Flüchtlinge sollen als Fachkräfte von morgen für den hiesigen Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Dafür macht sich die Fachkräfteallianz im Kreis Göppingen stark. Foto: Agentur für Arbeit

Die Flüchtlinge von heute werden erst in einigen Jahren als mögliche Fachkräfte antreten können. Das ist das Fazit einer Inforunde für Arbeitgeber im Kreis. Bis es soweit ist, gibt es für die Beteiligten noch viel zu tun.

Göppingen - Wie werden aus den Flüchtlingen von heute die dringend benötigten Fachkräfte von morgen und übermorgen? Diese spannende Fragestellung bescherte der Fachkräfteallianz im Kreis Göppingen, zu der unter anderem die IHK und die Göppinger Agentur für Arbeit zählen, viele interessierte Mitglieder im vollen Märklinsaal.

Die berufliche Integration wird Zeit brauchen

„Achtzig Prozent der Flüchtlinge kommen ohne direkt verwertbare berufliche Kenntnisse“, beschrieb der Präsident der IHK-Bezirkskammer Wolf Ulrich Martin die Potenziale der Neubürger, die im Durchschnitt 23 Jahre alt sind, wenn sie nach Deutschland kommen. Und auch Wilfried Hüntelmann, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Göppingen, dämpfte übersteigerte Erwartungen. Er sagte, man spreche zwar von den Fachkräften von übermorgen, ihre berufliche Integration werde aber Zeit brauchen. Allein für den Spracherwerb müsse man mit mindestens zwei Jahren rechnen, viele Flüchtlinge bräuchten aber deutlich länger dafür.

Das Handwerk kümmert sich um den Praxistest

Eine große Herausforderung scheint vor allem die Feststellung der beruflichen Kompetenzen der Flüchtlinge zu sein. Die Kreishandwerkerschaft ringt nach Worten ihres Geschäftsführers Klaus Heschke offenbar noch darum, in allen Gewerken Obermeister zu benennen, die die Fähigkeiten der Flüchtlinge im Rahmen von Zwei- bis Dreitagespraktika in den Betrieben erkunden sollen, will diesen Praxistest aber auf jeden Fall anbieten, der auch für die Arbeitsagentur wertvoll ist.

„Die meisten Flüchtlinge bringen keine Papiere und Zeugnisse mit, und wir sehen ihnen natürlich nicht an, was sie tatsächlich können“, sagt Hüntelmann und bringt es auf den Punkt. Deshalb seien auch die niederschwelligen Angebote der Arbeitgeber wie Praktika, auch schon für Schüler, oder Teilzeitarbeit während des Spracherwerbs ein wichtiges Angebot.

Der Weg zur Arbeit ist nach drei Monaten weitgehend frei

Der Agenturchef klärte über Wege in den Arbeitsmarkt auf, der für Menschen im laufenden Asylverfahren, also schon vor der Anerkennung, nun bereits nach drei Monaten möglich sei, wenn die Ausländerbehörde und die Bundesagentur für Arbeit zustimmten. Nach 15 Monaten sei diese Beschränkung hinfällig, und auch Zeitarbeit dürften Flüchtlinge dann übernehmen. Außerdem stünde ihnen der Ausbildungsmarkt offen.

Während der dreijährigen Ausbildung würden Asylbewerber geduldet, erklärte dazu der Staatssekretär im Landesministerium für Wirtschaft und Finanzen Peter Hofelich (SPD) und unterstrich die Forderung der Landesregierung, im Sinne der Ausbildungsbetriebe die Duldung um zwei Jahre zu verlängern.

Viele arbeiten mit an der beruflichen Integration

Fachkräfteallianz

In dem Bündnis haben sich vereinigt die Agentur für Arbeit, die IG Metall, die IHK-Bezirkskammer Göppingen, die Kreishandwerkerschaft, der Kreis Göppingen, Südwestmetall sowie die Wirtschaftsförderung der Hohenstaufenstadt.

Integration

Die berufliche Eingliederung von Flüchtlingen wird von der Arbeitsagentur gefördert mit einer Einstiegsqualifizierung von sechs bis zwölf Monaten, Probearbeit beim Arbeitgeber(zwei bis sechs Wochen), Eingliederungszuschüssen und Nachqualifizierungen und Qualifizierungen.

Schule

Rund ein Viertel der Flüchtlinge ist minderjährig. Bis 14 Jahre besuchen sie die Vorbereitungsklassen der allgemeinbildenden Schulen, die 15- bis 18-Jährigen sind berufsschulpflichtig. An den Berufsschulen in Geislingen und Göppingen erhalten sie pro Woche mindestens acht Stunden Deutsch- neben berufspraktischem Unterricht, bevor sie das Vorqualifizierungsjahr „Arbeit und Beruf“ mit dem Ziel Hauptschulabschluss absolvieren können.

Hotline

Die Arbeitsagentur hat eine spezielle Hotline bezüglich der Flüchtlingsthemen für Arbeitgeber eingerichtet. Sie ist zu erreichen unter: 0800/4 55 55 20.