Die zwei Grafikhelden Arne Claußen (links) und Sebastian Reichardt mit ihrer Bibel und ihren Alter Egos Foto: factum/Granville

Zwei Grafiker aus Herrenberg haben der Bibel einen neuen Look verpasst – und dem Katholischen Bibelwerk damit einen Bestseller beschert.

Herrenberg - Die Bilderrahmen hängen zwar schon, aber sie sind noch leer. Ambitioniert wie Arne Claußen und Sebastian Reichardt sind, nagelten sie davon gleich fünf Stück an die Wand. „Hall of Fame“ haben sie darüber geschrieben, Ruhmeshalle also. Zwei Urkunden könnten dort bereits vom Erfolg der „Grafikhelden“ zeugen, wie ihr Designstudio in Herrenberg heißt. Die beiden Grafiker haben dem ältesten Buch der Welt einen neuen Look verpasst – und dem Katholischen Bibelwerk damit einen Bestseller beschert. Dafür wurden sie nicht nur mit dem Red Dot Award ausgezeichnet, sondern sind im Februar auch zur Preisverleihung des German Design Awards eingeladen. „Um die Bilderrahmen zu füllen, fehlte einfach die Zeit“, entschuldigt sich Arne Claußen.

Wie eine Tafel mit Kreideaufschrift sieht der Buchdeckel der preisgekrönten Bibel aus. Chalk Lettering wird das weiße Schriftbild auf dem schwarzen Untergrund im Fachjargon genannt. Im Inneren des Buchs wird es dann bunt. Gemeinsam mit dem Verlag entwarfen die Grafiker ein Konzept für knallbunte Doppelseiten, die zusätzlich zum klassischen Text Themen wie Liebe und Beziehung, Arbeit und Freizeit, Angst und Hoffnung aufgreifen. Sie sind mit verschiedenen Typografien und comicartigen Illustrationen versehen. „Man muss den Kunden finden, der etwas Außergewöhnliches machen will“, sagt Sebastian Reichardt. Genau diesen Wunsch hatte das Katholische Bibelwerk: Das Ziel war ein neues Design für die altbewährte Schrift, das Jugendliche anspricht.

Alte Schrift in neuer Verpackung

Für das Cover hatten die Grafikhelden freie Hand. Als der Entwurf vorlag, habe es viel Gesprächsbedarf gegeben, berichten sie. Schließlich steht Schwarz eher für Trauer als für eine Trendfarbe, die für Aufmerksamkeit bei der Zielgruppe sorgt. Doch seit ihrem Erscheinen im April 2017 hat das Katholische Bibelwerk rund 10 000 Exemplare der Ausgabe verkauft. „Das ist supergut für eine Jugendbibel“, berichtet Julia Lössel. In dieser modernen Optik habe es bisher nichts auf dem Markt gegeben, erklärt die Vertriebs- und Marketingleiterin. „Wir haben mit einer positiven Resonanz gerechnet. Dass sie so positiv ausfällt, war eine Überraschung“, sagt sie. Von der alten Schrift in neuer Verpackung wurde bereits eine zweite Auflage gedruckt.

Vor allem Handwerker oder Unternehmen wie Bosch zählen zu den Kunden von Arne Claußen und Sebastian Reichardt. Sie haben sich vor drei Jahren selbstständig gemacht. Die Gestaltung von Logos, Geschäftsausstattungen und Webseiten bieten sie an. Im 3-D-Design sind sie Experten, bei der fotorealistischen Darstellung von Produkten, die es noch gar nicht gibt. Der 39-jährige Arne Claußen unterrichtet außerdem an der Stuttgarter Hochschule der Medien digitale Darstellungstechniken. „Ich wollte schon immer in die Werbung gehen“, sagt der Informationsdesigner. Zur Bibel haben er und sein Kompagnon aber auch einen Zugang. „Wir stehen dem Glauben nahe und können uns damit identifizieren“, sagt Arne Claußen. In ihrem Wohn- und Arbeitsort Herrenberg- Oberjesingen organisieren sie für die evangelische Kirche den Kidspoint. Bei den Workshops in Bereichen wie Sport, Musik oder Kreativität wird am Anfang immer ein Thema aus der Bibel vorgestellt.

Preise für die Grafikhelden

Auch wenn die Urkunden noch nicht gerahmt sind: „Die Preise sind eine tolle Wertschätzung“, sagt der 36 Jahre alte Sebastian Reichardt, „und unter Grafikern sehr begehrt.“ Das Design treffe „perfekt die Tonality der Zielgruppe, ohne die Inhalte zu simplifizieren“, heißt es in dem Urteil des German Design Awards über ihre Arbeit an der Bibel. Die Jury scheint viel von den Grafikhelden zu halten: Für ihre Webseite haben sie auch schon eine Auszeichnung bekommen. Über Begriffe wie Heldentaten und Heldenwerke sind sie auf ihren Firmennamen gekommen. „Das ist schon ein Statement“, sagt Sebastian Reichardt über die Wortschöpfung. „Wir stehen dafür ein“, ergänzt sein Geschäftspartner Arne Claußen.