Almut Cobet hofft auf eine Zukunft in Pforzheim. Foto: Michael Steinert

Nach nur einem Jahr im Amt hat sich die Sozialbürgermeisterin Almut Cobet in Pforzheim für die gleiche Tätigkeit beworben. Sie ist nicht die erste, die der Stadt den Rücken kehrt.

Göppingen - Dass Almut Cobet nicht ihre ganze Amtszeit in Göppingen verbringen würde, damit haben viele gerechnet. Doch dass es so schnell geht, das ist selbst für viele erfahrene Stadtpolitiker überraschend. Die Erste Bürgermeisterin hat jetzt bekannt gemacht, dass sie sich in Pforzheim für das Amt der Sozialbürgermeisterin beworben hat. Für die Stuttgarterin wäre Pforzheim ein weiterer Sprung auf der Karriereleiter. Die parteilose Cobet rechnet sich bei der Wahl am 19. Juni gute Chancen aus, immerhin hat sie schon von 2009 bis 2014 in der Pforzheimer Stadtverwaltung gearbeitet und dort gute Kontakte.

Doch die Karriere ist wohl nicht der einzige Grund, aus dem die Kulturwissenschaftlerin Göppingen nach nur einem Jahr den Rücken kehrt. Tatsächlich hat es seit dem Amtsantritt des Oberbürgermeisters Guido Till (CDU) vor 13 Jahren kein Dezernent allzu lange im Rathaus ausgehalten. Der damalige Baubürgermeister Joachim Hülscher (FW) wurde nach heftigen Auseinandersetzungen mit Till nach einer Amtsperiode abgewählt, ihm folgte Olav Brinker, mit dem Till ebenfalls schnell über Kreuz lag.

Mobbingvorwürfe gegen Till

Im Jahr 2012 wandte sich Brinker mit einem schriftlichen Hilferuf an das Regierungspräsidium und warf Till Mobbing vor. Mittlerweile führt der ehemalige Tiefbauamtsleiter Helmut Renftle das Bauamt, den Till viele Jahre lang als fähigen Mitarbeiter protegiert und als Alternative zu seinen beiden ungeliebten Vorgängern aufgebaut hat. Inzwischen berichten Insider allerdings, dass es auch zwischen Till und Renftle zu kriseln begonnen und sich Till zuletzt abfällig über ihn geäußert habe.

Im Sozialdezernat schien es hingegen lange Zeit friedlich zuzugehen. Als der Sozialbürgermeister Jürgen Lämmle (SPD) 2011 ins Sozialministerium wechselte, wählte der Gemeinderat Gabriele Zull zu seiner Nachfolgerin. Die FW-Politikerin schien lange Zeit gut mit Till zurecht zu kommen – bis sie sich mehrmals eine andere Meinung erlaubte, etwa bei der Gestaltung der Schullandschaft im Teilort Faurndau oder bei der Frage, ob die Chapel im Stauferpark mit Geld der Stadt für den alternativen Kulturbetrieb erhalten werden sollte. Seither galt das Verhältnis als zerrüttet, Insider berichteten, dass Till sie immer wieder so heftig angegangen habe, dass sie entnervt das Rathaus verlassen habe. Am Ende suchte Zull ihr Heil in der Flucht: Sie kandidierte erfolgreich als Oberbürgermeisterin in Fellbach (Rems-Murr-Kreis).

Gutes Verhältnis endet kurz nach der Wahl

Ihre Nachfolgerin Cobet wurde von Till während der Kandidatur unterstützt – vielleicht auch deshalb, so mutmaßen viele Stadträte, weil Till die von der SPD ins Spiel gebrachte Bettina Wilhelm unbedingt verhindern wollte. Das gute Verhältnis zwischen Till und Cobet habe nach der Wahl noch etwa zwei Monate lang Bestand gehabt, erzählen Stadträte. Cobet widerspricht dem nicht.

Natürlich bietet Pforzheim als kreisfreie Stadt mit einem Sozialetat von 200 Millionen Euro im Jahr der 44-Jährigen mehr Gestaltungsmöglichkeiten als Göppingen. Und natürlich wäre der Weg zur Arbeit für die Stuttgarterin etwas kürzer. Doch das ist wohl nur die halbe Wahrheit.

Fraktionen bedauern Cobets Entscheidung

„Die Zusammenarbeit mit dem Oberbürgermeister verläuft leider nicht immer reibungsfrei“, sagt Cobet. Sie kritisiert, dass Till sie zu wenig in die Vorgänge im Rathaus einbinde, obwohl sie seine Stellvertreterin sei. „Ich habe immer wieder darum gebeten, gründlicher informiert zu werden. Warum das nicht passiert, weiß ich nicht“, sagt sie. Und sie bemängelt, dass Till immer wieder in Projekte des Bauamts und des Sozialamts hineinregiere und sie deshalb zu wenig Gestaltungsspielraum habe.

Die Fraktionen bedauern Cobets Entscheidung unisono. Man schätze ihre kompetente und freundliche Art sehr. Der Grünen-Chef Christoph Weber kritisiert allerdings, dass der Gemeinderat, vor allem die CDU und die Freien Wähler, Cobet zu wenig unterstützt habe. Man könne sich, so sagt er und wählt fast die selben Worte, die einst Olav Brinker fand, nicht einen starken Dezernenten wünschen und ihm dann in den Rücken fallen. Doch genau das sei geschehen, unter anderem als das Gremium jüngst einem von Till angestrebten Finanzplan zugestimmt habe, dem viele soziale Projekte zum Opfer gefallen seien.