Dürre Äste und welkes Laub statt saftig grüner Blätter – auch vor dem Rathaus kümmert eine der Hainbuchen vor sich hin. Foto: Schnebeck

Die extreme Hitze in diesem Sommer hat viele Hainbuchen an der Hauptstraße so schwer geschädigt, dass sie nicht mehr zu retten sind. Doch das sind bei weitem nicht die einzigen Bäume, um die sich die Stadtgärtner Sorgen machen müssen.

Göppingen - Wer zurzeit durch die Göppinger Innenstadt flaniert, könnte glatt auf den Gedanken kommen, es sei bereits Herbst. Ein großer Teil der Hainbuchen entlang der Hauptstraße ist dabei, sein Laub abzuwerfen. Auch die Blätter der Ahornbäume und Robinien in der Neuen Mitte und vieler anderer Bäume in der City kräuseln und verfärben sich. Doch die welken Blätter und dürren Äste haben nichts mit dem nahenden Ende des Sommers zu tun. Die Bäume sind krank, einige sind wohl nicht mehr zu retten, wie der Leiter des Referats für Umweltschutz und Grünordnung der Stadt, Henry Mutke, berichtet.

Mutke und seine Mitarbeiter haben mit einem Problem zu kämpfen, dass viele Förster, Gärtner, Landwirte, Umweltschützer aber auch Stadtverwaltungen im ganzen Land beschäftigt: Die Natur steckt die zunehmend heißen und trockenen Sommer nicht mehr so einfach weg. In Innenstädten wie der Göppinger City wirken sich die zum Teil extrem heißen Sommertage besonders verheerend aus. Asphalt und Beton reflektieren und steigern die Hitze, die Gehölze haben in dem verdichteten Untergrund wenig Platz, ihre Wurzeln auszubreiten und Nährstoffe und Wasser aufzunehmen.

Bastmatten sollen die Baumstämme vor den Sonnenstrahlen schützen

Mutke und seine Mitarbeiter versuchen mit unterschiedlichen Methoden, die Bäume zu schützen. Sie haben deren Stämme mit Bastmatten eingewickelt oder weiß angestrichen, „um die Rinde vor Hitzeschäden zu schützen“, erklärt Mutke. Außerdem wässern sie nicht wie bisher üblich nur frisch gepflanzte Jungbäume, sondern alle Gehölze. „Und wir haben, wo es möglich war, alte Baumstandorte – zum Beispiel in der Hauptstraße – nachträglich optimiert: Wir haben Bewässerungs- und Belüftungsrohre eingelassen und den Boden mit vitalisierenden Spurenelementen und symbiotischen Bodenpilzen verbessert.“

Der Erfolg ist mäßig: Neben den Hainbuchen gebe es in der Innenstadt mehr als 35 Baumarten, viele davon seien durch die Hitze in Mitleidenschaft gezogen worden, berichtet Mutke. Besonders ärgerlich dabei ist, dass die Stadtverwaltung in den vergangenen Jahren durchaus darauf geachtet hatte, Bäume zu pflanzen, die als widerstandsfähig empfohlen wurden.

Die Hainbuchen erweisen sich als weniger robust als gedacht

„Hainbuchen galten als robuste und trockenheitsunempfindliche Baumart“, sagt Mutke. „Doch unsere Erfahrungen stellen diese Einschätzung inzwischen in Frage – besonders, wenn es sich um versiegelte Standorte mit Trittbelastung wie in der Hauptstraße handelt.“ Mit Stauden bepflanzte und vor Verdichtung geschützte Pflanzquartiere haben Mutkes Erfahrung nach zwar bessere Voraussetzungen, „doch selbst dort registrieren wir bei den Hainbuchen inzwischen teilweise Ausfallerscheinungen“, berichtet er mit Blick auf die ebenfalls leidenden jungen Hainbuchen in dem neuen Beet vor der Parkhausfassade am Kornhausplatz.

Wie es mit den für das Mikroklima eigentlich enorm wichtigen Bäumen in der Innenstadt weitergeht, wenn die kommenden Sommer so heiß werden wie die vergangenen, ist offen. Klar ist, dass die Schäden zunehmen. So wurden die Bäume an der Hauptstraße vor 14 Jahren gepflanzt. Zwei Hainbuchen mussten 2014 ausgetauscht werden. Im Jahr 2017 waren es bereits vier Bäume. „Jetzt sehen bereits sechs Bäume irreversibel geschädigt aus. Ein siebter wurde wegen der Verkehrssicherheit schon entfernt“, sagt Mutke. Die Hitze hatte die Gehölze so schwer geschädigt, dass ein Pilz eindringen konnte, der ihnen nun vollends den Rest gibt.

Im Grünflächenamt denkt man darüber nach, die Hainbuchen durch exotische Baumarten zu ersetzen, die besser mit Hitze und Dürre zurecht kommen. Eine Entscheidung ist aber noch nicht gefallen, denn die Stadträte haben zunächst ein Gutachten gefordert, dass den Zustand der Hainbuchen an der Hauptstraße untersuchen und Vorschläge zu ihrer Rettung präsentieren soll. Mutke indes rechnet nicht mehr damit, dass heimische Baumgattungen an solchen Standorten in Zukunft noch eine Chance haben.

Sind neue Sorten die Lösung?

Exotisch:
Weil viele heimische Baumarten mit der vor allem in den Städten zunehmenden Hitze nur schlecht zurecht kommen, werden immer häufiger Baumarten aus anderen Klimaregionen, etwa aus Asien, gepflanzt, die als besonders unempfindlich gegenüber Trockenheit und anderen Belastungen gelten. In Göppingen wurden beispielsweise am Bahnhofsplatz japanische Perlschnurbäume gepflanzt.

Problematisch:
In der Vergangenheit sind Versuche mit unempfindlichen Pflanzen aus anderen Regionen der Welt aber auch immer mal wieder schief gegangen – zum Beispiel, weil sie anfingen sich unkontrolliert auszubreiten und die heimische Pflanzenwelt bedrohten. So gilt etwa der im 18. Jahrhundert aus China nach Europa importierte Götterbaum zwar als resistent gegenüber Trockenheit und Umweltverschmutzungen, doch in wärmeren Regionen Europas breitet er sich inzwischen so stark aus, dass dringend davon abgeraten wird, ihn zu pflanzen.

Empirisch:
Die meisten Kommunen, darunter auch Göppingen, orientieren sich deshalb an den Empfehlungen der Landesanstalten für Wein- und Gartenbau. Diese erforschen wie verschiedene Gehölze auf schwierige Standorte reagieren und inwieweit sie heimische Arten gefährden können.