Der Göppinger Marktplatz ist vor allem im Sommer ein beliebter Treffpunkt. Foto: Horst Rudel/Archiv

In einem Vergleich von 116 deutschen Innenstädten schneidet Göppingen unterdurchschnittlich ab – obwohl viele Bürger mit dem Einzelhandel und der Gastronomie zufrieden sind. Welche Schlüsse ziehen Stadtverwaltung und Stadträte daraus?

Göppingen - Das geplante Einkaufszentrum Agnes auf dem Gelände des ehemaligen Kaufhaus Frey war der Göppinger Stadtverwaltung und vielen Stadträten zuletzt eher ein Dorn im Auge. Vor zehn Jahren als die Planungen begann, hatte man noch einen Shopping-Tempel – und vor allem einen großen Elektrofachmarkt – für die Stadt herbeigesehnt. Inzwischen hält die Mehrheit des Gemeinderats das Projekt für verzichtbar und würde lieber Wohnungen und nur ein paar einzelne Geschäfte bauen. Eine neue Studie könnte die Verwaltung und die Stadträte nun erneut zum Umdenken bringen.

Besucher wünschen sich vor allem ein schönes Ambiente und Freizeitangebote

Wie das Institut für Handelsforschung (IFH) in Köln herausgefunden hat, könnte Göppingen durchaus noch mehr Einzelhandel vertragen. Behalten die Investoren um Simon Schenavsky also Recht, wenn sie gegen die Wünsche der Stadt bei ihren Plänen bleiben? Auch sonst bietet die Studie einigen Stoff zum Nachdenken für die Verwaltung und die Stadträte. So hat die Studie bestätigt, was viele Stadträte vor allem aus den Reihen der CDU schon lange als Ärgernis Nummer eins identifiziert haben: Der Mangel an Parkplätzen geht auch den Besuchern der City enorm auf die Nerven. Auf der anderen Seite, so erläuterte Oliver Brimmers vom IFH am Donnerstag im Gemeinderat „fährt niemand in eine Stadt, weil man da toll parken kann“. Die bei weitem wichtigsten Faktoren für die Attraktivität einer Stadt seien in den Augen der Besucher das Flair und das Ambiente der Stadt sowie die Freizeit- und Kulturangebote. Erst dann folgten Faktoren wie das Einzelhandels- und Gastronomieangebot und dann Aspekte wie die Erreichbarkeit mit dem Bus und dem Auto, das Angebot an Parkplätzen und Dienstleistungen.

Für die Stadträte stellt sich nun die Frage, was aus diesen Erkenntnissen folgt: Mehr Parkplätze schaffen, um ein Ärgernis zu beseitigen oder das Parken womöglich komplett aus der Hauptstraße verbannen, wie es die Grünen schon lange fordern, um das Flair der Innenstadt zu stärken?

Nur ein Drittel der Besucher bleibt länger als zwei Stunden in der Stadt

Insgesamt löste die Studie bei vielen Stadträten Ernüchterung aus. Denn die Stadt hat lediglich die Note 2,8 bei der Gesamtzufriedenheit der Kunden erreicht – der Durchschnitt der bundesweit 116 untersuchten Städte lag bei 2,6, der Schnitt in den Städten einer mit Göppingen vergleichbaren Größe bei 2,5. Nur ein Drittel der Befragten verweilte länger als zwei Stunden in der Göppinger City, 80 Prozent der Befragten besuchten höchstens zwei Geschäfte. In den anderen Städten traf das nur für 60 Prozent zu, 40 Prozent besuchten mehr als zwei Geschäfte.

Insgesamt kamen nach Göppingen weniger Menschen als im Durchschnitt vergleichbarer Städte zum Bummeln, Einkaufen oder um in ein Café oder Restaurant zu gehen. Stattdessen kamen mehr Bürger als anderswo in die Stadt, weil sie dort wohnen oder um Behördengänge und ähnliches zu erledigen. Die Zufriedenheit mit Freizeit- angeboten und Events in der Stadt lag weit unter dem Durchschnitt, Mit dem Einzelhandelsangebot und der Gastronomie war die Zufriedenheit knapp durchschnittlich. Michael Freche (Lipi-Fraktion) wies allerdings daraufhin, dass man sich klar machen müsse, woher man komme. „Vor zehn, zwanzig Jahren ist in der Stadt doch abends um 20 Uhr der Trottwar hochgeklappt worden“, sagte er. Im Vergleich mit damals habe sich vieles verbessert. Die Stadtverwaltung sah das ähnlich. Man wolle die Ergebnisse jetzt intern auswerten und überlegen, was daraus für die Stadtplanung und ähnliches folge, kündigte der Oberbürgermeister Guido Till an. Außerdem will Göppingen in zwei Jahren erneut an der Studie teilnehmen, um zu sehen, wie sich die Situation entwickelt, wenn die vielen Baustellen, etwa das Apostel-Arela und der Bahnhof, fertig sind.

Gute Noten bei der Nahversorgung

Konzept:
Die Stadt Göppingen hat am Donnerstag ein weiteres Gutachten vorgestellt, dass sich mit dem Einzelhandel und der Nahversorgung befasst. Die Ludwigsburger Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA) untersucht beides seit mehreren Jahren für die Stadt und entwickelt Empfehlungen.

Einzelhandel:
Der Handel konzentriert sich immer mehr auf die Premium-Lagen und zieht sich weiter aus Randlagen zurück. Die GMA empfiehlt, dort Dienstleister anzusiedeln. Viele Bürger aus dem Umland kommen zum Einkaufen in die Stadt, tatsächlich konnte sie ihre Stellung als Mittelzentrum in der Region festigen.

Nahversorgung:
Auch wenn es mancherorts weiterhin Probleme gibt, insgesamt hat sich das Angebot verbessert. Im vergangenen Jahr hatten 64 Prozent der Bürger einen Supermarkt, den sie in weniger als 15 Minuten zu Fuß erreichen konnten. Sieben Jahre zuvor konnten dies nur 52 Prozent der Bürger.