Die neuen Glocken für die Domkirche sind geweiht. Anfang Oktober werden sie zu hören sein. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Stadtdekan Hermes weiht zwei neue Glocken für St. Eberhard

Stuttgart - Es ist der Klang der Unendlichkeit. Als Christian Hermes am Sonntagvormittag vor dem Eberhardsdom auf der Königstraße mit einem festen Hammerschlag die Kostprobe eines reinen Tons erzeugt, geht die Schwingung durch Mark und Bein. Es ist das Hohe C, das bald zusammen mit dem A der zweiten neuen Glocke über der Stadt erklingt.

Bevor es am 7. Oktober anlässlich eines Festgottesdienstes soweit ist, muss der Glockenstuhl ab Juli saniert werden. Doch schon bei der Glockenweihe war deren Kraft zu erahnen. Eine Kraft, die für den katholischen Stadtdekan weit über den weltlichen Bereich hinausgeht. „Jesus lädt uns ein, seine Stimme zu hören“, predigt Hermes im Dom, „diese Glocken werden nichts anderes sein. Sie laden ein“. Sie seien auch eine Aufforderung nach oben zu schauen. Es sei wichtig, in dieser Innenstadt voller Lärm, Konsum und Amüsement einen anderen Akzent zu setzen: „Unter all den Geräuschen ist es ein Klang, der einen in eine andere Dimension bringt.“

Glocken für Stundenschlag

Die Weihe erfolgt in einem festen Ritual. An der Pforte der Domkirche besprengt Hermes die beiden Glocken mit Weihwasser, beräuchert sie mit Weihrauch. salbt sie jeweils an vier Seiten mit Chrisamöl. Dann schlägt er die 350 und 600 Kilogramm schweren Glocken mit einem Filz-Hammer an. Später sollen sie unabhängig von den besonderen Anlässen von 8 bis 21.45 Uhr stündlich schlagen. „Der Stundenschlag weist uns auf Gott und auf die Endlichkeit des menschlichen Lebens hin“, sagt Hermes, „Zeit soll nicht nur herumgebracht werden. Es ist geschenkte Lebenszeit, die wir je nach Berufung erfüllen sollen.“

Insgesamt investiert die Gemeinde 265 000 Euro in die Sanierung des Glockenturms und die neuen Glocken. Davon müssen 161 000 Euro über Spenden aufgebracht werden. Derzeit läuten in St. Eberhard vier Glocken aus der Nachkriegszeit. Die beiden zusätzlichen Glocken der Gießerei Grassmayr (Innsbruck) tragen die Bildnisse von Rupert Mayer und Eugen Bolz. Bolz wurde wegen seines Widerstand gegen Hitler zum Tode verurteilt, Mayer war im Gefängnis und Konzentrationslager und starb kurz nach Kriegsende. Die Mayer-Glocke trägt die Inschrift „Wenn ich schweigen müsste, ich würde viel schwerer leiden.“ Die Bolz-Glocke ziert der Satz „Selig, wer in der Prüfung standhält. Er wird die Krone des Lebens empfangen.“