Der Kreis schiebt das Wohl von Schlaganfallpatienten vor – und ignoriert dabei die Interessen von vielen anderen, findet unsere Autorin Karen Schnebeck.

Göppingen - Das Thema Schlaganfallpatienten im Kreis Göppingen ist komplex. Es gibt so viele Argumente, so viele Zusammenhänge, dass einem schwindlig werden kann. Und natürlich kann man die Frage, ob das Christophsbad seine Neurologen an die Klinik am Eichert schicken sollte, um dort mit den Kreiskliniken ein gemeinsames Schlaganfallzentrum zu betreuen, unterschiedlich beantworten.

Besonders erschwert wird die Debatte dadurch, dass viele Informationen fehlen. Das Gutachten eines Schlaganfallexperten – geheim. Die angeblich finanziellen Verluste, wenn die Kreiskliniken keine Schlaganfälle mehr betreuen – unbekannt.

Besonders ärgerlich an der ganzen Debatte sind aber der Ton, in dem sie geführt wird, die Ergebnisse, die immer schon festzustehen scheinen, und die Scheinheiligkeit, mit der das Wohl der Patienten als Argument vorgeschoben wird.

So hat der medizinische Leiter der Kreiskliniken, Ingo Hüttner, dem Kreistag nachvollziehbar dargestellt, dass es aus der Sicht von Schlaganfallpatienten optimal wäre, wenn Kreiskliniken und Christophsbad zusammenarbeiten würden. Versäumt hat er allerdings, zu erwähnen, dass es im Kreis auch noch viele andere Patienten gibt, etwa die in den 700 Betten der Psychiatrie, der Geriatrie und des Pflegeheims im Christophsbad, die alle von der neurologischen Abteilung vor Ort profitieren. Was wäre mit ihnen, wenn die Neurologie wegzöge?

Als der Leiter des Christophsbads, Bernhard Wehde, im Kreistag vor der Debatte kurz seine Sicht der Dinge darstellte, fehlte nicht viel und er wäre ausgebuht worden – und nach der Sitzung ärgerten sich viele Kreisräte über „Unverschämtheiten“ in seinem Vortrag. Tatsächlich hatte Wehde vieles richtig dargestellt – etwa dass die Schlaganfall-Debatte aus der Sicht des Landes jetzt erst einmal beendet ist.

Und dann kritisiert der Landrat Edgar Wolff, dass nie die Möglichkeit einer Zusammenarbeit zwischen Christophsbad und Kreiskliniken im Eichert untersucht worden sei. Er fordert daraufhin eine solche Untersuchung ein – weiß aber zwei Sätze später schon genau, dass dies die einzige Möglichkeit für eine vernünftige Behandlung von Schlaganfallpatienten im Kreis wäre und überzeugt die Kreisräte davon, genau dies in einem Positionspapier zu verlangen. Eine konstruktive Debatte zum Wohl aller Patienten sieht anders aus.