Früher wohnten Lehrlinge aus dem ganzen Land während ihres Blockunterrichts im Georgsheim. Das ist vorbei. Foto: Horst Rudel

Seit einem halben Jahr ist das Wohnheim für Lehrlinge, die aus dem ganzen Land nach Göppingen zum Blockunterricht kommen, geschlossen. Nun wird über seine Zukunft verhandelt.

Göppingen - Die Lehrlinge sind weg, das Georgsheim in Göppingen ist seit einem halben Jahr geschlossen. Während für die angehenden Gärtner, Floristen und Hauswirtschafterinnen, die aus dem ganzen Land zum Unterricht an der Justus-von-Liebig-Schule kommen und die jahrzehntelang im Georgsheim untergekommen waren, eine gute Lösung gefunden wurde, steht die katholische Gesamtkirchengemeinde nun vor der Frage, was sie in Zukunft mit dem ehemaligen Wohnheim anfangen soll.

Dass das Gebäude saniert und wieder für soziale Zwecke verwendet wird, ist unwahrscheinlich. Die Zeichen mehren sich, dass es abgerissen wird und dort Wohnungen entstehen. Die Göppinger Wohnbau (WGG) hat bereits Interesse angemeldet. Das Unternehmen würde das Heim gerne abreißen und dort Wohnungen bauen. Unklar ist allerdings, was das für die Kirchengemeinde St. Josef, deren Räume direkt an das Heim angrenzen, und den zugehörigen Kindergarten bedeuten würde. Denn Insidern zufolge würde die WGG gerne in größerem Stil bauen.

Berufsschüler pendeln aus Bad Überkingen nach Göppingen

Als im Frühjahr vor zwei Jahren bekannt wurde, dass das Georgsheim aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden sollte, waren viele Kreis- und Stadträte empört. Viele fragten sich, wo die Blockschüler künftig unterkommen sollten. Kommunalpolitiker und Pädagogen bangten um den Schulstandort in Göppingen. Denn ohne Unterkunft für die Schüler wäre der weitere Unterricht in der Stadt wohl nicht mehr möglich gewesen.

Doch die gemeinnützige Vinzenz von Paul Gesellschaft, die in der Stadt auch ein Seniorenzentrum und ein Jugendheim führt, blieb bei ihrer Entscheidung. Für sie lohnte sich der Betrieb nicht mehr, weil die Zahl der Lehrlinge sank, während die Kosten stiegen. Die Vinzenzpflege hatte das Gebäude von der katholischen Gesamtkirchengemeinde gepachtet. Weil dort teure Sanierungen anstanden, die die Pacht weiter in die Höhe getrieben hätten, ließ die Gesellschaft den im Juli 2017 auslaufenden Vertrag nicht verlängern.

Inzwischen hat der Kreis eine Lösung für die Berufsschüler gefunden: Sie wohnen seit der Schließung im Internat des deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Bad Überkingen, das in den 70er Jahren für die Schüler der benachbarten Paul-Kerschensteiner-Schule gebaut wurde. Dort werden Köche sowie Hotel- und Restaurantfachleute ausgebildet. Der Kreis finanziert mit 71 000 Euro pro Jahr einen Shuttle-Bus, der die Jugendlichen jeden Tag zum Unterricht nach Göppingen und zurück nach Bad Überkingen bringt.

Bei den Verhandlungen stoßen unterschiedliche Interessen aufeinander

Trotz der umständlichen Fahrerei sind Schüler und Lehrer offenbar zufrieden. „Früher konnten unsere Schüler zwar laufen, aber dafür ist die Qualität der Unterbringung und das Freizeitangebot in Bad Überkingen viel besser“, berichtet die Schulleiterin Annette Kull.

Über die Zukunft des Georgsheims verhandelt unterdessen eine große Zahl Betroffener. Da ist zum einen die katholische Gesamtkirchengemeinde, der das Gebäude gehört, dann die Kirchengemeinde St. Josef, deren Räume direkt angrenzen, und natürlich die Diözese Rottenburg-Stuttgart. Auf der anderen Seite stehen die WGG und die Stadt, in deren Bedarfsplanung der Kindergarten mit seinen 50 Plätzen eine wichtige Rolle spielt und die bei den Gesprächen sicher auch die Interessen der nahen Hochschule im Blick haben wird. Wann eine Entscheidung über die Zukunft des Heims und der angrenzenden Gebäude fällt, ob das Heim tatsächlich abgerissen wird und Kirchenräume und Kindergarten ebenfalls dem Bagger zum Opfer fallen oder ob sie saniert werden, ist laut Felix Dolderer, dem Pfarrer von St. Josef, nicht abzusehen.