten anfassen und schmilzt dabei keineswegs dahin. Sein Leben als Fotomodell ist kurz. Nur in der Adventszeit steht er in der Herrengasse in Graz und weist den Weg zu den prächtigen Renaissancearkaden des Landhaushofs. Denn dort glänzt alle Jahre wieder, jetzt schon in der 15. Saison, eine Krippe aus Eis mit überlebensgroßen Figuren. Am Tag kristallklar, in der Nacht etwas kitschig in Rosa und Lila angestrahlt und stets gut besucht. Ein vergängliches Kunststück. Die Adventszeit hat die Krippe bislang immer überstanden, selbst wenn im Dezember schon einmal 20 Grad Celsius gemessen wurden. Ist alles schon vorgekommen in den vergangenen Jahren. "Nein, mir ist noch keine Krippe weggeschmolzen," grantelt der Eiskünstler Gert Hödl auf Nachfrage. "Und ich habe Ersatzfiguren im Kühlschrank stehen."

Dass Hödl nicht für die Ewigkeit arbeitet, stört ihn wenig: "Mein Werk ist einmalig, das zählt." Der gebürtige Wiener ist den Rest des Jahres Gastronom, er war lange als Schiffskoch unterwegs und hat irgendwann in Japan abgeheuert. Dort hat er das Eisschnitzen gelernt. Seine Kunst besteht laut eigener Aussage sowieso weniger aus dem Schaffen der Figuren als in der Herstellung des Materials: In sechs Stunden ist der Josef aus seinem Eisblock herausgearbeitet. Sechs Wochen dauert es dagegen, bis das Wasser in den Blöcken zu makellosem Eis gefroren ist.

Die Eiskrippe im Landhaushof mag die größte Attraktion des Advents in Graz sein. Die neun Weihnachtsmärkte, die sich wie ein Flickenteppich durch die Altstadt von Graz ziehen, sind weniger spektakulär. Aber dafür kann man auf dem Mehl- oder Färberplatz, im Franziskanerviertel oder am Karmeliterplatz auch an einem Samstagnachmittag bummeln, ohne geschoben zu werden. Eine Million Besucher werden jährlich auf den Christkindlmärkten gezählt, berichtet Citymanager Heimo Meieritsch. Und er weiß weiter, dass jeder davon im Schnitt 22 Euro ausgibt. Aber irgendwie scheinen sich die zahlenden Besucher gut zu verteilen. Nirgends Gedränge, in aller Ruhe lässt sich hier ein Glühwein aus heimischem Schlicherwein oder ein heißer Apfelmost mit Ingwer trinken, dort eine Käsekrainer mit Kren verzehren – fürsorglich in Stücke geschnitten, damit auch kein Fettspritzer den Wintermantel verunstaltet. An den Ständen gibt es Getöpfertes zu kaufen, das mal mehr, mal weniger traditionell daherkommt. Gefilzte Designerröcke, originell gearbeitete Kapuzenjacken für die hippen Marktbesucher oder bunte Strickhandschuhe aus Nepal gehören zum Angebot, handgerührte Salben oder Sinnsprüche auf Büttenpapier.

Die Stände sind meist ziemlich schlicht gehalten, schlichtes Holz oder weiße Planen statt Goldengelchen und Rentierschlitten. Das wäre in Graz vielleicht einfach auch zu viel, ist doch die gesamte Innenstadt schon eine Weihnachtsmarktkulisse. Seit 1991 ist die Altstadt, eine der größten im deutschsprachigen Raum, Unesco-Welterbe. Eine Barockkirche an der andern, Renaissancepaläste mit freskengeschmückten Fassaden und stolze Bürgerhäuser bestimmen das Bild. Die Fluchten der schmalen Gassen sind geschmückt mit Lichterketten – und zwar jede anders: Mal hängen die beleuchteten Weihnachtsbäume kopfüber nach unten, mal glänzen Lichterkugeln, mal glitzern Eiskristalle, die ganze Altstadt leuchtet wie ein herausgeputztes Weihnachtszimmer. Wem das zu viel wird, der muss nur mal kurz über die Mur: Inmitten des Flusses ankert eine futuristisch anmutende Glasinsel mit Restaurant, und das Kunsthaus setzt als verspiegelte Blase mit absurden Hörnern einen Kontrapunkt in das südsteirische Puppenstubenidyll.

Wer zur fünften Jahreszeit nach Graz kommt – so sagen die Touristiker hier nicht zur Fasnacht, sondern zum Advent –, der sollte auch das Büro für Weihnachtslieder aufsuchen. Nun gut, die Broschüre mit Weihnachtsliedern, die man gratis mitnehmen darf, lohnt noch keinen Graz-Besuch. Aber wer auf der Suche nach einem Lied ist, das die Großmutter noch gesungen hat, und nur noch Rudimente davon kennt, der ist hier richtig. "Mindestens einmal im Monat haben wir eine Anfrage aus Deutschland, und jemand fragt nach einem Lied, in dem ein Vöglein im Wald vorkommt", berichtet die Musikwissenschaftlerin Eva Maria Hois, die das Weihnachtsliederbüro leitet. Mittlerweile weiß sie: Die Leute suchen nach dem Lied "Aus dem Tannenwald ein Vöglein", das in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts sehr populär gewesen sein muss.

70000 Lieder sind im Steirischen Volksliedwerk mit Noten und Text gesammelt. Das Büro für Weihnachtslieder ist nur ein Etikett, das dem Verein Volksliedwerk in der Vorweihnachtszeit angeklebt wird. Im Schnitt beantwortet Eva Maria Hois vier Anfragen am Tag, in der Adventszeit sind es 50. Chorleiter und Musiklehrer nutzen das Archiv des Volksliedwerks und eben auch Laien, die besonders zur Weihnachtszeit auf der Suche nach einem ganz bestimmten Lied sind. "Wir wollen, dass die Menschen singen, ganz einfach", so umschreibt Hois ihre Aufgabe. Sie tun es. Am Färberplatz intonieren sechs junge Männer mehrstimmig und launig einen Gospelsong. Und eine Mutter beschwört ihr Kind, das verzückt zuhört: "Natürlich können wir zu Hause auch mal Weihnachtslieder singen."

Advent in Graz

Anreise
Von Stuttgart oder München mit Austrian Airlines, ab Frankfurt fliegt Lufthansa. Die Anreise mit der Bahn dauert ab München knapp sechs Stunden.

Advent in Graz
Die neun Weihnachtsmärkte sind in der Altstadt verteilt und liegen nahe beieinander. Die Verkaufsstände mit Kunsthandwerk haben täglich ab 10 bzw. 11 Uhr bis 19 Uhr geöffnet, Glühwein und Co. werden bis 22Uhr ausgeschenkt. Die Eiskrippe steht im Landhaushof, Herrengasse 16. Kinder können am Markt am Karmeliterplatz kostenlos eislaufen, Leihschlittschuhe gibt es vor Ort. Jeden Freitag und Samstag um 16 Uhr beginnen stimmungsvolle Führungen über die Weihnachtsmärkte, bei denen auch Einheimische noch Neues erfahren, Anmeldung über die Touristinfo. Das Büro für Weihnachtslieder ist in der Sporgasse 23, www.steirisches-volksliedwerk.at.

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall eine Krainer (Wurst aus dem Sud) mit frisch geriebenem Kren (Meerrettich) am Christkindlmarkt im Franziskanerviertel probieren. Und von der Dachterrasse des Kaufhauses Kastner und Oehler den Blick über die Dächerlandschaft genießen. Auf keinen Fall sollten Sie Graz ohne eine Flasche Kürbiskernöl im Gepäck verlassen.

Auskunft
Graz Tourismus, Telefon 0043/316/80750, www.graztourismus.at.