Der Kunstrasenplatz des tus Stuttgart bei der Einweihung 2017 Foto: Jacqueline Fritsch

Die EU will von 2022 an Granulat auf Kunstrasenplätzen verbieten. In Stuttgart betrifft dies 53 Plätze. Die Fußballer brauchen die Plätze dringend für ihre 33 000 Fußballer. Wie geht es nun weiter?

Stuttgart - Das Timing ist bemerkenswert. Just als nach fast 20 Jahren alle Tennenplätze in Stuttgart von der roten Asche befreit und in Kunstrasenplätze umgewandelt sind, grätscht die EU dazwischen. Sie will von 2022 Granulat verbieten. Die Landesregierung hat bereits reagiert und will keine Zuschüsse mehr für Kunstrasenplätze mit Granulat erteilen. Granulat, das sind jene kleinen Kunststoffkügelchen, die zwischen die Plastikhalme geschüttet werden und vom Regen ausgeschwemmt als Mikroplastik in der Umwelt landen. In Stuttgart betrifft dies 53 Plätze, die von 89 Vereinen und 33 000 Fußballern genutzt werden.

Was tun? Verzichten auf die Plätze? „Das ist nicht möglich“, sagt Dominik Hermet, Vorsitzender des Sportkreises, der Interessenvertreter und Sprachrohr der Stuttgarter Sportvereine ist. Die Kunstrasenplätze sind weit strapazierfähiger als jene mit Naturrasen. Man kann dort öfter und länger trainieren. Sprich, auf Naturrasen würden die Vereine gar nicht alle Mannschaften unterbringen können, müssten Trainingszeiten streichen. Hermet: „Das ist natürlich keine Alternative.“ Er hat sich einmal die Plätze genauer angeschaut. 56 Kunstrasenplätze sind es. Drei davon sind für Hockey gedacht. Sie kommen ohne Granulat aus. Heißt, 53 der 56 Plätze sind mit Granulat verfüllt. Dies ist nötig, um auf den Plätzen spielen zu können. Denn das Granulat wirkt wie Erde bei Naturrasen. Es dämpft und schützt, verhindert Verletzungen. Dafür braucht es eine ganze Menge, auf einem Platz liegen rund 35 Tonnen.

Die Sportler tragen an den Schuhen und in den Trikots manches hinaus, ein erklecklicher Teil wird aber vom Regen davon gespült und landet über das Grundwasser in der Natur; letztlich über das Trinkwasser, Gemüse, Fleisch und Fisch wieder in unseren Körpern. Forscher des Fraunhofer-Instituts schätzen, dass Kunstrasenplätze in Deutschland rund 10 000 Tonnen Mikroplastik je Jahr an die Umwelt abgeben.

Alternative dringend gesucht

Da immerhin kann Hermet für Stuttgart Entwarnung geben. Alle Stuttgarter Plätze sind von Umlaufrinnen gesäumt, in denen sich das Granulat sammelt. Damit ist das Problem nicht beseitigt, das weiß Hermet. „Natürlich haben wir als Sport die Pflicht uns einzubringen und die Umwelt zu schützen.“ Die Lösung könne letztlich nur sein, dass die Hersteller eine Alternative zu Granulat entwickeln. Kork nutzt man, das kann allerdings aufschwemmen bei Nässe. Sand macht den Platz stumpfer.

Für Sanierung steht das Geld bereit

Insgesamt hat die Stadt Stuttgart knapp 40 Millionen Euro für die Umwandlung der Plätze gezahlt. Ungefähr 700 000 kostet ein Platz. Die Lebensdauer beträgt etwa 20 Jahre. Man saniert also mittlerweile jene Plätze, die als erste umgewandelt worden sind. 2019 sind die Plätze der SpVgg Möhringen, SV Stuttgart-Gablenberg, TV Zazenhausen an der Reihe. Dafür stehen je Jahr 875 000 Euro bereit. Hermet: „Das hilft uns jetzt enorm.“ Die Mittel seien eingestellt im Haushalt. Wenn ein Platz saniert werden müsse, werde man dies natürlich unter dem Gesichtspunkt tun: „Welches Füllmaterial kann man problemlos ausbringen?“ Und damit das Granulat ersetzen.