Der Gemeinderat berät zurzeit den Etat für das kommende Jahr. Foto: Pascal Thiel

Die Gemeinderäte loben den ausgeglichenen Etatentwurf, haben aber auch allerlei Bedenken. Vor allem der zunehmende Investitionsstau macht ihnen Sorgen.

Göppingen - Der letzte Redner bekam am meisten Beifall: Bei den Beratungen zum Haushalt 2018 forderte der Göppinger Einzelstadtrat Stefan Horn am Donnerstagabend, das erst jüngst verabschiedete Parkkonzept für die Innenstadt so schnell wie möglich zu überarbeiten. Die „Brezeltaste“, mit der man für 20 Minuten kostenlos parken kann, führe zu totalem Chaos in der Hauptstraße, das Parken sei „ein Albtraum“. Zwar habe auch er für die Brezeltaste gestimmt, mittlerweile aber müsse er zugeben: „Ich habe einen Fehler begangen.“ Horn sprach damit einem großen Teil der Stadträte offensichtlich aus dem Herzen, auch andere Fraktionen hatten das Thema angesprochen.

Großes Lob von allen Seiten für den Kämmerer

Weniger Einigkeit gab es dagegen bei den Stellungnahmen der Fraktionen zur finanziellen Situation der Stadt. Eigentlich könnten sich die Stadträte und die Mitarbeiter der Verwaltung zufrieden zurücklehnen und sich gegenseitig auf die Schulter klopfen, konstatierte der CDU-Chef Felix Gerber. Die Stadt sei in den vergangenen Jahren als Wirtschafts- und Einkaufsstandort attraktiver geworden, in den Bereichen Jugend, Bildung, Familien und Kultur seien wichtige Impulse gesetzt worden und die finanzielle Situation sei „bestens“. „Wir haben de facto keine Schulden mehr und auf der anderen Seite ein veritables Vermögen von 20 Millionen Euro.“

Das große Lob, das Gerber dem Kämmerer Rudolph Hollnaicher aussprach, wurde im Lauf der Etatberatung zwar von allen Fraktionen wiederholt. Doch so ungetrübt wie bei der CDU war bei ihnen die Freude über die Entwicklung des städtischen Haushalts trotzdem nicht. Immer wieder musste sich die Rathausspitze um den Oberbürgermeister Guido Till auch zum Teil heftige Kritik anhören.

Zu wenig Mitarbeiter im Rathaus?

Vielen Fraktionen macht vor allem der Berg unerledigter Projekte, den die Stadt mittlerweile vor sich herschiebt, Sorgen. Der SPD-Chef Armin Roos kritisierte den „Baurausch“ in der Stadt, der Grünen-Chef Christoph Weber erinnerte an „viele nicht umgesetzte Gemeinderatsbeschlüsse“, etwa zu Citybuslinien nach Jebenhausen, Faurndau und in den Haier.

Wolfram Feifel (FWG) meinte sogar, die Stadt müsse eigentlich ein Jahr mit Investitionen aussetzen, um all die liegengebliebenen Vorhaben zu realisieren. Tatsächlich verschiebt die Stadt seit Jahren Geld, das für bestimmte Projekte zurückgelegt wurde von einem Etat in den nächsten. Feifel bezeichnete diese sogenannten Kreditermächtigungen, die mittlerweile 30 Millionen Euro umfassen, als „Sprengstoff“.

Auch der FDP-Chef Klaus Rollmann kritisierte den „Wildwuchs“ der Kreditermächtigungen und mahnte eine Prioritätenliste an, nach der die Projekte abgearbeitet werden sollten. Außerdem wies Rollmann darauf hin, dass die Stadt zwar schuldenfrei sei, aber nur, solange man ihre Eigenbetriebe nicht einrechne. Michael Freche (Lipi) erklärte, dass das Personal schon seit Jahren nicht ausreiche, um den Investitionsstau abzutragen.

Viele Themen auf den Wunschzetteln

Mit ihren Anträgen wollen die Fraktionen ihre wichtigsten Anliegen voranbringen. Ein kleiner Auszug der Vorschläge, die in den kommenden Wochen beraten werden:

Die CDU fordert die baldige Sanierung der Lerchenberger Straße sowie einiger weiterer Straßen und Wege in den Stadtbezirken, außerdem soll ein Demografiebericht Aufschluss über die Altersstruktur in der Stadt geben, die Stadt soll den Glasfaserausbau vorantreiben, der Wohnmobilstellplatz vor der EWS-Arena soll von der Lorcher Straße weg verlegt werden und die Stadt soll einen zusätzlichen Stellplatz im Stadtgebiet ausweisen.

Die SPD möchte ebenfalls, dass die Straßensanierungen nicht weiter verschoben werden. Von Hohenstaufen nach Göppingen soll eine Downhill-Strecke für Mountainbiker angelegt werden, die Pläne für eine sogenannte Filswelle, mit der man auf dem Flüsschen surfen kann, sollen vorangebracht werden. Die Citybuslinien sollen ausgeweitet werden und die Stadt soll mehr Geld für die Schulsozialarbeit und eine zusätzliche Stelle im Bürgerhaus investieren sowie die Stelle des Integrationsbeauftragten auf 100 Prozent ausweiten.

Von Citybus bis Aktivspielplatz

Die Grünen wollen ebenfalls, dass die Citybuslinien auch die Stadtbezirke anfahren. Außerdem fordern sie, die Stellenbesetzungssperre im Rathaus aufzuheben, denn notwendige Stellen müssten auch besetzt werden. Die Sanierung der sanitären Anlagen auf dem Aktivspielplatz soll unterstützt werden, der Hauptfriedhof zusätzliche Parkplätze bekommen und die Stelle des Integrationsmanagers auf 100 Prozent aufgestockt und entfristet werden.

Die FWG-Fraktion will ein Risikomanagement einführen, um mögliche Probleme bei Projekten frühzeitig zu identifizieren. Dem Baumeister Karl Etzel, dem Erbauer der Bahnstrecke Stuttgart – Ulm, soll für 50 000 Euro ein Denkmal gesetzt werden. Die Stadt soll künftig regelmäßig prüfen, ob der Kostendeckungsgrad von Gebühren ausreicht.

Von Gebührenprüfung bis Entmachtung des Gestaltungsbeirats

Auch die FDP/FW-Fraktion will die Gebühren prüfen. Die Stadtplanung soll auch in den Stadtteilen vorangebracht werden. Es soll darüber hinaus geprüft werden, zu welchen Bauprojekten der Gestaltungsbeirat künftig noch gehört wird. Die Stelle des Integrationsbeauftragten soll auch nach dem Willen der Liberalen aufgestockt werden. Es sollen neue Wohnkonzepte, etwa mit Kleinsthäusern, entwickelt werden.

Die Lipi-Fraktion fordert vier zusätzliche Stellen für den Außendienst des Ordnungsamtes, um das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken. Der Bahnhofsplatz soll künftig Bernhard-Kempa-Platz heißen, der Anteil des sozialen Wohnungsbaus bei der WGG soll erhöht werden, die Stadt soll im Stauferpark – auf der Fläche des Golfplatzes – Wohnungsbau voranbringen, bei den Beratungen zum nächsten Haushalt sollen auch Bürger Ideen und Vorschläge einbringen dürfen. Der Einzelstadtrat Stefan Horn beantragte unter anderem zusätzliche Mitarbeiter für das Bauamt.