Das ist der Lohn von drei Stunden Steine wuchten, Sand schaufeln und waschen. Foto: Fuchs

Das Goldfieber hat Franz-Josef Andorf schon als Kind erwischt. Seitdem infiziert er immer mehr Menschen.

Efringen-Kirchen - Die Fans einer gepflegten Freikörperkultur hatten sich ihren Badetag an den Isteiner Schwellen anders vorgestellt. Dass Franz-Josef Andorf und die 30 Teilnehmer seines Goldwaschkurses ans Altrheinufer kommen, löst unter den Badenden keine Begeisterung aus. Mit der Ruhe ist es jetzt vorbei, das wissen sie. Ab jetzt wird am Fluss gegraben, gegraben, gegraben. Goldsucher im Goldfieber kennen keine Gnade.

Andorf wäre lieber an andere Plätze gegangen. Doch dort ist der Wasserpegel an diesem Tag zu hoch. Nur an den Isteiner Quellen lässt sich mit Anfängern vernünftig Goldwaschen. Der 61-Jährige weiß wie kaum ein anderer, wo im Markgräfler Land Gold zu holen ist, unter den deutschen Goldwäschern gilt er als Koryphäe.

Die Hochwasser im Mai und Juni haben Goldsucher jubeln lassen. Bei Hochwasser wird Gold aufgewirbelt. Während der Sand weggeschwemmt wird, bleibt das schwerere Gold überall dort liegen, wo der Fluss langsamer fließt. Das Edelmetall ist 20-mal schwerer als Wasser, erklärt Andorf. Wer Gold finden will, muss den ebenfalls schwereren schwarzen Sand suchen: Er enthält die begehrten glänzenden Goldflitter.

Die Goldseife ist purer Dreck

„Jeder geht mit Gold heim“, verspricht er. „Wir bleiben hier solange, bis jeder etwas gefunden hat.“ An Andorf, der Journalist mit eigener Agentur ist, soll es nicht liegen. Goldwaschen ist Geduldsache. Und Goldwaschen ist Arbeit. Kopfgroße Kieselsteine werden zur Seite gewuchtet und schwerer Flussboden in ein großes Sieb geschaufelt. Die groben Steine fallen raus, der Rest kommt in die Waschpfanne.

Die so genannte Goldseife ist purer Dreck. Der muss jetzt sortiert werden. Den Job übernimmt das Wasser. Andorf kniet nieder, lässt Wasser in die Pfanne mit den tiefen Rillen an den Seiten laufen. Wieder und wieder lässt er die Plastikwanne langsam kreisen und spült so den leichten Sand, das leichtere Gestein aus der Pfanne. Übrig bleiben schließlich schwarzer Sand und, mit etwas Glück, ein paar Goldflitter.

Simon Hopfenblatt kennt das schon. Der Neunjährige aus Simonswald in der Nähe von Freiburg hat schon im Vorjahr einen Kurs bei Andorf besucht. Er hat einige Freunde zum Goldwaschen eingeladen, es ist sein Kindergeburtstag. Die Jungs haben sich gleich die Schaufeln geschnappt und angefangen zu graben. Gemeinsam rütteln sie den grünen Plastikkorb, der als Sieb dient. Simon fängt an zu waschen. Er hat Glück und eine gute Stelle zum Graben gefunden. Gleich in der ersten Pfanne blitzt Gold. „Da ist ganz viel“, ruft er. Mit einem Pinsel tupft er die Flitter aus dem Gefäß, füllt ein kleines Plastikröhrchen mit Wasser und tupft seine Goldflitter dort hinein.

Im 19. Jahrhundert erlebten Goldwäscher goldene Zeiten

Auch Franz-Josef Andorf hat das Goldfieber schon als Kind erfasst. Seit mehr als 50 Jahren sucht er im Rheinboden nach Gold. In einem Micky-Maus-Heft hat er als Bub von den Goldsuchern in Lappland gelesen. „Ich wollte gleich hin“, sagt er, „aber die Eltern haben nicht mitgemacht.“ Wenig später fand er in der Lokalzeitung einen Artikel über die Goldsuche der Römer am Rhein. „Die können nicht alles rausgeholt haben“, habe er sich gesagt. Er stibitzte der Mutter eine Bratpfanne. „Schon in der ersten Pfanne war Gold“, erinnert er sich. Seitdem hat ihn das Goldfieber nicht wieder losgelassen. Reich geworden ist er davon nicht. Was er gefunden hat in all den Jahren, hütet er zuhause wie einen Schatz.

Schon die Kelten wuschen Gold am Rhein. Durch die Arbeiten für die Rheinbegradigung im 19. Jahrhundert kam es immer wieder zu Umlagerungen, die Goldsucher erlebten goldene Zeiten. Danach kam die professionelle Goldwäsche zum Erliegen. Die Nationalsozialisten versuchten 1939 bis 1943 noch einmal mit dem Baggerschiff Rheingold ihr Glück, ließen es dann aber wieder bleiben: zu viel Aufwand für zu wenig Ertrag.

Dennoch verdient Franz-Josef Andorf mittlerweile auch Geld mit seinem Hobby. Seine Kurse sind meist ausgebucht, es ist ihm fast ein bisschen viel: „Ich komme selbst nur noch im Winter zum Waschen“, sagt er bedauernd. Viele Goldwäscher in Deutschland haben ihr Handwerk bei dem Journalisten gelernt. Björn Sander zum Beispiel. Der 46-Jährige aus Bammental im Rhein-Neckar-Kreis hat vor 15 Jahren einen der Kurse besucht. Inzwischen ist der Maschinenbauingenieur nicht nur ein leidenschaftlicher Digger. Das Gold hat ihn auch zum Fabrikanten gemacht. Mit einem Partner hat Sander eine Waschpfanne und eine Waschrinne konstruiert, mit deren Hilfe man die Goldseife von der Strömung vorsortieren lassen kann. Beides wird seit 2004 von der eigenen Firma Goldblitz produziert und vertrieben.

Die Waschpfannen: Made in Baden-Württemberg

Goldblitz ist deutschlandweit der einzige und europaweit einer von drei Herstellern. Unter den dreien ist laut Sander sein Betrieb mit einem Jahresumsatz von etwa 55 000 Euro mittlerweile der größte. Die Firma führt Sander nebenher, seinen normalen Job hat er behalten. Die Leidenschaft fürs Goldwaschen auch. „Dieses ‚Suchen und Finden“, sagt er, „begeistert mich.“ Einen Teil seiner Funde trägt er am Finger. Die Eheringe für sich und seine Frau hat er aus 30 Gramm selbst gewaschenem Gold gießen lassen.

Sanders Lehrer hat als Kind seine erste Goldwaschpfanne in den USA bestellt, „für ein Schweinegeld“, erinnert sich Andorf. Heute hält er die Goldblitz-Pfannen seines Schülers in den Händen. Einige Male haben Kursteilnehmer richtige kleine Goldnuggets in ihren Pfannen gefunden, sprich: vier, fünf Millimeter große Stücke. So viel Glück hatte er selbst nie. „Ich habe mein Leben lang nur Flitter gesammelt.“

Der Fluss hat seine Tücken

Nicht viele der Kursteilnehmer werden die gleiche Leidenschaft fürs Goldwaschen entwickeln wie Andorf oder Sander. Die Deutsche Goldsucher-Vereinigung hat eigenen Angaben zufolge 150 Mitglieder. Manchen wird das Goldwaschen zu mühsam. Ein Mann füllt sein Sieb mit Ufersand. „Hier kann aber gar kein Gold sein, weil das Material viel zu leicht ist“, sagt Andorf und zuckt mit den Achseln: Er hat es dem Goldsucher-Azubi schon gesagt. Aber im leichten Sand gräbt es sich nun mal leichter.

Simon Hopfenblatts Vater beobachtet die Geburtstagsgesellschaft seines Sohnes mit Argusaugen. Die Wasserpegel am Rhein steigen und fallen schnell, die Strömung weiter vorne ist stark. Ein Kind käme kaum dagegen an. Selbst den erfahrenen Franz-Josef Andorf kann der Rhein noch immer überraschen. Zwei, drei Meter vom Wasser entfernt baut er aus großen Kieselsteinen einen Grill. Eine gute halbe Stunde später ist das Feuer abgesoffen.