Bislang studieren rund 1000 junge Menschen am Standort Göppingen der Hochschule Esslingen. Foto: /Horst Rudel

Seit die Hochschulleitung den Umzug der Fakultät Mechatronik-Elektrotechnik angekündigt hat, sorgen sich die Göppinger Akteure um den Hochschulstandort.

Göppingen - Der Aufbruch in neue Zeiten könnte für den Hochschulstandort Göppingen schmerzhaft werden. Göppingen droht die Fakultät Mechatronik-Elektrotechnik zu verlieren, wenn die Pläne von Christof Wolfmaier die Hochschulgremien passieren. Der Rektor der Esslinger Hochschule will die Fakultät an den Standort Esslingen holen und dort mit dem traditionell starken Maschinenbau verschmelzen. Kompetenzen bündeln und durchlässige Strukturen schaffen, so lauten Wolfmaiers Ziele, die er als Vision 2030 betitelt hat und die darauf abzielt, die Zahl der Fakultäten von bisher elf auf sechs zu verringern. Diese Pläne rufen in Göppingen Unmut hervor.

Die Göppinger Akteure reagieren verärgert

Überrascht und verärgert haben der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till (CDU), der Göppinger Landrat Edgar Wolff und der hiesige IHK-Präsident Wolf Ulrich Martin auf die Nachricht vom geplanten Rückzug der Fakultät Mechatronik-Elektrotechnik reagiert. Es drohe der Verlust von Innovation, Fachkräftenachwuchs und Standortattraktivität im Kreis.

„Es ärgert mich, dass manche Leute in Esslingen den Standort Göppingen der Hochschule nicht wahrnehmen, und wenn überhaupt, dann nur als Wurmfortsatz“, sagte Guido Till. Er sei sehr verärgert über die Pläne des Hochschulrektors. Der Göppinger Oberbürgermeister formulierte bei einem Gespräch mit Medienvertretern gemeinsam mit dem Landrat und dem IHK-Präsidenten eine an die Esslinger Hochschulleitung adressierte Liste von Forderungen.

In Sorge, dass der Hochschulstandort geschwächt werden könnte

Demnach müsse die Fakultät in jedem Fall in Göppingen erhalten bleiben. Ansonsten sei der hiesige Hochschulstandort insgesamt in Gefahr. Der alleinige Verbleib der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen, wo nur rund 300 der insgesamt 1000 Göppinger Studentinnen und Studenten ausgebildet werden, würde Göppingen als Hochschulstadt schwächen. Außerdem verlangt Till eine Namensänderung in Hochschule Esslingen-Göppingen, was bei der Gründung des Göppinger Standorts versäumt worden sei.

„Wir brauchen vor Ort im technisch-industriellen Bereich den Transfer von Know-how und die Elite der Studenten für die Betriebe“, erklärte der IHK-Präsident Martin, der einen Schulterschluss mit der Landesregierung ankündigte.

Der Landrat spricht von einer Hiobsbotschaft

Und der Landrat Edgar Wolff sprach von einer Hiobsbotschaft, „die uns gerade noch gefehlt hat“. Wolff warnte vor einem drohenden Innovationsverlust für den Kreis Göppingen und erinnerte daran, dass es hier im Bereich Mechatronik eine „einzigartige Verbindung zwischen Forschung und Entwicklung“ gebe. Immerhin biete der Kreis Göppingen, nicht zuletzt dank des Landesnetzwerks Mechatronik und der Fabrik 4.0., einer Smart Factory in der Gewerblichen Schule, Unternehmen und ihrem Nachwuchs attraktive Arbeits- und Lernbedingungen.

Die Göppinger Akteure verweisen außerdem auf die hochschulpolitische Dimension der angekündigten Veränderungen. Göppingen sei landesweit ja wohl der einzige gefährdete Hochschulstandort, sagte Till und erinnerte an die Bestrebungen früherer Landesregierungen, die angesichts des schwächelnden Maschinenbaus in den 1980er Jahren Hochschulneugründungen und neue Standorte bewusst in der Fläche vorangetrieben hatten, um dem Strukturwandel zu begegnen. „Warum soll das Rad nun zurückgedreht und alles in Esslingen konzentriert werden?“, fragte Till.

Der Hochschulrektor wünscht sich für Göppingen einen innovativen Studiengang

Der Standort Göppingen sei nicht in Gefahr, erklärte seinerseits Wolfmaier auf Anfrage unserer Zeitung. „Wir sind uns mit dem Ministerium einig, wir wollen in Göppingen 1000 Studierende halten“, sagte er. „Aber wenn Sie an dem festhalten, was heute ist, verhindern Sie Zukunft.“ Doppelstrukturen müssten abgebaut werden. Wenn er sich etwas wünschen könnte, würde er sich für den Campus Göppingen einen neuen Studiengang wünschen aus dem Themenfeld Künstliche Intelligenz, Cyber-IT und Digitalisierung. Denn es sei die Verantwortung der Hochschule, immer einige Jahre voraus zu sein, um die Studierenden für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Deshalb sollten sich jetzt die Fakultäten für Querschnittsaufgaben öffnen und die Dynamik aus der Gesellschaft aufnehmen, sagte Wolfmaier.

Die Mechatronik soll besser vernetzt werden

Das gelte auch für die Mechatronik, die immer mehr an Bedeutung gewinne, weil sie überall zu finden sei, von Industrieanlagen bis hin zur Medizintechnik. Dieses Pionierfach habe sehr erfolgreich operiert, und es gelte nun, es mit allen anderen Anwendungen im Bereich Maschinenbau, Fahrzeugtechnik, Umwelt- und Gebäude- sowie Medizintechnik zu verknüpfen und gemeinsam weiter zu forschen. Dazu komme möglicherweise ein neues Forschungshaus am Standort Esslingen infrage.

Am Standort Göppingen könne er sich außerdem gut Masterstudiengänge vorstellen. Dafür müsse der Campus allerdings mit einer Freifläche mit Arbeitsplätzen aufgewertet und der veraltete Bau drei abgerissen werden.

Die Göppinger Labore sind zum Teil veraltet

Die Zeit sei reif für Investitionen. Veraltet seien auch teilweise die Labore der Hochschule und der 25 Jahre alte Reinraum. Hier gebe es einen Investitionsstau. Die Ankündigung von Oberbürgermeister Till, die Stadt werde neben der Hochschule einen Neubau errichten und für Hochschulzwecke an das Land vermieten, begrüßte Wolfmaier genauso wie die kommunalen Pläne, zusätzliche Studentenapartmenthäuser zu bauen.