Dennis Landgraf (mit Schubkarre) ist seit September 2021 bei Fridays for future. Foto: /privat

Am 3. März ruft Fridays for Future zum globalen Klimastreik auf. In Stuttgart wird Dennis Landgraf auf die Straße gehen. Ein Student, der sich gezwungen fühlt, sein Studium schleifen zu lassen.

Es sind etwa 15 000 Menschen gewesen, die an einem sonnigen Mittag am 24. September 2021 in Stuttgart auf der Straße waren, um zwei Tage vor der Bundestagswahl für mehr Klimagerechtigkeit zu demonstrieren. Es war die größte Fridays-for-Future-Demonstration in der Landeshauptstadt – und Dennis Landgrafs erster Klimastreik. Im Nachhinein ein prägendes Erlebnis für den Studenten. „Das war das erste Mal, dass ich etwas politisch gemacht habe“, erzählt der 21-Jährige. Direkt nach der Demonstration suchte Dennis Landgraf den Kontakt zu den Aktivisten und entschied, sich zukünftig im Bereich weltweiter Klimaschutz engagieren zu wollen.

Das ist jetzt fast anderthalb Jahre her. Mittlerweile spricht der Wirtschaftsinformatik-Student in Schulklassen und bei Podien. Seinen Job als Medientechniker hat er gekündigt, das Studium verfolgt er nur nebenher. Er lebt vom Kindergeld und der Vergütung, die er manchmal für Podiumsgespräche bekommt. Seine Priorität ist der Klimaschutz.

Dennis Landgraf informiert Schüler über den Klimawandel.

Viele Diskussionen in der Familie zu Nachhaltigkeit

Der Grund, warum er sich weniger Zeit für Vorlesungen nimmt, klingt aus seinem Mund simpel: „Ich merke, dass ich etwas verändern kann.“ Es bringe ihm nichts, egoistisch zu handeln, wenn die Zukunft generell gefährdet sei. Zwei- bis dreimal in der Woche trifft er die anderen Fridays-for-Future-Aktivisten, die für ihn inzwischen Freunde geworden sind. Seit seinem ersten Streik hat sich Dennis Landgrafs Leben verändert. Er lebt vegan. Von den politischen Vorstellungen seiner Familie habe er sich distanziert, erzählt er. Es gäbe häufiger Diskussionen, wenn er zu Nachhaltigkeit und Falschinformationen aufkläre.

Zu den Menschen, die permanent mit erhobenem Zeigefinger ermahnen, gehöre er aber nicht. Wenn seine Freunde Fleisch essen möchten, akzeptiere er das. „Aber generell merke ich schon, dass ich mich lieber mit Menschen umgebe, die für Fakten zugänglich sind“, sagt Dennis Landgraf.

Lützerath ist auch Thema beim Klimastreik am 3. März

Statt in den Urlaub zu fliegen, war er lieber mit seinen Freunden in Lützerath. Der Weiler in Nordrhein-Westfalen, der im Januar von der Polizei geräumt wurde, damit die darunterliegende Kohle gefördert werden kann, soll auch Thema beim nächsten Klimastreik an diesem Freitag sein. „Die Kohle ist ja immer noch im Boden. Beziehungsweise selbst wenn die Kohle aus dem Boden gehoben wird, ist sie immer noch nicht verbrannt“, erklärt Landgraf. Die Forderung von Fridays for Future: die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, der Ausbau erneuerbarer Energien und die Mobilitätswende. Über die Räumung wurde international berichtet, 15 000 Menschen demonstrierten nach Angaben der Polizei am 15. Januar im Nachbardorf, laut Fridays for Future waren es 35 000. „Ich glaube, Lützerath hat sehr viele neue Menschen auf den Klimaschutz aufmerksam gemacht“, sagt Landgraf.

„Man schaut zu sehr auf seine eigenen Probleme“

Demonstranten, die Flaschen und Böller werfen sowie Polizeiketten durchbrechen – nicht alle Menschen in der Bevölkerung haben dafür Verständnis. Wie weit geht Dennis Landgrafs Protest? „Persönlich merke ich, dass ich mit Worten deutlich mehr anfangen kann als mit Taten.“ Er verstehe aber auch, dass Menschen andere Protestformen wählen. Wer das Wort „Klimaterrorist“ nutzt, sei vielleicht nicht aufgeklärt genug, um das große Ganze zu sehen. „Man schaut als Mensch zu sehr auf seine eigenen Probleme, anstatt das System zu hinterfragen und zu kritisieren“, sagt Dennis Landgraf.

Er vergleicht die Klimabewegung mit der Black-Lives-Matter-Bewegung in den USA und Martin Luther King. Solche Bewegungen entstünden aus Minderheiten, die am Anfang auf große Ablehnung gestoßen wären. Schlussendlich hätten die Menschen aber gemerkt, dass es richtig ist, und es kam zum Fortschritt. „Nur in unserem Fall ist das Problem, dass die Zeit gegen uns arbeitet.“

An diesem Freitag um 14 Uhr wird Dennis Landgraf wieder auf dem Schlossplatz stehen und seine Stimme gegen fossile Brennstoffe, für mehr Klimagerechtigkeit und eine lebenswerte Zukunft erheben.