Die Eheleute Mammoser haben im Jahr 1948 geheiratet. Foto: Lichtgut/Susanne Kern

Karl Friedrich und Ilse Mammoser feiern in Hedelfingen ihre Gnadenhochzeit. Sie sind seit 70 Jahren glücklich verheiratet. Damals gab es ein ganz besonderes Hochzeitsgeschenk.

Stuttgart - An ihre Trauung in der Stadtkirche in Bad Cannstatt im Jahre 1948 können Karl Friedrich (91) und Ilse Mammoser (91) sich noch gut erinnern. Wie kalt es bei der Feier danach war, die sie im Kursaal abhielten. Auch dort hatte der Krieg seine Spuren hinterlassen, die Fenster waren eingeschlagen und mit Pappdeckeln verklebt, alle Gäste mussten ihre Essensmarken zur Feier mitbringen. „Das beste Hochzeitsgeschenk war ein Riesenbrotlaib“, sagt Ilse Mammoser und veranschaulicht mit beiden Armen den Durchmesser. „Den haben wir mit auf Hochzeitsreise genommen, zusammen mit einem halben Pfund Butter für 250 Mark.“

21 Jahre waren die frisch Vermählten damals alt, in ihrem Wohnzimmer neben der Tür hängt ein gerahmtes Schwarz-Weiß-Bild. Die Hochzeit war bescheiden, das Eheleben wunderbar. 70 Jahre lang sind sie inzwischen verheiratet, wofür der Hedelfinger Bezirksvorsteher Kai Freier den Eheleuten eine Urkunde überreichte. „Bei einer Gnadenhochzeit war ich bisher noch nie“, sagt er und drückt der weißhaarigen Ilse Mammoser die Hand. „Das wird Ihnen wohl auch nicht mehr so häufig passieren“, antwortet sie gut gelaunt, „Die Menschen heiraten heute so spät und lassen sich so schnell wieder scheiden.“ Als Freier die Urkunde verliest, blickt Karl Friedrich seine Frau unverwandt an. Er ist ein kleiner, schmaler Mann, stiller als seine lebhafte Frau, obwohl auch ihm manchmal ein dröhnendes Lachen entweicht. Seine weißen Haare bauschen sich wie Watte über seinem Hemdkragen. Bevor sie das Foto schießen, zupft Ilse Mammoser ihrem Mann liebevoll den Hosenträger zurecht, der unter seiner Weste hervorschaut.

Zwei Töchter und vier Enkel

Die ersten zehn Jahre ihrer Ehe gab das junge Paar Tanzunterricht in Bad Cannstatt. Aber dann ging die Familie vor. Ihre Tochter litt als kleines Kind drei Wochen lang an Hepatitis, was den Eltern große Sorgen machte. „Aber es ist ja alles gut gegangen“, sagt Frau Mammoser lächelnd und deutet auf ein Foto im Bücherregal, auf dem eine hübsche schwarzhaarige Frau zu sehen ist. Neben ihren beiden Töchtern haben die Mammosers auch vier Enkel, die aus anderen Rahmen herauslächeln.

„Vielleicht hält unsere Ehe deshalb so lange“, sagt Frau Mammoser nachdenklich. „Weil am Anfang alles so schwer war, haben wir immer alles gemeinsam gemacht. Wir sind immer Hand in Hand gegangen, bis ich meine Krücken gebraucht habe.“ Neben dem Tanzen war das Singen eine große Leidenschaft der beiden. Über der Tür zur Küche hängt ein Bild der römischen Kirche Peter Paul vor den Mauern.

Bis vor zwei Jahren noch gesungen

„Da haben wir auch mal gesungen“, erwähnt Frau Mammoser, als sei es nicht der Rede wert. „Und auch im Petersdom, als Papst Benedikt seine neuen Kardinäle ernannt hat.“ Sie haben in Ihren Achtzigern noch gesungen? „Wir haben bis vor zwei Jahren noch gesungen“, sagt Frau Mammoser schlicht. „Wenn uns die Gnade erwiesen wird und wir noch fünf Jahre leben, hätten wir die Juwelenhochzeit, aber dann ist wirklich Feierabend“, sagt sie und Herr Mammoser lässt sein dröhnendes Lachen hören.