Wenn es um Graffiti geht, macht Jugendhaus-Mitarbeiter Oliver Pruskowski keiner so schnell etwas vor. Doch mittlerweile setzt er andere Prioritäten.
Vaihingen - Ugly, zu deutsch hässlich, steht auf Oliver Pruskowskis T-Shirt. „Das ist selbst bedruckt.“ Eine tiefere Bedeutung hat das Wort für ihn nicht. Es zeugt eher von der Kreativität des Jugendhaus-Mitarbeiters. „Ich sammle fleißig Prototypen“, sagt der 32-Jährige.
Piercing in der Nase, Tattoos auf der Haut: Der Werkstattleiter im Jugendhaus Vaihingen ist eine „coole Socke“, zumal er auch ein Graffiti-Ass ist. Pruskowski lässt sich aber nicht so einfach in eine Schublade pressen. Er ist verheiratet und begeisterter Vater zweier Söhne, die anderthalb und vier Jahre alt sind. Früher konnte er ohne Sprühdose nicht leben, heute setzt er andere Prioritäten und spielt Fußball mit seinen Jungs oder übt mit ihnen Laufrad fahren.
100 Sprühdosen zu Hause
„Ich habe meinen Teil für die Graffiti-Szene geleistet“, sagt Pruskowski, der sich scherzhaft „Oldtimer“ nennt. Aber ganz ohne Sprühen geht es doch nicht: „Das gehört noch zu meinem Leben.“ Drei Unterführungen kennt der Künstler, wo er legal ans Werk gehen darf. Doch ohne Müllsack geht der Familienvater nicht aus dem Haus. Leere Dosen einfach liegen zu lassen, käme für ihn nicht in Frage. An Nachschub herrscht kein Mangel: „Ich habe zu Hause noch 100 Sprühdosen, die reichen bis zu meinem Ruhestand“, sagt Pruskowski.
Längst ist er als Sprayer anerkannt, er hat bei Ausstellungen in ganz Europa mit seinen Kunstwerken teilgenommen. Pruskowski hat sich einen Namen gemacht – und er weiß, welche Auswirkungen illegales Sprayen haben kann. „Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätte ich heute mehr Geld auf dem Konto.“ Doch der Werkstattleiter, der in Köln geboren und in Leinfelden aufgewachsen ist, hat sich an seinem eigenen Schopf aus der Misere herausgezogen. „Ich habe die Kurve gekriegt“, sagt Pruskowski.
Für die Kinder will Pruskowski etwas reißen
Zupass kam ihm da sein Können mit der Spraydose. Er hat mit dem Sprayen Geld verdient. Die Geschäftsidee war erfolgreich. Er verpasste Schlafzimmerdecken einen Sternenhimmel oder sprühte Logos auf Fassaden. „Das Geld hat gestimmt, der Spaß aber nicht.“ Pruskowski hat seinem Leben eine Wende gegeben. Er absolvierte eine Ausbildung zum Heimerzieher. Was sich nach einem Bruch in seinem Leben anhört, ist eigentlich keiner. Pruskowski ist quasi auf dem Abenteuerspielplatz (Aki) Musberg groß geworden. Später hat er auf ehrenamtlicher Basis Freizeiten betreut. Die offene Kinder- und Jugendarbeit ist ihm vertraut. Als Heimerzieher arbeitete er in einem Hort – bis er auf eine Annonce des Kinder- und Jugendhauses Vaihingen stieß. „Eigentlich habe ich gar keine Stelle gesucht.“ Doch seine Frau ließ nicht locker, Pruskowski bewarb sich und erhielt den Zuschlag: „Das hat mich total gefreut.“
Damit schloss sich gewissermaßen ein Kreis, und der Graffiti-Künstler hat seine Entscheidung auch drei Jahre nach der geglückten Bewerbung nicht bereut: „Es gibt viel Raum, den ich mit Ideen fühlen kann.“ Er stellt hohe Ansprüche an sich selbst: „Ich will für die Kinder etwas reißen.“ Sein Bauch sage ihm, dass er nach wie vor am richtigen Ort ist. Wenn er deutlich macht, dass das illegale Besprühen eines Spielplatzes nicht geht, dann hat sein Wort Gewicht. Pruskowski weiß, wovon er spricht.
Der Jugendhaus-Mitarbeiter ist unbeirrt seinen Weg gegangen. Er hat seinen Traumjob gefunden. Aus dem Graffiti-Ass ist ein „cooler“ Familienvater geworden, der seinen Söhne ohne Weiteres nachsieht, wenn mal Farbe auf dem Boden landet.