Ingrid (rechts) und Otto Weiß kennen das Geheimnis einer guten Ehe. Foto: Rilling

Ingrid und Otto Weiß sind seit 70 Jahren ein Ehepaar und haben Gnadenhochzeit gefeiert.

Wangen - Vor der Heirat ist ein Versprechen fällig gewesen: „Ich habe meiner Frau gesagt, dass ich sie als Norddeutsche nur heirate, wenn sie lernt, wie man richtige Spätzle macht“, erzählt der aus Bad Mergentheim stammende Otto Weiß. Klar: Liebe geht durch den Magen, wie schon ein Sprichwort sagt. Ingrid Weiß aus Rostock hat das Versprechen gehalten, bei der Spätzle-Zubereitung wurde die gelernte Bankkauffrau eine richtige Expertin.

Seit 70 Jahren sind Ingrid und Otto Weiß ein Ehepaar. Am 12. September haben sie das seltene Fest der Gnadenhochzeit gefeiert, zu dem auch Bezirksvorsteherin Beate Dietrich gratulierte und Bürgermeisterin Isabel Fezer, die die Glückwünsche von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster überbrachte. Ein Foto der damals 16-jährigen Schwägerin seines Bruders Karl hatte 1939 dem 24-jährigen Otto Weiß auf den ersten Blick gefallen. Ein halbes Jahr später lernte er die Tochter eines Universitätsbuchhändlers bei einer Silvesterfeier in Rostock kennen. Getraut wurde das Paar im Kriegsjahr 1942 in der Liebfrauenkirche in Bad Cannstatt, wo Otto Weiß als Soldat in der Reiterkaserne die Möglichkeit hatte, eine zweispännige Kutsche zu organisieren. „Das war natürlich sehr romantisch“, sagt Ingrid Weiß. Sie hatte ein weißes Brautkleid an, einen Nelkenstrauß in der Hand, der Ehemann trug Uniform: „Das war damals so üblich, ich hätte Frack und Zylinder vorgezogen“, sagt Otto Weiß. „Zunächst war geplant, dass wir in Rostock heiraten, doch mein Elternhaus war nach einem Fliegerangriff zerstört“, erzählt Ingrid Weiß. Die damals 18-Jährige reiste zur Hochzeit nach Stuttgart, nahm ein Hotelzimmer in Bad Cannstatt, wo sie der Bräutigam nicht besuchen durfte. Ihm verwehrte ein Portier den Eintritt. Schließlich seien sie noch nicht verheiratet. „Das waren noch Zeiten“, sagt Ingrid Weiß: „Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“ Was das Paar sehr viel mehr traf: schon wenige Tage nach der Hochzeit musste Otto Weiß wieder zu seiner Einheit zurück. „Ich wusste nicht, ob ich ihn jemals wieder sehe“, sagt Ingrid Weiß. Nach dem Krieg wurde Otto Weiß Leiter einer Filiale der Firma Nanz in der Ulmer Straße, später war er bis zum Ruhestand bei der Firma Fisch-Moll in Bad Cannstatt als Prokurist tätig.

Seit 1946 wohnt das Ehepaar in der Munderkinger Straße in Wangen. Das Ehepaar hat drei Söhne, Jürgen, Michael und Andreas, die Tochter Ursula, neun Enkelkinder und drei Urenkel. Die kleinste Urenkelin Elli kam vor einigen Wochen zur Welt. Was man jungen Paaren raten kann, damit sie gleichfalls eine gute Ehe führen, die Bestand hat? Otto Weiß hat die Antwort schnell parat, er zitiert einen Satz des israelischen Schriftstellers Ephraim Kishon, der ihn sofort überzeugt habe: „Hinter einer langen Ehe steckt immer eine kluge Frau.“