Wenn sie nicht gerade Workshops wie den in Barcelona besucht, arbeitet Lisa Verdel im Geschäft ihrer Mutter, wo sie gerade ihr drittes Lehrjahr absolviert. Foto: Ines Rudel

Ort des Schreckens, Ort der Freude: Die Rambla in der katalanischen Hauptstadt Barcelona, wo im August ein Terrorist wütete, ist zum Nationalfeiertag mit Blumen geschmückt worden.

Göppingen - Vor wenigen Wochen hatte sich die Prachtstraße von Barcelona in einen Ort des Schreckens verwandelt, als ein Attentäter am 17. August dort mit einem Lieferwagen 14 Menschen tötete und mindestens 118 Menschen verletzte, und in der vergangenen Woche legten Hunderttausende die City von Barcelona mit einem Streik lahm, als sie für die Abspaltung von Spanien demonstrierten. Nur am Rande vom Streik betroffen sah sich eine Gruppe von Nachwuchsfloristen aus Spanien, Deutschland, Frankreich und der Slowakei, die eigens zu einem Azubi-Workshop angereist war, um eben diese Rambla für die Feierlichkeiten um den spanischen Nationalfeiertag am 12. Oktober als „La Rambla en flor“ zu schmücken. Mit von der Partie war auch Lisa Verdel, Auszubildende im dritten Lehrjahr aus Göppingen.

Trotz der Unruhen hat sich die junge Frau sicher gefühlt

„Ich habe mich in Barcelona sicher gefühlt, schon allein wegen des großen Polizeiaufgebots“, berichtet die 23-Jährige. Nur der Streiktag am 3. Oktober habe ihre Exkursionspläne durchkreuzt, und so konnten sie die Prachtkirche Segrada Familia erst einen Tag später besichtigen.

Ein viertägiger Städtetrip in den Süden – welcher Azubi träumt nicht von so einer Abwechslung im Berufseinerlei? Auch Lisa Verdel, die bei der Binderei in der Göppinger Grabenstraße ausgebildet wird, war Feuer und Flamme, als sie von dem Workshop in Barcelona erfuhr. Die Göppingerin konnte ihre Lehrherren von dem Projekt überzeugen, das von der Flower Art Academy Mainz und der Floristmeisterin Petra Konrad veranstaltet wurde.

Eine Auszubildende mit grünen Genen

Diese Akademie bietet Exkursionen und Seminare an und hat sich im Bereich Floristik den interkulturellen Austausch auf die Fahnen geschrieben. Konrad sagt, es sei nötig, die Wertschätzung der Floristik wieder zu steigern, beispielsweise habe es sich bei den Beratern der Agenturen für Arbeit noch nicht überall herumgesprochen, dass die Mitarbeiter in den Fachgeschäften ihre Kenntnisse aus Design, Architektur und Lifestyle in die floristische Arbeit einfließen ließen. Lisa Verdel ist über einen kleinen Umweg zum Floristenberuf gekommen. Ursprünglich wollte die junge Frau ihre pädagogischen Talente umsetzen und hatte ein Lehramtsstudium für die Fächer Mathematik und Französisch in Tübingen begonnen.

„Schon nach dem ersten Semester habe ich gemerkt, dass mir das zu trocken ist und ich lieber kreativ handwerklich arbeiten möchte“, erklärt sie ihren Sinneswandel. Keine ungewöhnliche Entscheidung, denn Verdel dürfte mit allerhand grünen Genen ausgestattet sein, immerhin geht sie bei ihrer Mutter, der Floristin Susanne Fischer, in die Lehre und väterlicherseits stammt sie aus einer niederländischen Gärtnerdynastie. Papa Jos Verdel hat allerdings längst den Spaten gegen den Laptop eingetauscht, um als Händler auf den großen niederländischen Blumenauktionen mitzubieten.

Ihr Team hat die Kolumbussäule geschmückt

Beim Workshop in Barcelona hätten ihr besonders die Stilkunde-Exkursionen auf den Spuren von Antoni Gaudi gefallen, erklärt Lisa Verdel. „Wir sind auf die vielen floralen Stilelemente aufmerksam gemacht worden, die sind typisch für den katalanischen Jugendstil“. Nach so viel Theorie erhielt die bunt zusammengewürfelte Azubigruppe endlich Gelegenheit, die neu gewonnenen Eindrücke zusammen mit ihren spanischen Gastgebern von der ortsansässigen Escola d’Art Floral beim Schmuck der Rambla umzusetzen, wo Dutzende von Stadtpalästen, die katalanische Oper, das Museum für moderne Kunst und viele andere Gebäude entlang der Prachtstraße mit Blumen herausgeputzt wurden. Traditionell kümmern sich darum die Floristenschulen, die in Barcelona den Floristennachwuchs ausbilden. Lisa Verdel war in ihrem Team für die Kolumbussäule zuständig, die das Ende der Rambla am alten Hafen markiert. Dazu bespannten die Azubis Metallrahmen mit textilen Bändern und bestückten die Scheiben schließlich mit großen Orchideenpflanzen.

Ein internationales Profil

Die gemeinnützige Gesellschaft Flower Art Academy mit Sitz in Mainz engagiert sich in der Weiter- und Ausbildung von Floristen. Sie wird von Firmen des Blumengroßhandels und Floristikbedarfs gefördert.

Die Akademie arbeitet mit Partner-Schulen und Floristen zusammen. Zu den Partnerschulen gehören die Escola d’Art Floral in Barcelona und das Centre de Formation d’Apprentis d’Eschau, dem Ausbildungszentrum der Handelskammer im Elsass. Auf dem Programm stehen deutschlandweit Seminare mit Referenten aus dem europäischen und außereuropäischen Ausland. Zum ersten Mal ist ein international besetzter Azubi-Workshop in Spanien ausgeschrieben worden. Dabei wurden die französischen Teilnehmerinnen von der aus Straßburg stammenden Floristmeisterin Laurence Hanauer-Bayha angeleitet, die als Jurymitglied bei diversen Berufswettkämpfen in Frankreich tätig ist