In knapp zwei Wochen rollt aus La Hague wieder ein Atommüll-Transport nach Gorleben an.

Gorleben - Knapp zwei Wochen vor der nächsten Atommüllfuhre aus dem französischen La Hague ins Wendland laufen die letzten Vorbereitungen. "Vorsicht Polizeiabsperrung. Verletzungsgefahr!" steht auf den gelben Schildern. Der reguläre Stahlzaun um die Verladestation Dannenberg ist bereits mit messerscharfem Nato-Draht zusätzlich gesichert; die ersten Polizeigitter sind aufgebaut, der Anhänger mit den hoch ausfahrbaren Scheinwerfern zum Ausleuchten der Toreinfahrt ist in Stellung gegangen. Hier auf dem 250 Meter langen Gelände sollen am ersten November-Wochenende die elf Castor-Behälter mit abgebrannten Brennelementen aus der Wiederaufbereitungsanlage von La Hague binnen 15 Stunden vom Zug auf elf Tiefroller umgeladen werden - für die letzten 20 Kilometer Lkw-Transport über die Straße ins Zwischenlager Gorleben.

50 Ingenieure, Techniker und Handwerker arbeiten dort, dazu kommen noch mal 50 Beschäftigte eines Wachdienstes. Für die bevorstehende Castor-Ankunft verstärken Mitarbeiter des Zwischenlagers Ahaus die Truppe. "Wir sind aufnahmebereit", betont Lutz Oehlschläger, Werkleiter des Brennelemente-Zwischenlagers. 91 Atommüllbehälter beherbergt die blassgelbe Halle in Gorleben bereits, 80 hinten in engen Zehnerreihen aufgestellte, sieben Meter hohe Zylinder, davor in etwas lockerer Formation elf Castoren aus der letzten Fuhre 2008. Die Transportgestelle für die Lastwagen mit der bei den Atomkraftgegnern verhassten Reklameaufschrift www.kernenergie.de auf der Hülle warten in der Mitte des 180 Meter langen, 40 Meter breiten und 22 Meter hohen Leichtbaus auf ihren Einsatz.

Verantwortliche: Kein Grund zur Sorge

Ganze 30 Zentimeter sind die Betonwände des Gebäudes dick, sogar nur 20 Zentimeter das Dach. Gegen etwaige Austritte von Radioaktivität, gegen Flugzeugabstürze, gegen Terrorangriffe ein nicht gerade umfassender Schutz. "Die Halle dient nur dazu, den Lastkran aufzunehmen und den Kontrollbereich sichtbar abzugrenzen", erklärt Oehlschläger seelenruhig. "Die Sicherheitsfunktion erfüllen die Behälter." Und die bieten nach Aussage der atomindustrieeigenen Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), die das Zwischenlager betreibt und die Transporte organisiert, keinen Grund zur Sorge. Schon im französischen La Hague, wo die Castoren derzeit 30 Kilometer über die Straße nach Valognes rollen und dann auf den Güterzug verladen werden, seien die Behälter mehrmals gemessen worden: auf Kontamination (hierbei wurde eine Null angegeben), auf Außentemperatur (60 bis 75 Grad), auf Gamma- und Neutronenstrahlen ("alles deutlich unterhalb der Grenzwerte").

Für die Anti-Atom-Initiativen im Wendland ist das alles leeres Gerede. Mit jedem Transport ins Zwischenlager werde der wenige Hundert Meter entfernte Salzstock als Endlager für hoch radioaktiven Müll festgeschrieben - Erkundung hin oder her. So mobilisieren die Castor-Gegner seit Wochen ihre Anhängerschaft für den Tag X, aus Sicht der Staatsanwaltschaft auch mit illegalen Methoden. Die Aktion Castor schottern, bei der die Gleise der Bahnstrecke unterhöhlt werden sollen, sei ein verbotener Aufruf zu Straftaten. Gegen 1100 Unterstützer läuft mittlerweile ein Ermittlungsverfahren.

Die vorletzte Fuhre aus La Hague

Bis zu 30.000 Demonstranten erwartet die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg im November - weit mehr als in den vergangenen Jahren. Wegen der Atompolitik der schwarz-gelben Koalition rechnet auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) mit erheblichem Zulauf der Protestszene einschließlich eines großen Blocks von Gewalttätern: "Wir werden jede Straftat konsequent verhindern." Beim letzten Transport vor zwei Jahren waren rund 16000 Polizisten im Einsatz.

Es ist die vorletzte Fuhre aus La Hague. Im nächsten Jahr sollen noch einmal elf Castoren folgen, dann ist Deutschlands Abnahmeverpflichtung gegenüber Frankreich erfüllt. Danach stehen weitere vier Transporte mit je sechs Behältern aus der Wiederaufarbeitungsanlage im englischen Sellafield an. Dafür ist der Zeitraum von 2014 bis 2017 angepeilt; der Schiffstransport soll aber nicht in Deutschland anlanden.