Die neu auserkorene Graffitifläche am Alten Zollamt ist schon ganz schön bunt. Foto: Achim Zweygarth

Es soll eine zweite Fläche geben, auf der legal gesprüht werden darf. Bislang ist das nur in der Hall of Fame unter der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt erlaubt. Nun soll auch die Rückseite der Hallen hinter dem Alten Zollamt für die Sprayer freigegeben werden.

Bad Cannstatt - Gute Nachrichten für die Stuttgarter Graffitiszene: es soll eine zweite Fläche geben, auf der legal gesprüht werden darf. Bislang ist das nur in der Hall of Fame unter der König-Karls-Brücke in Bad Cannstatt erlaubt. Nun soll auch die Rückseite der Hallen hinter dem Alten Zollamt im Neckarpark für die Sprayer freigegeben werden. Das bestätigt Axel Wolf, der Abteilungsleiter Immobilienmanagement beim Liegenschaftsamt.

„Dort stört es niemanden“, sagt er. Die Hallen würden ohnehin im Zuge der Neubebauung des Neckarparks abgerissen. Bis es soweit ist, könne man die Flächen guten Gewissens den Graffitisprühern zur Verfügung stellen. Wolf schätzt, dass es mit dem Abriss der Gebäude nicht vor 2016 losgehen werde. Mit dem Stadtjugendring und der Jugendhausgesellschaft soll eine Vereinbarung über die Zwischennutzung geschlossen werden. Die letzten Abstimmungen laufen allerdings noch, wie Florian Schupp, der Graffitibeauftragte der Jugendhausgesellschaft, erklärt. Das Thema Abfallbeseitigung müsse noch geklärt werden, bevor es grünes Licht gebe.

Stadtjugendring hat gebeten die Anzeige fallenzulassen

Den Stein ins Rollen gebracht hatte der Stadtjugendring nach Ermittlungen der Polizei. Nachdem Sprayer Anfang des Jahres mehr als 30 Gebäude in Bad Cannstatt, darunter auch das frisch sanierte Alte Rathaus, mit so genannten Tags, kurzen Schriftzügen, besprüht hatten, waren die Beamten verstärkt im Bezirk unterwegs. Schließlich hätten sie auf dem Gelände hinter dem Zollamt Jugendliche beim Sprayen erwischt, erzählt Rainer Mayerhoffer, der Geschäftsführer des Stadtjugendrings.

Die Sprayer wurden angezeigt, woraufhin sich der Stadtjugendring mit dem Liegenschaftsamt in Verbindung gesetzt habe. „Wir haben darum gebeten, das Ganze nicht zu dramatisieren“, sagt Mayerhoffer. Schließlich würden die Hallen ohnehin abgerissen und er selbst sei davon ausgegangen, dass die Sprayer an dieser Stelle geduldet seien. Immerhin sind die Hallenwänden bereits heute fast vollständig mit Graffiti besprüht. Der Stadtjugendring habe die Stadt gebeten die Anzeige fallenzulassen. Schließlich könne es nicht darum gehen, die Jugendlichen zu kriminalisieren, findet Mayerhoffer. Bei der Stadt sah man das ähnlich und entschied sogar, die Fläche für die Graffitiszene freizugeben.

„Die Fläche liegt perfekt“

Für Florian Schupp ist das die richtige Entscheidung: „Es gibt definitiv nicht genügend freie Flächen in Stuttgart. Eine Hall reicht bei weitem nicht aus, der Schritt hier in Bad Cannstatt ist richtig und wichtig“, sagt er. Als Leiter des Projektes „Farbe“ setzt sich Schupp seit Jahren für mehr legale Flächen ein. Obwohl die Hallen hinter dem Zollamt weniger Platz zum Sprühen bieten als die Hall of Fame unter der Brücke, sind sie laut Schupp gut geeignet: „Die Fläche liegt perfekt“, sagt er. Etwas abseits, sodass die Graffitikünstler niemanden stören. Außerdem stünden den Sprayern dort große Flächen am Stück zur Verfügung, die bemalt werden könnten.

Auch wenn die illegalen Farbschmierereien in Bad Cannstatt den Anstoß gegeben haben und die Jugendlichen sonst vielleicht gar nicht erwischt worden wären, betont Schupp, dass hierfür nicht zwangsläufig Personen aus der Graffitiszene verantwortlich sein müssten. Dieser würden leider immer wieder allerlei Schmierereien im Stadtgebiet zugerechnet, was nicht immer richtig sei. Grundsätzlich könne man sagen, dass es in Stuttgart eine äußerst kreative und begabte Graffitiszene gebe, verglichen mit anderen Städten auch eine sehr entspannte“, sagt Schupp. Mit der Einrichtung einer zweiten legalen Fläche sei die Stadt deshalb auf dem richtigen Weg. „Jede Dose, die dort versprüht wird, wird nicht illegal versprüht“, sagt Schupp.

Mehr zur Graffiti-Szene in Stuttgart gibt es hier.