Spot an für die Windrose auf dem Göppinger Marktplatz, die zu den Partnerstädten weist. Foto: Rudel

Im Schein der Taschenlampe kann Göppingen mit ganz besonderen Reizen locken, hat ein Polizist festgestellt und berichtet darüber bei abendlichen Rundgängen.

Göppingen - Wenn es dunkel wird in Göppingen, wirkt die Stadt besonders friedlich und anheimelnd. Diesen Eindruck möchte offenbar auch der Stadtführer Rudolf Bauer vermitteln und hat eigens eine abendliche Führung durch die illuminierten Straßen konzipiert. Dass Bauer hauptberuflich als Erster Polizeihauptkommissar die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit des Ulmer Polizeipräsidiums leitet, spielt für den überzeugten Göppinger bei seinem ehrenamtlichen Einsatz nur eine Nebenrolle.

Im Schein der Taschenlampe

„Ich erwähne meinen Beruf schon gar nicht mehr, sonst wollen die Teilnehmer nur lauter Räuberpistolen von mir hören, dabei passiert hier ja zum Glück nur sehr wenig“, berichtet Bauer, der Göppingen als eine der sichersten Städte weit und breit bezeichnet. „Hier in der Altstadt können Sie sich eigentlich gar nicht verirren“, startet der 58-Jährige in fröhlich beruhigendem Ton seine Führung durch die abendlich erleuchtete Stadt und lässt Straßennamen wie Schloss- oder Pfarrstraße im Lichtkegel seiner Taschenlampe aufblitzen – lauter Straßen, die genau zu Orten führten, die sie gewissermaßen im Namen tragen.

Römische Straße liegt unter dem Fußboden

Gleich an der ersten Station im Göppinger Rathaus führt Bauer die Gruppe zu den Anfängen der hiesigen Besiedlung. Kaum ist ein großer Schuhabtreter weggeräumt, fällt der Blick durch den gläsernen Fußboden auf Reste einer original römischen Straße. Immer wieder lässt der passionierte Stadtführer seinen Gästen an diesem Abend ein Licht aufgehen. Beispielsweise, als er vor der heutigen Freihofturnhalle, die früher als Feuerwehrmagazin diente und in direkter Nachbarschaft zum Rabbinerhaus und zur Synagoge lag, berichtet, dass dem Göppinger Feuerwehrkommandanten während des Brandanschlags der Nationalsozialisten auf die Göppinger Synagoge 1938 verboten wurde, das Feuer zu löschen.

Beim Weg durch die Pfarrstraße, die zur prächtigen Stadtkirche führt, beleuchtet Bauer kurz die Geschichte der Göppinger Perlenstickerei, lässt seine Gäste den neu gestalteten Schlossplatz mit den ringsum sanierten und illuminierten Stadthäusern genießen, bevor er die Gruppe in das Göppinger Stadtschloss führt. „Der Baumeister hat extra viele Fratzen am Portal angebracht, damit die bösen Geister draußen bleiben. Das hat aber nicht so geklappt, denn heute ist hier ja das Amtsgericht untergebracht“, witzelt Bauer. Die jugendlichen Gäste lachen über solche Kalauer und quittieren die Tiere und Masken, die die Steinmetze einst im Blättergeflecht der bekannten Rebenstiege im Schloss versteckt haben, mit erfreuten Rufen.

Abschied am schönsten Haus der Stadt

Weil Bauer versprochen hat, auch zu den abends eher dunklen Göppinger Ecken zu führen, macht er kurz im Schulergärtle hinter der Stadtkirche halt, wo ein heute wenig beachtetes Denkmal an den Industriepionier Louis Schuler erinnert. Inzwischen sind die Temperaturen auf frische fünf Grad gesunken, und Bauer schlägt eine schnellere Gangart an, während er erklärt, dass die Stelen am Anfang der Hauptstraße die Position des ehemaligen Stadttores markieren und die Fassade des früheren Kaufhauses Bilka (heute Woolworth) aus den 60er Jahren heute denkmalgeschützt sei. Am Ende der Schlossstraße entlässt der Polizist, der für die Freien Wähler im Gemeinderat sitzt, seine Gruppe schließlich am „schönsten Haus der Stadt“, dem Museum Storchen, um stehenden Fußes in die Fraktionssitzung zu eilen.