An Ostern erzählen manche Pfarrer und Priester Witze in der Kirche – sie pflegen die Tradition des so genannten Osterlachens Foto: dpa

Mit dem Osterlachen in der Kirche soll die Freude über die Auferstehung Jesu zum Ausdruck gebracht werden. Pfarrer Stefan Spitznagel pflegt diesen alten Brauch in Marbach am Neckar.

Stuttgart - „Kommt ein Mesner in den Himmel . . .“ Wer im Ostergottesdienst von Stefan Spitznagel sitzt, könnte einen solchen Satz durchaus zu hören bekommen. Der katholische Pfarrer pflegt seit fast 30 Jahren das so genannte Osterlachen, indem er im Gottesdienst Witze erzählt.

„Das Osterlachen ist ein Brauch, der seit dem 16. Jahrhundert belegt ist und bis ins 19. Jahrhundert hinein gepflegt wurde“, erklärt Reinhold Rieger, Kirchenhistoriker an der Universität Tübingen. Vor allem in Süddeutschland hätten die Pfarrer die Gläubigen mit „Ostermärlein“ – kleinen Geschichten, Anekdoten oder gespielten Szenen zum Lachen gebracht.

„Das Lachen sollte einerseits die Osterfreude unterstreichen, andererseits aber auch die Menschen bei der Stange halten und dem Pfarrer Aufmerksamkeit sichern“, sagt Rieger. Im Laufe der Zeit sei der Brauch stellenweise jedoch in Klamauk ausgeartet, und die Witze und Geschichten wurden immer obszöner. Sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche regten sich kritische Stimmen, die mehr Ernsthaftigkeit im Gottesdienst forderten. Einige Bischöfe verboten das Osterlachen, auf Lateinisch „risus paschalis“ genannt. Dieser Begriff geht auf den Reformator Johannes Oekolampad zurück, der sich in einem Brief gegen den Brauch positioniert hatte.

„Doch es gab auch Reformatoren, die das Osterlachen verteidigten“, erzählt Kirchenhistoriker Rieger. Denn dem Lachen könne durchaus eine Symbolik zugeschrieben werden: So wie die Auferstehung Jesu über den Tod triumphierte, siegt das Lachen über die Traurigkeit. „Der Tod wird an Ostern überwunden“, sagt Rieger. Das Osterlachen sollte die Freude darüber zum Ausdruck bringen. Trotzdem verschwand der Brauch schließlich im 19. Jahrhundert nahezu vollständig aus den Ostergottesdiensten.

Vor dem Segen: ein Witz

Heutzutage lebt er in einigen Gemeinden wieder auf, zum Beispiel in Marbach am Neckar: Dort ist Stefan Spitznagel seit kurzem Gemeindepfarrer und die Marbacher Katholiken werden in diesem Jahr vermutlich zum ersten Mal einen Witz im Gottesdienst hören. „Das gehört nicht in die Predigt, aber vor dem Segen erzähle ich einen Witz. Meistens erkläre ich vorher, warum ich das tue, denn nicht alle kennen das Osterlachen“, sagt Spitznagel.

Welche Scherze eignen sich für den Gottesdienst? „Es muss ein Witz mit Niveau sein, der etwas mit Kirche zu tun hat und über den alle lachen können“, beschreibt der Pfarrer. Und natürlich müsse es jedes Jahr ein anderer sein, den Spitznagel irgendwo aufgeschnappt hat. Dass die Gemeinde stumm geblieben ist, hat er noch nie erlebt: „Die Leute haben immer gelacht oder geklatscht.“ Manche hätten ihm nach dem Gottesdienst selbst einen Witz erzählt.

In anderen Teilen des Landes, wie etwa in der Landeshauptstadt, wird im Ostergottesdienst eher weniger gelacht: „In Stuttgart ist uns von der Ausübung des Brauchtums nichts bekannt“, heißt es beim Katholischen Stadtdekanat.

Für Frank Otfried July ist das Osterlachen ein schöner alter Brauch: „Es zeigt etwas von der Hoffnung, auf die wir zugehen.“ Persönlich möchte der evangelische Landesbischof das Lachen aber nicht erzwingen, sondern lieber ein österliches Leben führen. „Das erkennt man auch daran, dass ich immer gerne lache – nicht nur an Ostern“, sagt er.

Klopft ein Mesner an die Himmelstür...

In der evangelischen Landeskirche liege es in der Verantwortung der einzelnen Kollegen, ob sie den Brauch praktizierten oder nicht, sagt Frank Zeeb, theologischer Referent und Referatsleiter des evangelischen Oberkirchenrats. „Die alte Tradition des Osterlachens lehnt sich an den Bibelvers ‚Der Tod ist ein Spott geworden‘ an“, erklärt er. Zeeb ist der Meinung, dass nicht nur an Ostern in der Kirche geschmunzelt werden dürfe: „Die Grundhaltung des Christenmenschen sollte doch eine heitere Gelassenheit sein, denn die Botschaft des Evangeliums ist eine frohe Botschaft – und das darf ruhig mal deutlich werden.“

Das findet auch Reinhold Rieger. Er sieht zudem praktische Vorteile für den Redner, der seine Worte mit Humor versieht: „Lachen spricht den Menschen an und bringt ihn eher dazu, zuzuhören.“ Vielleicht liege das „einzelne Aufgreifen eines vergangenen Brauches“ auch darin begründet, dass sich die Kirchen zunehmend überlegten, wie sie die Menschen ansprechen, meint Rieger. „Obwohl das Lachen im Christentum natürlich nicht so prominent ist – Jesus wurde gekreuzigt, viele frühe Christen wurden umgebracht. Daher ist das Motiv des Todes sehr stark“, erklärt der Kirchenhistoriker. Vor diesem Hintergrund sei lachen weniger naheliegend als beispielsweise in der Götterwelt der griechischen Antike.

Der Witz über den Mesner geht übrigens so weiter: „Der Mesner klopft an die Himmelstür. Petrus öffnet. „Was willst du?“, fragt er. Der Mesner sagt: „Ich will hier rein.“ „Warum?“„Ich habe mein ganzes Leben lang der Kirche und dem Herrn gedient“, antwortet der Mesner. „Was hast du gemacht?“ „Ich war Mesner.“ Da sagt Petrus: „Mesner brauchen wir hier keine. Wir haben nämlich noch keinen Pfarrer.“