Klaus Umbach schwört auf die Gojibeere und deren Heilkraft. Foto: Michael Sudahl

Seit acht Jahren kultiviert Klaus Umbach Gojisträucher. Er kämpft gegen Billigimporte und für Regionalität. Und er erklärt, was die „Glücksbeere“ so besonders macht.

Heilbronn - Die Gärtnerei liegt mitten in den Weinbergen. Umringt von Reben, betreibt Klaus Umbach im Heilbronner Süden einen Bioland-Betrieb. Wer „Mister Goji“ besucht, trifft auf einen großen, schlanken Mann mit freundlichem Blick und kräftigen Händen. Während er durch die Gewächshäuser schlendert, erzählt der Gärtnermeister mit Gartenbautechnik-Studium von bewegten Zeiten.

Gleich zweimal hat er den 1958 vom Vater gegründeten Betrieb umstrukturiert. Zum ersten Mal 1996. Statt wie die Eltern Gemüse und Obst auf dem Acker anzubauen, setzte Umbach Junior auf Topfpflanzen – Geranien und Margariten statt Gurken und Salat. Es klappte. Als in den 1990ern „Geiz ist geil“ auch für Lebensmittel galt, retteten Blumen und Zierpflanzen die Gärtnerei.

Im Jahr 2011 war es wieder so weit. Umbachs Tochter litt in der Pubertät an Depressionen. Auf der Suche nach Hilfe fand der Vater die Glücksbeere Goji. „Ji steht für Im-Fluss-Bleiben“, erklärt Umbach. Er beschloss, den Betrieb auf Bioproduktion umzustellen und Gojisträucher zu kultivieren. Hinzu kam, dass Edeka von den Anbauern Innovationen forderte, da immer nur Paprika, Tomaten und Gurken langweilig seien. „Eine Herkulesaufgabe“, wie Umbach heute zugibt. Aber der Trend zum Superfood – zu dem auch die Beeren aus Fernost gezählt werden – erwachte in Deutschland.

Umbach hat sich für Turgidus entschieden

Der Gärtner experimentierte mit verschiedenen Arten und kultivierte schließlich die Sorte Turgidus. Sie „liegt geschmacklich mit an der Spitze“, wie der Gartenbau-Fachjournalist Engelbert Kötter versichert. Überdies gilt die süße, orangefarbene Goji aus dem Unterland als Beere mit hohem Vitamingehalt, sie ist reich an Spurenelementen und Mineralstoffen. Das sei so, weil die Turgidus alle Energie in das Wachstum der Früchte stecke, sagt Umbach. Er sei bundesweit der Einzige, der die Sorte in einer zertifizierten Bioqualität produziere und liefere, wie Kötter bestätigt.

Der 58-jährige Gärtner schwört auf sein Gewächs: Umbach spendet regelmäßig Blut. Und während andere Männer seines Alters über hohe Cholesterin-Werte klagten, dürfe er – Großvater eines Enkels – für Neugeborene spenden. Den Grund sieht er in der täglichen Portion Gojibeeren. Doch im vergangenen Jahr kam die Superfrucht in Verruf. Die Verbraucherzentrale warnte: Superfood-Beeren und -Samen könnten mit Schwermetallen oder Mineralöl belastet sein. Das Veterinäramt in Stuttgart fand Pestizide in konventionell angebauten Gojibeeren. Experten schätzen, dass monatlich Hunderte Tonnen Trockenfrüchte aus Asien nach Deutschland kommen, oft belastet mit Schwermetallen und Pflanzenschutzrückständen.

In der Gärtnerei gedeihen 100 000 Pflanzen

Den wenig klimafreundlichen Importen stellt Klaus Umbach seine Früchte entgegen, er baut inzwischen auf drei Hektar 100 000 Goji-Topfpflanzen an. Und er ist überzeugt: „Die Heilwirkung der Goji spricht sich herum.“ Das sehen offenbar auch die Konsumenten so. So hat Edeka 2018 einen Probelauf mit fünf Tonnen frischer Gojibeeren gestartet. Diese kamen jedoch aus Spanien und waren keine Bioware. In diesem Jahr bestellen die Supermarkt-Einkäufer bei Gärtnern aus Deutschland, die meisten von ihnen ernten von Umbach-Sträuchern.

Weil zudem die Nachfrage nach den Pflanzen steigt, gibt es auch hiervon reichlich Billigimporte in Supermärkten und Gartencentern. Bei Anbietern wie Obi, Hornbach und Pflanzen-Kölle nachgefragt, gibt es jedoch keine Antwort darauf. Doch der Experte Kötter schätzt, dass bis zu 750 000 Stück jedes Jahr über die Tresen wandern. Auch dagegen will Umbach angehen. Längst gehört die Biogärtnerei mit 20 Mitarbeitern zu den Großen in der Republik. Umbach tourt durch Süddeutschland und klärt auf: „Wer süße Powerbeeren will, muss regional kaufen.“

Die Glücksbeere Goji und anderes Superfood

Der Verkauf von Beeren und Samen und das Angebot an Produkten haben sich laut einer Studie des Datenanalyse-Unternehmens Nielsen von 2016 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. 2014 lag der Umsatz in Deutschland bei 1,5 Millionen Euro, 2016 bei 42,6 Millionen Euro. Vor allem Chiasamen sind gefragt (63 Prozent des Umsatzes), gefolgt von Goji- und Aroniabeeren.

Die Marktforscher beobachteten nach 2014 eine zweite Superfood-Welle: Verbraucher entdeckten lokale Powerkörner wie Leinsamen als heimische Alternative zu Chia, die Heidelbeere holte gegenüber der Acaibeere auf. 51 Prozent der Superfood-Esser wollen regional kaufen – auch die exotischen Beeren und Samen. In Deutschland kultivierte Pflanzen treffen daher auf großes Interesse.

Die Gojibeere stammt aus Asien. Sie enthält Mineralstoffe wie Eisen, Kalium und Zink. Ebenso sekundäre Pflanzenstoffe wie die Antioxidantien. Goji soll bei Diabetes, Herzkrankheiten und hohem Blutdruck helfen, sie soll Nieren und Leber stärken sowie den Fettgehalt im Blut senken. Diese Eigenschaften werden auch heimischem Obst zugeschrieben, etwa der Heidelbeere.