Mitarbeiter des Zulieferers Grammer fürchten um ihre Arbeitsplätze, sollte Hastor sich durchsetzen. Foto: dpa

Während sie in Deutschland als kaltblütige und harte Investoren gefürchtet werden, gelten die Hastors in ihrer bosnischen Heimat als sozial engagierte Modellunternehmer.

Belgrad - Hast du Hastor im Haus, gehen bald die Lichter aus“, warnen die Schüttelreime auf den Protestplakaten der aufgebrachten Grammer-Beschäftigten vor dem Werk im oberpfälzischen Amberg. Das Bild vom raffgierigen Störenfried, der die Branche ohne Rücksicht auf Verluste aufmischt, steht im Kontrast zu dem guten Ruf, den die medienscheue Familie in ihrer bosnischen Heimat genießt. Im Vielvölkerstaat Bosnien-Herzegowina ist der von ihr kontrollierte Prevent-Konzern der mit Abstand größte private Arbeitgeber.

Bewusst investiert die Hastor-Familie auch im noch vom Krieg gezeichneten Ostbosnien wie beispielsweise in Srebrenica – der Stadt des Massakers an mehr als 8000 muslimischen Männern und Jungen, um die andere Firmen meist einen Bogen schlagen. Die Hastor-Stiftung fördert die Ausbildung begabter Studenten. Prevent ist einer der wichtigsten Sponsoren des Sarajevo-Filmfestivals. Als „Vorbild für andere“ würdigt das bosnische „Faktor“-Portal den mittlerweile 66-jährigen Firmengründer Nijaz Hastor. Mit dem Prototyp der steinreichen Balkan-Tycoons hat Bosniens erfolgreichste Unternehmerfamilie in der Tat nur wenig gemein. High-Society-Partys und Medien pflegen die Hastors genauso zu meiden wie allzu enge Bande zur Politik.

Ihren Wohlstand haben sich Nijaz Hastor und seine in Wolfsburg aufgewachsenen Söhne Damir und Kenan nicht als Kriegsprofiteure oder durch zweifelhafte Privatisierungen verschafft. Den steilen Aufstieg seines Imperiums hat der sich mittlerweile aus der Geschäftsführung zurückgezogene Firmengründer Nijaz Hastor nie an die große Glocke gehängt.

Karriere des VW-Schrecks war eng mit Wolfsburg verbunden

Paradoxerweise war die Karriere des späteren VW-Schrecks sehr eng mit Wolfsburg verbunden. Am 1. Januar 1951 im ostbosnischen Weiler Hladila geboren, wuchs Hastor als eines von sechs Kindern in bescheidenen Verhältnissen auf. In Sarajevo studierte er Ökonomie, bevor ihn 1974 bereits seine erste Anstellung beim Automobilwerk Tas direkt in Kontakt mit VW brachte: Bei dem 1972 vom jugoslawischen Rüstungskonzern Unis und VW gegründeten Joint-Venture liefen in Sarajevo bis zum Ausbruch des Bosnienkriegs 1992 mehr als 300 000 Käfer, Golf und VW-Jetta für den jugoslawischen Markt vom Band. Als Verbindungsmann von Tas wurde der fließend Deutsch sprechende Hastor 1989 zu VW nach Wolfsburg entsandt, wo er auch für die Betreuung der Kontakte zu den Zulieferern in Jugoslawien zuständig war.

Als deutschen Ableger des slowenischen Zulieferers Prevent gründete Hastor 1992 in Wolfsburg die Prevent DEV GmbH, die zum Hauptsitz eines Netzwerks von Zulieferbetrieben werden sollte. Nach Bosnien kehrte Hastor nach Ende des Bosnienkriegs 1995 zurück. Seine Asa-Auto-Gruppe erhielt damals die Importlizenz für VW, Audi, Skoda, Seat und Porsche. 1999 gründete er die bosnische Holding Prevent Grupa. Allein in Bosnien zählt Prevent nun 6500 Mitarbeiter mit einem geschätzten Jahresumsatz von gut 400 Millionen Euro. Weltweit soll die rasch wachsende und in 15 Staaten operierende Holding mittlerweile 15 000 Mitarbeiter mit einem geschätzten Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Euro beschäftigen: Von Jachten über Möbel bis hin zu Stahl- und Kabelwerken reicht deren Produktpalette.

Zwei Jahrzehnte kooperierte Prevent nicht nur sehr eng, sondern auch sehr gut mit VW. Doch 2015 begannen sich die Geschäftsbeziehungen der nun von den Hastor-Söhnen Kenan und Damir geführten Holding zu VW merklich zu verschlechtern. 2015 verlor Asa seinen Status als VW-Importeur, da VW den Vertrieb in der Region selbst übernahm. Der im Streit um Auftragsstornierungen verhängte Lieferstopp der zu Prevent gehörenden Zulieferer Car Trim und ES Automobil bescherte VW einen Schaden von 100 Millionen Euro. Aus dem Kräftemessen zwischen dem Autobauer und dem aufmüpfigen Zulieferer ging damals Prevent als Sieger hervor. „Manchmal besiegt David den Goliath auch im echten Leben“, zollte hernach das serbische Wochenblatt „Vreme“ den Hastor- Brüdern Respekt.