Keine Angst: Frisch-Auf-Keeper Daniel Rebmann wirft sich dem 7-Meter von Simon Kastening entgegen. Foto: Baumann

Selbst Handballspieler fragen sich, wie man auf die Idee kommt, sich freiwillig ins Handball-Tor zu stellen. Bundesliga-Torhüter Daniel Rebmann von Frisch Auf Göppingen erklärt, wie man so verrückt sein kann.

Göppingen - Seit 2017 steht Daniel Rebmann im Tor des Bundesligisten Frisch Auf Göppingen. Für unsere Zeitung erklärt er, was sich viele Handballfans dieser Tage fragen: Wie kann man so verrückt sein, sich freiwillig ins Handballtor zu stellen?

Rebmann über ...

... die Entscheidung ins Tor zu stehen:

„Es soll ja das Gerücht geben, dass in den unteren Jugenden die Unsportlichen ins Tor gestellt werden, weil sie da weniger kaputt machen würden. Das mag in manchen Fällen stimmen – bei mir in meinem Heimatclub TV Echterdingen musste anfangs jeder mal ins Tor, weil es keinen festen Torhüter gab. Bis zur B-Jugend habe ich dann sowohl im Feld als auch im Tor gespielt – ich war also nicht zu schlecht, auch im Feld zu spielen. Die sportliche Perspektive im Tor war aber definitiv höher, also wurde ich Torwart.“

... das Gefühl, wenn der Ball mit 100 km/h auf einen zufliegt:

„Es hilft natürlich, keine Angst vor dem Ball zu haben. Wenn man spielt, bekommt man es meistens gar nicht so sehr mit, wenn einem der Ball nur Zentimeter am Kopf vorbei gehämmert wird – da ist der Ärger höher, dass der Ball im Kasten gelandet ist. Aber ich muss zugeben, dass man sich ab und zu im Videostudium nach einem Spiel sich schon wundert: Wow, der ist ja wirklich nur ganz knapp an meinem Kopf vorbei geschrammt. Aber offenbar gewöhnt man sich im Laufe der Jahre an dieses Gefühl – vermutlich ist das bei Boxern ähnlich.“

... die Kopftreffer:

„Mein Aufgabengebiet als Torhüter ist doch recht überschaubar: Der Ball darf nicht ins Tor. Wenn ich also den Ball mit dem Kopf halte, freue ich mich über die Parade und dass der Ball nicht im Netz gelandet ist. Das Adrenalin ist in dem Moment so hoch, dass ich da keinerlei Schmerz verspüre – man ist da als Torhüter in so einem Tunnel, da spürt man fast keinen Schmerz. Die Freude toppt also den Schmerz. Es gibt andere Stellen, wie die Oberschenkelinnenseite, die einem manchmal mehr weh tun als der Kopf nach einem Kopftreffer.“

... Kopftreffer-Spezialisten:

„Man weiß natürlich, dass es Spieler gibt, die ihre Würfe gerne über den Kopf des Torhüters ziehen. Das bedeutet aber lediglich, dass ich versuche, mit meinen Armen den Bereich um meinen Kopf besser abzudecken – der Ball soll schließlich nicht rein. Aber ich stelle mich nicht vor dem Spiel darauf ein, dass ich heute bestimmt eine auf den Kopf bekomme. Und wenn doch, habe ich ihn eben gehalten – also ist alles gut. Ich stelle mich auch nicht vor dem Spiel hin und haue mir ein Buch auf den Kopf, um mich auf den vermeintlichen Kopfschuss vorzubereiten.“

... Trainingstreffer:

„Ich nenne keine Namen, aber klar gibt es auch in einer Bundesliga-Mannschaft so ein paar Spezialisten, bei denen man auch im Training Gefahr läuft, die Kugel an den Kopf zu kriegen. Das ist in meinen Augen zwar ein bisschen unnötig – aber gehört doch eben irgendwie dazu. Anschließend gibt man sich die Hand und weiter geht’s. Das ist schließlich das Berufsrisiko als Handballtorwart.“

... Veilchen am Kopf:

„Meistens spürt man es ja nicht, wenn man am Kopf getroffen wird. Aber beispielsweise im Pokal in Magdeburg habe ich den Ball so aufs Auge bekommen, dass es mehrere Tage blau war. Zum Glück gefalle ich meiner Freundin auch mit einem Veilchen im Gesicht – könnte aber auch daran liegen, dass sie selber Handball-Torhüterin ist und um unser Berufsrisiko weiß.“

... den Tanz des Isländischen Keepers Björgvin Páll Gústavsson:

„Ich habe mir die Szene mit meinem Torhüter-Kollegen Primoz Prost zusammen angeschaut und wir fanden es beide sehr witzig. Ich denke, dass Gústavsson bei dem dritten Kopftreffer auch irgendwie genervt war und er das Adrenalin in den Tanz umgesetzt hat. Das ist defintiv die gesündere Methode, als dem Schützen hinterherzugehen – das kann natürlich in manchen Fällen auch eine Option sein, um ein Zeichen zu setzen. Aber in der Situation hat Gústavsson – finde ich – perfekt reagiert.“

... den vermeintlich weicheren Beachhandball:

„Seltsamerweise tut der Plastik-Beachhandball mehr weh als der klassische Handball. Beachhandball hat zwar andere Vorteile, weil man im Sand weicher fällt und dementsprechend mehr fliegen und dem Spieler auch einen Tick aggressiver entgegenspringen kann – der Ball am Kopf fetzt aber teilweise mehr. Trotzdem ist es im Sommer eine geniale Abwechslung zum Hallenhandball.“