Die Regierung will Insekten besser schützen. Foto: dpa

Glyphosat-Ausstieg, ein neues Tierwohl-Kennzeichen für Verbraucher, mehr Millionen für den Naturschutz: Die Regierung will dafür sorgen, dass Bauern schonender wirtschaften. Es gibt aber prompt Kritik.

Berlin - Die Landwirtschaft in Deutschland soll mit einem strengeren Insektenschutz und neuen Anreizen umweltfreundlicher werden. Das Bundeskabinett beschloss dafür am Mittwoch ein Paket von Regelungen, das ein Verbot des besonders umstrittenen Unkrautgifts Glyphosat bis Ende 2023 vorsieht. Für Supermarktkunden soll ein neues Logo kommen, das Schweinefleisch aus besserer Tierhaltung anzeigt - wenn Bauern freiwillig mitmachen. Aus den wichtigen EU-Agrarzahlungen an die Höfe soll mehr Geld für Umweltmaßnahmen reserviert werden.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sprach von einem „starken und wirksamen Aktionsprogramm“ gegen das dramatische Insektensterben. „Wir wollen fördern, was Insekten nützt, und vermeiden, was Insekten schadet.“ Dafür soll der Einsatz von Unkraut- und Schädlingsgiften insgesamt stark eingeschränkt werden.

Pflanzenschutzmittel, die der biologischen Vielfalt schaden, sollen ab 2021 in Naturschutzgebieten und anderen geschützten Zonen tabu sein. Zwischen Anwendungsgebieten und Gewässern müssen fünf Meter Abstand sein, wenn der Gewässerrand dauerhaft begrünt ist - sonst sogar zehn Meter. Der Bund will pro Jahr zudem 100 Millionen Euro zusätzlich als Förderung geben.

Die Anwendung von Glyphosat soll zum Stichtag 31. Dezember 2023 verboten werden. Dann läuft auch die Genehmigung in der EU inklusive Übergangsfrist aus, wenn die EU-Staaten sie nicht erneut verlängern. Ab 2020 soll bereits mit einer „systematischen Minderungsstrategie“ die Anwendung „deutlich“ eingeschränkt werden. Geplant ist etwa ein Verbot für Haus- und Kleingärten, öffentliche Flächen wie Parks, sowie Einschränkungen für Bauern, darunter ein Verbot der Anwendung vor der Ernte. Das soll etwa drei Viertel der Einsatzmenge vermeiden.

Glyphosat tötet Unkraut und andere Pflanzen ab, weshalb Naturschützer es als schädlich für die ökologische Vielfalt kritisieren. Es steht außerdem im Verdacht, krebserregend zu sein.

Agraministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, Pflanzenschutzmittel würden zur Sicherung der Ernten gebraucht, es gehe um einen zielgenauen Einsatz. Das Aktionsprogramm ist noch kein Gesetz, dies soll erst in den kommenden Monaten folgen.

Für das staatliche Tierwohl-Logo beschloss das Kabinett einen Gesetzentwurf, der die Rahmenbedingungen regelt. Supermarktkunden sollen daran bald Schweinefleisch aus besserer Haltung erkennen können. Bauern können es demnach freiwillig nutzen, müssen dann aber verbindliche Kriterien wie mehr Platz im Stall einhalten. Geplant sind drei Stufen mit jeweils steigenden Anforderungen, die klar über den gesetzlichen Anforderungen liegen. Vorgesehen sind regelmäßige Kontrollen und bei Verstößen Sanktionen bis hin zu Gefängnisstrafen.

Klöckner sprach von einem Angebot an Tierhalter und Verbraucher, die mehr Klarheit bekämen. Dies sei eine Chance, mehr für das Tierwohl zu tun und das EU-Recht im Blick zu behalten. Ein nationaler Alleingang wäre - wie bei der geplatzten Pkw-Maut - wenig erfolgversprechend. Von der SPD im Bundestag kam indes umgehend Kritik. „Ohne eine Verpflichtung wird es kein Label geben“, sagte Fraktionsvize Matthias Miersch der dpa. Die SPD werde die „ausschließlich auf Freiwilligkeit basierende Hochglanzpolitik“ Klöckners nicht mitmachen.

Bei der EU-Agrarförderung soll im kommenden Jahr mehr Geld von den Direktzahlungen an die Höfe in den Naturschutz umgeschichtet werden - nämlich sechs Prozent statt der bisherigen 4,5 Prozent. Damit stünden 75 Millionen Euro mehr für den Umweltschutz bereit, sagte Klöckner - wenn Landwirte dies nützten, könnten 90 Prozent der umgelenkten Mittel wieder zu ihnen fließen. Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte die Umschichtung als zu gering.

Bauernpräsident Joachim Rukwied lehnte das Gesamtpaket als „für die Landwirte toxisch“ ab. Es sei „im Grundsatz eine agrarpolitische Fehlentscheidung“, wenn über das geltende Fachrecht hinaus Auflagen die Landwirtschaft belasteten und in ihrer Wettbewerbsfähigkeit deutlich schwächten, sagte er mit Blick auf das geplante Verbot von Herbiziden in vielen Arten von Schutzgebieten.