Die Klinik am Eichert hat in den vergangenen Jahren öfter Schlagzeilen gemacht. Foto: /Horst Rudel

Ein Gutachten stellt den Kliniken ein sehr gutes Zeugnis aus. Trotzdem soll sich – auch mit Blick auf ein schweres Unglück vor einem Jahr – einiges ändern.

Göppingen - Der Super-Gau ist erst ein Jahr her: Eine Krankenschwester hatte in der Nachtschicht in der Klinik am Eichert versehentlich mehreren Patienten die falschen Medikamente verabreicht, zwei Menschen starben. Das Unglück hat nicht nur den Ruf der Alb-Fils-Kliniken, zu denen die Klinik gehört, beschädigt und Patienten abgeschreckt. Es habe die Belegschaft auch „nachhaltig verunsichert“, wie der Medizinische Geschäftsführer Ingo Hüttner erzählt. Unter anderem deshalb haben die Kliniken eine Beratungsfirma beauftragt, den Stand der Patientensicherheit in Göppingen und Geislingen unter die Lupe zu nehmen. Jetzt sind die Ergebnisse da.

„Ich würde mich dort ohne Bedenken behandeln lassen. Und mit solchen Aussagen gehe ich sparsam um“, sagt Peter Gausmann, der Geschäftsführer der Gesellschaft für Risiko-Beratung (GRB). Jedes Jahr untersucht die GRB 50 bis 60 Kliniken in Deutschland, Österreich und Italien auf das Thema Sicherheitsstandards hin. Sie beschäftigt sich seit 25 Jahren mit dem Thema.

Gutachten: Im Vergleich mit anderen sehr hoher Sicherheitsstandard

Beide Krankenhäuser der Alb-Fils-Kliniken hätten im Vergleich zu anderen Häusern vergleichbarer Größe einen sehr hohen Sicherheitsstandard, heißt es in dem 180-seitigen Gutachten, für das die Experten vier Tage lang in Göppingen und Geislingen waren, verschiedenste Abteilungen der Klinik, darunter auch die Notaufnahme, untersucht und auch eine Nachtschicht mitgemacht haben. Trotz des Lobs für den hohen Standard, der keineswegs selbstverständlich sei, wie Gausmann betont, haben die Experten auch Verbesserungsmöglichkeiten gefunden – darunter ausgerechnet in der Organisation der Nachtschicht.

Die Klinik hält alle gesetzlichen Vorgaben ein. Und die Untersuchung der Staatsanwaltschaft zu dem Unglück vor einem Jahr wurde mit folgendem Ergebnis abgeschlossen: Es sei allein das Versagen der – eigentlich sehr erfahrenen – Nachtschwester gewesen, das zu dem Unglück führte. Dennoch bemängeln die Gutachter, dass die Pflegekräfte in der Nachtschicht bisher speziell zu Beginn ihrer Schicht um 19.30 Uhr sehr viel zu tun haben. Das Fazit der Experten: Entweder müsse die Klinik mehr Leute für die Nacht einstellen oder die Zahl der Aufgaben reduzieren.

Arbeitszeiten werden umstrukturiert, damit abends mehr Mitarbeiter da sind

Eine andere Erkenntnis der Gutachter, die das Unglück von vor einem Jahr in einem neuen Licht erscheinen lässt: Die Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen an der Klinik könne noch verbessert werden. Und es sei ungünstig, wenn ausgerechnet die Krankenschwestern, die viele verschiedene Aufgaben haben und häufig abgelenkt werden, die Medikamente für die Patienten herrichten.

Die Kliniken haben darauf bereits reagiert und sind zurzeit dabei, die Arbeitszeiten und Aufgaben der Krankenschwestern und -pfleger umzustrukturieren. Der Nachtdienst beginnt in den ersten Abteilungen von Oktober an erst um 21.30 Uhr, der Spätdienst (der deutlich besser besetzt ist) bleibt länger da, nämlich bis 22 Uhr. Dadurch sind in der stressigen Vorbereitungszeit für die Nacht mehr Pflegekräfte im Einsatz. Ob neue Mitarbeiter eingestellt werden müssen, um das neue System umzusetzen, oder ob es ausreicht, Arbeitsabläufe umzuorganisieren, sei noch offen, erklärt die stellvertretende Pflegedirektorin Brigitte Käser: „Das wird auf jeden Fall ein längerer Prozess.“

Krankenschwestern müssen künftig keine Medikamente mehr vorbereiten

Außerdem stellen die Kliniken das System der Medikamentenvergabe komplett um. Was bisher die Pflegekräfte nebenher auf ihrer jeweiligen Station bewältigen mussten, sollen künftig Medizinisch-Technische Assistenten (MTA) übernehmen, die eigens dafür eingestellt werden. Bisher sind vier MTA an die Kliniken gekommen, am Ende werden es wohl etwa acht werden, kündigt Käser an. Die neuen Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen werden ausschließlich für das Herrichten der Medikamente zuständig sein und deshalb bei ihrer Arbeit normalerweise auch nicht unterbrochen oder abgelenkt. „Für die Pflegekräfte bedeutet das eine Entlastung. Sie haben dann künftig mehr Zeit, sich um ihre Patienten zu kümmern“, sagt der Medizinische Geschäftsführer Hüttner.