Feuervergoldeter Sporn mit Steigbügel Foto: Landesamt für Denkmalpflege/Mühleis

Mitte 2018 wurden Archäologen auf Kernen aufmerksam: Bei Bauarbeiten in Stetten wurden alte Balken, Mauerstücke und Scherben gefunden. Ergebnisse der Auswertung sollen in eine Publikation fließen.

Es waren spezielle historische Stücke aus der Ortsgeschichte, die da im Jahr 2018 bei Baggerarbeiten auf dem Ochsen-Areal in Stetten in der Klosterstraße zutage kamen. Bei Bauarbeiten in solchen historischen Ortskernen sondiere das Landesamt für Denkmalpflege die Lage stets generell, denn es bestehe dabei immer der Verdacht, dass im Boden archäologische Kulturdenkmale vorhanden sind, sagte Dorothee Brenner vom Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart.

 

Erschlossen wurde ein hölzerner Baukörper mit Pfählen

Entdeckt wurde eine ehemalige Wasserburg: Ihre Reste konnten noch in einer Notgrabung geborgen werden und wurden nun ausgewertet. Erschlossen wurde ein hölzerner und mit Pfählen im sumpfigen Untergrund gesicherter quadratischer Baukörper mit etwa acht Metern Seitenlänge aus noch vorhandenen Resten, der wohl den mehrstöckigen steinernen Massivbau der Burg darstellt. Umschlossen war dieser von einer Umfassungsmauer, die aber nur zum Teil in der Baugrube lag. Auch der etwa zwölf Meter breite Graben konnte nur in Teilen erfasst werden. Über diesen führte eine hölzerne Brücke, von der mehrere Bauphasen dokumentiert werden konnten. Der Bau der Burg konnte durch Datierung von Hölzern in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts verortet werden. Die meisten Funde der Grabung stammten aus dem verfüllten Graben und seinen Schwemmschichten. Da es sich nur um eine Notbergung – nicht um eine gezielte Ausgrabung – handelte, kommt der Analyse solchen Fundguts eine entscheidende Rolle zu, heißt es von den Experten des Denkmalamts. Um die Notgrabung von 2018 auszuwerten, wurden deshalb Vereinbarungen mit der Gemeinde Kernen und der Uni Tübingen getroffen, sodass die von der Gemeinde zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel in die wissenschaftliche Aufarbeitung der keramischen Funde, der Glasfunde und der Metallfunde fließen können.

Die Gemeinde Kernen hat eine Analyse der Quellen beauftragt

„Dafür sind zwei Bearbeiter zuständig. Dazu kommen Mitarbeiter des Landesamts für Denkmalpflege, die die Metallfunde, die in Zusammenhang mit Reiter- und Pferdeausstattung stehen, beziehungsweise die Funde der Wasserburg auswerten“, erläutert Andrea Panitz vom Regierungspräsidium Stuttgart die Erklärungen, die sie vom zuständigen Fachbereich erhielt. Auch habe die Gemeinde eine Analyse der Quellen beauftragt, die die Burg in historischen Zusammenhang setzen soll. Alle Bearbeitungen sollen nach Abschluss in eine Übersicht einfließen und durch eine Publikation zugänglich werden, heißt es weiter in der entsprechenden Info des Regierungspräsidiums.

Und der Fund weckt Begeisterung: So wurden große Mengen an Keramik und Metall geborgen, die teilweise eine „hervorragende Qualität“ besitzen würden, darunter ein vergoldeter Sporn und Steigbügel, ein vergoldetes kleines Futteral aus Silber mit Aufschrift, möglicherweise zum Verwahren von Nadeln, eine Hellebarde oder Fragmente einer extrem seltenen gläsernen Pilgerflasche mit Corpus-Christi-Darstellung.

Als gesichert gilt, dass die steinerne Wasserburg in Form eines Hauses oder eines Wohnturms bis ins 16. Jahrhundert und somit eine Zeit lang parallel zum Stettener Schloss existierte. Eine Burg oder eine Wasserburg als Vorläufer des Schlosses war schon lange vermutet worden. Parallel zu den Arbeiten 2018 wurden damals fast vier Wochen lang viele Fundstücke freigelegt.