Junge Männer gehören zur Risikogruppe, wenn es um Spielsucht geht. Damit sie nicht in die Sucht abrutschen, hat Lotto Baden-Württemberg die App Joker entwickeln lassen.
Stuttgart - Rund 4800 Stuttgarter sind nach Angaben der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart (Eva) spielsüchtig oder haben zumindest ein problematisches Spielverhalten. In der Landeshauptstadt haben sie legal in 123 Spielhallen und 33 Wettbüros die Möglichkeit zum Zocken. Obwohl die Zahl der Etablissements, in denen Automaten stehen, zurückgegangen ist, ist das Spiel an den Automaten unter den Glücksspielen immer noch am problematischsten: Rund 300 von 275 Spielsüchtigen und den 100 Spielern ohne Diagnose, die im vergangenen Jahr bei Lutz Hilfe gesucht haben, stecken ihr Geld in die Automaten.
Baustein zum Spielerschutzprogramm
Die Gefahr, in die Spielsucht abzurutschen, ist laut Statistik bei jungen Männern ohne Ausbildung und Arbeitsplatz und mit Migrationshintergrund am größten. Damit es nicht soweit kommt, hat die staatliche Toto-Lotto Gesellschaft Baden-Württemberg bei der Lörracher Präventionseinrichtung Villa Schöpflin für 50 000 Euro ein Vorsorgeprogramm entwickeln lassen: die Smartphone-App Joker, mit der die jungen Spieler ihr Spielverhalten selbst kontrollieren und ihr Einsatzlimit festlegen können. Ergänzend schulen Mitarbeiter der Villa Schöpflin Lehrer der Jugendberufshilfe, damit sie in ihren Klassen einen fünfstündigen Workshop zum Thema Spielsucht abhalten können. „In deren Klassen sind häufig junge Leute ohne Schulabschluss und Arbeitsplatz, also genau die Gruppe, die anfällig für Glücksspiele ist“, sagt Peter Eichin, Geschäftsführer der Villa Schöpflin. In dem Workshop begeben sich die jungen Leute in eine virtuelle Spielhalle, diskutieren über den Einfluss von Alkohol aufs Spielverhalten und hören Interviews mit spielsüchtigen Jugendlichen. Getestet wurde die neue App bereits unter anderem in Freiburg und Lörrach. Von September an soll das Programm mit App und Workshop im badischen Raum und im kommenden Jahr in Württemberg an den Start gehen.
Das neue Angebot ist laut Lotto-Geschäftsführerin Marion Caspers-Merk ein weiterer Baustein des Spielerschutzprogramms. Das Spielerschutzprogramm ist gesetzlich vorgeschrieben. Der neue Baustein sei aber eine freiwillige Leistung, versichert Caspers-Merk. Im Rahmen des Spielerschutzes kontrolliert Lotto regelmäßig, die Annahmestellen, den Glücksspiele sind erst ab 18 erlaubt, legt dort Flyer mit Informationen über Beratungsstellen aus.
Spielsüchtige meiden Therapien
Volker Schmidt, bei der Stuttgarter Polizei unter anderem für illegales Glücksspiel zuständig, hält das Suchtpotenzial beim Lottospielen für gering. „Der Süchtige will ein hohes Risiko spielen und bei Verlust schnell sein Glück erneut probieren“, sagt er. Gegen das legale Glücksspiel sind er und seine Kollegen machtlos. Zum Einsatz kommen die Beamten beim illegalen Spiel, zum Beispiel dem Poker oder Würfelspiel mit unbegrenztem Einsatz im Hinterzimmer. Oder dann, wenn die Jettons, die man bei den so genannte Fun Games für kostenlose Spiele gewinnen kann, doch in Geld umgewechselt werden. Aufgedeckt wird illegales Glücksspiellaut Schmidt häufig durch Anzeigen von Spielern selbst, die sich über den Tisch gezogen fühlen, oder Anzeigen von deren Partnern. Beim Kampf gegen illegalen Glücksspielen im Internet ist die Polizei dagegen auf verlorenem Posten
Spielsüchtige belassen es nach den Erfahrungen von Suchtberater Sascha Lutz meist bei Beratungsgesprächen. „Eine ambulante Therapie von 12 bis 18 Monaten oder eine dreimonatige stationäre Therapie nehmen die wenigsten wahr“, sagt er. Danach würden etwa ein Drittel der Patienten das Spiel ganz lassen, ein weiteres Drittel die Sucht phasenweise in den Griff bekommen und ein Drittel das Verhalten nicht ändern. Allerdings würden 70 bis 80 Prozent der Menschen mit problematischem Spielverhalten selbst den Weg aus der Problematik finden.