Sebastian Vettel hat mit einem taktischen Geniestreich Boden im Titelkampf gut gemacht.

Monza - Erst einen "dicken Hals", dann doch noch sein schelmisches Grinsen: Sebastian Vettel hat mit einem taktischen Geniestreich und einem Boxenstopp in der letzten Runde im Formel-1-Titelkampf Boden gut gemacht.

Trotz kurzer Motorprobleme rettete der Heppenheimer Red-Bull-Pilot beim Großen Preis von Italien ganz cool mit seinem späten Reifenwechsel-Coup Rang vier. Beim triumphalen Ferrari-Heimsieg in Monza durch den Spanier Fernando Alonso ließ der zuletzt von Pech und Pleiten geplagte Deutsche damit vorerst die Zweifler verstummen.

Mark Webber übernimmt WM-Führung

"Ich denke, es ist gut aufgegangen", stellte der 23-Jährige zufrieden fest: "Unterm Strich war der vierte Platz das Maximum. Wir können stolz auf uns sein." Die WM-Führung übernahm zudem Vettels Kollege Mark Webber. "Am Ende dieses schwersten Rennens des Jahres so dazustehen, konnten wir kaum hoffen", meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Seinem australischen Piloten reichte in Monza Rang sechs, um Lewis Hamilton mit fünf Punkten Vorsprung von der Spitze zu verdrängen. Der McLaren-Pilot war in Runde eins ausgeschieden.

Während Alonso vor Titelverteidiger Jenson Button und Teamkollege Felipe Massa fünf Tage nach dem Quasi-Freispruch in der Teamorder- Affäre das Tifosi-Glück mit dem ersten Ferrari-Sieg im Königlichen Park seit 2006 perfekt machte, verringerte Vettel (163) seinen Rückstand auf die WM-Spitze. Er hat nur 24 Punkte weniger als Webber (187). Alonso ist nach dem 14. von 19 Läufen Dritter (166) vor Button (165) und Vettel. "Ein fantastisches Gefühl", sagte der zweimalige Weltmeister Alonso nach seinem dritten Saisonsieg. "Das Ergebnis ist eine Topmotivation für uns alle."

Nico Rosberg fährt auf den fünften Platz

Vettel betonte: "24 Punkte, 25 oder 30 - ist eigentlich wurscht. Das Punktesystem scheucht die Leute dieses Jahr mehr auf als notwendig. In der Ruhe liegt die Kraft, wir müssen so weiter machen wie bisher."

Erfreulich aus deutscher Sicht auch der fünfte Rang in Monza von Mercedes-Pilot Nico Rosberg: "Zwischendrin hab ich sogar gedacht, ich komm' aufs Podium." Teamkollege Michael Schumacher wurde dagegen nur Neunter und musste auch noch Nico Hülkenberg als Siebter im Williams den Vortritt lassen. Adrian Sutil belegte im Force India Platz 16, Timo Glock wurde im Virgin 17.

Schon beim Start zeichnete sich ein spannendes Rennen ab. Alonso, der die erste Pole für Ferrari seit Oktober 2008 in Brasilien durch Massa eingefahren hatte, versuchte die Türe für Button zuzumachen. Vergeblich. Der Weltmeister des vergangenen Jahres preschte mit seinem McLaren am Ferrari vorbei. Dann die erste Schikane: Alonsos und Massas Autos berührten sich, ohne Folgen.

Doch in der zweiten Schikane kollidierten Massa und Hamilton leicht. An dessen McLaren brach die Radaufhängung. Mit dem Helm noch auf dem Kopf stapfte der Champion von 2008 ins blickdichte Motorhome. "Es war mein Fehler, ich muss das auf mich nehmen. Ich entschuldige mich beim Team", betonte Hamilton: "Schlimmer ging es nicht."

Sein Teamkollege verteidigte dagegen die Führung gegen einen drängelnden Alonso. Neben dem Briten zählten auch Rosberg und Hülkenberg zu den Startgewinnern: Der Wiesbadener (Startplatz 7) kommt zu Rennbeginn bis auf Rang vier vor, Hülkenberg rast direkt dahinter (Startplatz 8). Schumacher findet sich nach den ersten Runden auf Rang 9 wieder. Und Vettel? Nur Siebter, aber vor Webber.

"Ich hatte einen ziemlich dicken Hals"

Bis zu den ersten Boxenstopps ereignete sich nicht viel. An der Spitze durfte sich Button allerdings keinen Fehler leisten, Alonso und Massa saßen dem Briten praktisch im Nacken. Dann musste auf einmal Vettel Webber in der 21. Runde passieren lassen, der Heppenheimer funkte anschließend mit aufgebrachter Stimme: "Es gibt Probleme mit dem Motor." "Das war für uns sehr beunruhigend, keiner wusste, was los war", meinte Teamchef Horner. "Zwei runden war der Speed weg. Wir wissen nicht genau was war. Ich hatte einen ziemlich dicken Hals", sagte Vettel.

Der Motor erholte sich wieder. Vettel verkürzte den Rückstand auf Webber, ehe der Australier nach 36 Runden in die Box kam und Vettel so vor ihm lag. In die Karten spielte dem Vizeweltmeister dann, dass Webber von Hülkenberg aufgehalten wurde. "Er hatte irgendwie eine andere Strecke", echauffierte sich der Australier über den deutschen Piloten, der in der Schikane einige Mal einen kürzeren Weg nahm.

Die Entscheidung um den Sieg fiel, als Alonso aus der Box zurück auf die Strecke kam. Um 0,8 Sekunden waren die Ferrari-Mechaniker schneller als die Button-Truppe von McLaren. Und der Brite musste sich hinter Alonso einreihen, der am Ende in 1:16:24,572 Stunden für die 306,720 Kilometer seinen dritten Saisonsieg einfuhr.

Vettel blieb bis zum letzten Umlauf auf der Strecke. Erst in der 52. Runde von insgesamt 53 kam er in die Box zum obligatorischen Reifenwechsel. Als Vierter reihte sich Vettel auch wieder ein. Das Zauberstück zahlte sich aus: "Wir haben gerade so alles gerettet."