Der Einhorntunnel kurz vor der Fertigstellung: Von Montag an soll das Stauchaos in und um Schwäbisch Gmünd ein Ende haben. Foto: Schütte

Aufatmen zwischen Stuttgart und Ostwürttemberg: Am Montag, 25. November, wird der 2,2 Kilometer lange Gmünder Einhorn-Tunnel für den Verkehr freigegeben. Das schlimmste Nadelöhr auf der wichtigsten Verkehrsader zwischen Stuttgart und Ostwürttemberg (B 29) ist damit beseitigt.

Aufatmen zwischen Stuttgart und Ostwürttemberg: Am Montag, 25. November, wird der 2,2 Kilometer lange Gmünder Einhorn-Tunnel für den Verkehr freigegeben. Das schlimmste Nadelöhr auf der wichtigsten Verkehrsader zwischen Stuttgart und Ostwürttemberg (B 29) ist damit beseitigt.

Schwäbisch Gmünd - Die Planungs- und Baugeschichte des Projekts war ein Drama. Vor zehn Jahren war der damalige Landesverkehrsminister Ulrich Müller (CDU) schon mal drauf und dran, den bereits begonnenen Tunnelbau zu stoppen. Er beschuldigte seinerzeit die rot-grüne Bundesregierung, den Osten Deutschlands zu bevorzugen und Baden-Württemberg viel zu wenig Geldmittel für den Bundesfernstraßenetat zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde der erste Spatenstich für das Jahrhundertprojekt im Zuge der B 29 schon im Herbst 1998 zelebriert. Die Stadtväter gingen trotz aller Warnungen zur Frage der Finanzierbarkeit mit dem in den 80er Jahren fixierten Tunnel-Vorentwurf – der Maximallösung – volles Risiko ein.

Es folgten Jahrzehnte des Hoffens und des Bangens – eine Zitterpartie im Finanzierungs- und Planungsdreieck zwischen Berlin, Stuttgart und Schwäbisch Gmünd jagte die andere. Während kurz vor Baubeginn noch von Kosten von 100 Millionen Mark die Rede war, ist das Projekt nun bei 280 Millionen Euro gelandet. Über zusätzliche Aufwendungen durch Pannen wird noch gestritten. So verhinderte eine undichte Löschwasserleitung eine bereits früher geplante Tunneleröffnung. Ursprünglich gab es die Hoffnung, dass der Tunnel 2012 in Betrieb gehen könnte.

Damit staute sich ein gigantisches Problem auf. Die Stadt bereitet sich mit etlichen Sanierungsprogrammen und Brückenbauten auf die Landesgartenschau 2014 vor. Die ganze Innenstadt gleicht einer Baustelle. Der Bauzeitenplan war an die Fertigstellung des B-29-Tunnels geknüpft, weil im Bereich des alten Trassenverlaufs der Bundesstraße sogar das Herzstück der Landesgartenschau gestaltet wird. Die Folgen: totales Verkehrschaos mit Vierzigtonnern, deren Trucker sogar die Fußgängerzone Marktplatz durchqueren, wenn sie sich nicht sogar unter viel zu niedrigen Brücken verkeilen.

Zwei Kavernen, groß wie eine Sporthalle, in Berg gesprengt und gebaggert

Der Gmünder Einhorn-Tunnel ist vollgestopft mit hochmoderner Steuerungstechnik und Sensorik für Überwachung und Sicherheit. Aus Angst vor Schäden in der historischen Altstadt kurvt der Tunnel in weitem Bogen nördlich um Gmünd herum. Der Mittelpunkt des Tunnels liegt in einem Bergmassiv mit einer Überdeckung von rund 130 Metern bis zur Erdoberfläche. Dazu unterfährt die Trasse die Rems sowie die Bahnlinie und durchschneidet schwierige geologische Schichten. An beiden Tunnelenden mussten bis zu drei Meter dicke Fundamente und Wände betoniert werden, um ein Aufschwimmen der Konstruktion bei extremen Hoch- und Grundwasserbedingungen zu verhindern. Zudem ist die gesamte Röhre mit einer doppelwandigen Betonschicht plus Kunststoffeinlagen so wasserdicht gebaut wie das Becken eines Hallenbads. Jeder Wassereinbruch wäre fatal, weil es sich um eine Trogkonstruktion handelt. Das wäre wie eine gigantische Badewanne, jedoch ohne Stöpsel und Abfluss an der tiefsten Stelle.

Der Tunnel erhielt zudem ein gigantisches Entrauchungs- und Abluftsystem mit einem eigenen Elektrizitätswerk (Trafos, Notstromversorgung). Hierzu mussten zwei Kavernen, jeweils so groß wie eine Sporthalle, in den Berg gesprengt und gebaggert werden. Von dort, tief unten, wurde ein 157 Meter hoher Kaminschacht hochgebohrt, von einem Schornstein gekrönt. Allein dieser vertikale Tunnelbau für die Abluft ist so groß, dass man darin den Betonschaft des Stuttgarter Fernsehturms aufstellen könnte. Sicherheitstechnisch musste der Einhorn-Tunnel nachgerüstet werden. Die Problematik: Ursprünglich war ein vierstreifiger Ausbau mit zwei getrennten Fahrröhren vorgesehen. Wegen der Kostenentwicklung wurde jedoch das Projekt auf eine Röhre reduziert. Nach schlimmen Erfahrungen bei Brandkatastrophen in vergleichbaren Alpentunneln wurden die Bauvorschriften derart verschärft, dass der Gmünder Tunnel ohne Fluchtmöglichkeiten gar nicht mehr genehmigungsfähig gewesen wäre. Eilends bekam er deshalb sechs Querstollen, die zu einem parallel zur Fahrröhre verlaufenden Rettungstunnel führen.

Der Preis für die Verkehrsentlastung der Gmünder Innenstadt und für die bessere Verknüpfung Ostwürttembergs mit dem Wirtschaftsraum Stuttgart ist hoch: Zähneknirschend nimmt Ostalb-Landrat und zukünftiger Tunnel-Betriebsträger Klaus Pavel zur Kenntnis, dass der Tunnel pro Jahr laufende Kosten in Höhe von einer Million Euro verursachen wird. Nicht nur er, sondern auch andere Politiker glauben, aus heutiger Warte betrachtet, dass ein solch komplexes und teures Verkehrsbauwerk für zwei Kilometer Ortsumfahrung aufgrund der aktuellen finanzpolitischen Situation wohl nie mehr zur Genehmigungsreife kommen würde.