Seit das Wachhäuschen auf dem Bahnhofssteg steht und in den Abendstunden mit zwei Wachleuten besetzt ist, fühlen sich vor allem Frauen nicht mehr so ausgeliefert. Foto: Horst Rudel

Eine Idee des Göppinger Oberbürgermeisters erweist sich als Renner: Weil sich viele Bürger auf dem Steg zwischen Jahnstraße und Bahnhof nachts unsicher gefühlt haben, postierte die Stadt dort Wachleute – mit Erfolg.

Göppingen - Als die kleine Holzbude im April plötzlich auf dem Bahnhofssteg stand, der die Fachhochschule, das Parkhaus Jahnstraße, das IHK-Gebäude und die Flüchtlingsunterkunft mit dem Göppinger Bahnhof und der Innenstadt verbindet, haben sich viele Bürger gewundert, was es mit dem hässlichen Ding auf sich haben könnte. „Zu uns sind am Anfang Leute gekommen, die dachten, man könne hier auf die Toilette gehen“, erzählt Stefanie Finckh lachend. Ihr Kollege Panagiotis Paraschakis ergänzt: „Andere wollten bei uns auch schon Fahrscheine kaufen, manche auch ein Eis oder Getränke.“

Inzwischen hat sich in der Stadt herumgesprochen, dass es in der Bude auf dem Bahnhofssteg weder Toiletten noch Tickets oder Erfrischungen gibt. Dennoch sind viele Bürger offenbar sehr froh, dass die kleine Bude dort steht. Denn Finckh und Paraschakis haben etwas für sie im Angebot, dass viele Göppinger gerade im Umfeld des Bahnhofs lange Zeit vermisst haben: Die beiden Mitarbeiter des Wach- und Schließdienstes Göppingen geben ihnen ein Gefühl von Sicherheit.

Viele Bürger fühlen sich im Bahnhofsumfeld unsicher

Zwar hat die Polizei stets betont, dass der Bahnhof mitnichten ein Kriminalitätsschwerpunkt sei, viele Bürger aber haben das in den vergangenen Jahren anders empfunden. Zwar ist der Steg gut ausgeleuchtet, doch auf dem Bahnhofsplatz gibt es einige dunkle Ecken. Die schmuddelige Umgebung, Müll, Gruppen junger Leute, die dort herumsitzen, Betrunkene, junge Männer aus der Flüchtlingsunterkunft, die gemeinsam über den Steg und den Bahnhofsvorplatz in die Innenstadt gehen: All das löste bei vielen Bürgern Verunsicherung aus. Zumal es in der Vergangenheit mehrmals zu Prügeleien zwischen Jugendgruppen am Bahnhof gekommen sein soll.

Der Oberbürgermeister Guido Till (CDU) hat deshalb Anfang des Jahres angeregt zu testen, ob ein Wachdienst auf dem Steg die Situation verbessern könnte. Seit April sind nun jeweils zwei Wachleute von Montag bis Samstag von 17 bis 23 Uhr dort im Dienst. „Ich bin sehr erleichtert darüber, dass die Stadt das gemacht hat“, sagt eine ältere Dame, die am späten Montagabend mit ihrem Mann in Richtung Jahnstraße geht. „Ich komme hier öfter entlang. Früher hatte ich da immer etwas Angst.“ Ihr Ehemann ist ebenfalls froh über die Wachleute. Er selbst habe zwar keine Angst, berichtet er. „Aber mich beruhigt, dass meiner Frau jetzt auch nichts mehr passieren kann, wenn ich nicht dabei bin.“

Von Oktober an ist der Wachdienst täglich im Einsatz

Dass sich Tills Idee mit den Wachleuten längst zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt hat, haben auch die Stadträte erkannt. Deshalb stimmten sie jüngst im Finanzausschuss dem Vorschlag der Verwaltungsspitze zu, die Dienstzeiten von Finckh, Paraschakis und ihren Kollegen auszuweiten. Die Stadt lässt sich den Wachdienst in diesem Jahr insgesamt rund 80 000 Euro kosten. Von Oktober an sind die Wachleute nun täglich von 17 bis 24 Uhr auf dem Steg.

Und die Chancen stehen gut, dass sie ihren Dienst dort auch künftig tun. Denn die Zahl der unangenehmen Situationen scheint sich deutlich verringert zu haben, seit sie das Wachhäuschen bezogen haben. Und das soll auch so bleiben. Als sie im April angefangen hätten, seien immer wieder mal Frauen belästigt worden, außerdem sei es ab und zu kleineren Diebstählen gekommen, erzählen Finckh und Paraschakis. „Aber inzwischen ist das viel weniger geworden“, sagt Paraschakis.

Bürger schätzen Hilfsbereitschaft

Zu tun haben die Wachleute trotzdem genug. Immer wieder helfen sie beispielsweise Reisenden aus der Patsche, die etwa einen Kinderwagen dabei haben oder gehbehindert sind und nicht vom Bahnsteig wegkommen, weil die Aufzüge streiken. In solchen Fällen packen die Wachleute mit an und helfen tragen – obwohl eigentlich die Bahnpolizei für den Bahnhof und die Bahnsteige zuständig ist. „Aber wir lassen natürlich niemanden einfach stehen“, sagt Stefanie Finckh.

Die Bürger wissen die zusätzliche Sicherheit und die Hilfsbereitschaft der Wachleute zu schätzen. „Viele grüßen jeden Tag, wenn sie vorbeikommen“, erzählt Paraschakis. An Ostern habe eine Passantin sogar Schokoladeneier vorbeigebracht.