Immer in der ersten Kunstlinie: Götz Adriani Foto: dpa

Besucherrekorde hatten in den 1990er Jahren einen Ort und einen Namen: Kunsthalle Tübingen und Götz Adriani. Jetzt ist Adriani – und ist noch immer auf eigenem Kurs.

Stuttgart - Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel im Berliner Reichstagsgebäude und im Kanzleramt vor die Kameras tritt, ist im Hintergrund meist ein großformatiges Bild deutscher Maler zu sehen – Werke von Gotthard Graubner, Fred Thieler oder auch Gerhard Richter. Es sind Arbeiten, die fast durchweg in den Jahren 1994 bis 1999 ihren Platz fanden – unter der ebenso zurückhaltenden wie sorgsamen Regie von Götz Adriani. 1940 in Stuttgart geboren, ist Adriani vor allem als Lenker der Kunsthalle Tübingen bekannt. Doch der Kunsthistoriker hatte immer auch andere wichtige Aufgaben – nicht zuletzt jene als Berater des Kunstbeirates des Deutschen Bundestages. Die Bilder der Kanzlerin legen davon souverän Zeugnis ab.

Betont international

Im Hessischen Landesmuseum Darmstadt ist Adriani, dessen Laufbahn 1965 mit einem Volontariat an der Staatsgalerie Stuttgart beginnt, für die Betreung der Sammlung Karl Ströhers verantwortlich. Ein Tor in die internationale Kunstwelt, engagiert sich Ströher doch für Andy Warhol ebenso wie für Joseph Beuys, für Sigmar Polke ebenso wir für Franz Erhard Walther. Künstler, die Adriani weiter begleitet, als er 1971 Gründungsdirektor der Kunsthalle Tübingen wird. Adriani macht die Kunsthalle, eine Stiftung von Paula Zundel und Margarete Fischer-Bosch, den Töchtern Robert Boschs, im Gedenken an den Maler Georg Friedrich Zundel, zur Bühne internationaler Gegenwartskunst. Programmatisch schon der Auftakt 1972 – mit Werken von Franz Erhard Walther; George Segal und Ulrich Rückriem.

Anstehen für die Kunst

Seit den späten 1980er Jahren wird die Kunsthalle Tübingen zur Bühne der französischen Moderne. Adriani ist gleichwohl Pionier – Solo-Präsentationen etwa zu Henri Toulouse-Lautrec sind Deutschland-Premieren. Adriani wagt mit beständig kleinem Etat viel – und gewinnt. Ein Rekord ist ihm wohl für immer sicher – 1993 werden in den 15 Wochen der Ausstellung zu den Gemälden Paul Cézannes bei heute fast unvorstellbaren 430 000 Besuchern 250 000 Kataloge verkauft. Und auch 1996 gibt es wieder Schlangen vor der Kunsthalle – 420 000 Besucher sehen die erste Renoir-Ausstellung im deutschsprachigen Raum.

Auf eigenem Kurs

1999 Gründungsdirektor des Museums für Neue Kunst im Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, von 2001 an Berater für Frieder Burda beim Aufbau des Museums Sammlung Frieder Burda in Baden-Baden – Götz Adriani, der am Samstag 75 Jahre alt geworden ist, sucht und übernimmt Verantwortung. Immer auf eigenem Kurs. Seit 2003 als Vorsitzender des Vorstands der Kunsthalle Tübingen. Diese wird aktuell saniert und – Dank eines neuerlichen Engagements der Familie Zundel – baulich erweitert. Damit hat Adriani für die Kunsthalle Tübingen die Türen in die Zukunft weit geöffnet.