Karfreitag: Gedenken des Leidens und Sterbens Christi Foto: dpa

An Ostern sind viele fromm und noch mehr haben frei. Wo aber bleibt die Solidarität mit den Armen, Entrechteten und Verfolgten, von der die österliche Botschaft spricht?

Stuttgart - An Ostern kann man eigentlich nur guter Laune sein. Für fromme Kirchgänger ist „Pascham laetam!“ (das lateinische Wort für „Frohes Osterfest“) Mitte und Höhepunkt des Kirchenjahres.Wer als Christ seltener oder gar nicht in den Gottesdienst geht, aus der Kirche ausgetreten ist oder nie dazugehörten, kann sich wenigstens über vier freie Tage freuen. Vorausgesetzt, er muss an Ostern nicht arbeiten – und das sind nicht wenige. Nicht zu vergessen all die kleinen und großen Kinder, die sich an den Osterbräuchen erfreuen.

Ostern ist für alle da

Im Christentum ist Ostern die jährliche Gedächtnisfeier der Auferstehung Jesu Christi. Genaugenommen umfasst dieses Fest drei Tage – weshalb es im Lateinischen „Triduum Sacrum“(heilige Dreitagefeier) heißt. Die Feier beginnt am Gründonnerstag mit der Messe vom Letzten Abendmahl,wird im Gedenken des Leidens und Sterbens Christi am Karfreitag sowie im stillen Gebet der Kirche am Karsamstag fortgesetzt, und endet schließlich in der glanzvollen, von Kerzen und Feuerschein erfüllten Feier der Osternacht.

Soweit die Sache mit der Freizeit und der Theologie. Damit aber ist die Sinnfülle von Ostern noch lange nicht ausschöpft. Man feiert ja nicht nur eine ergreifende religiöse Zeremonie, schläft morgens aus, sucht bunte Eier oder verspeist köstliche Schoko-Hasen. Das jahrtausendalte Fest hat eine Botschaft, die aktueller und brisanter nicht sein könnte. Ostern ist der Quell, aus dem die gesamte christliche Botschaft entspringt: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Dieses Jesus-Wort aus dem Matthäus-Evangelium (Kapitel 22, Vers 39) ist nicht nur ein frommer Spruch, sondern ein klarer politischer Auftrag.

Solidarisch mit denen zu sein, die ausgeplündert, entrechtet und verfolgt werden, ist nicht nur Christenpflicht, sondern Pflicht eines jeden – egal, welcher Religion oder Weltanschauung. In der Kirche zu sitzen und andächtig der Predigt des Pfarrers zuzuhören, das genügt eben nicht, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden. Wer an Ostern glaubt, muss österlich handeln. Was ganz einfach ist, wenn man „Humanitas“ übt – den Dienst am Menschen.

Ostern ganz konkret: Flüchtlingspolitik

Ein aktuelles Beispiel für österliche Bewährungsfelder ist die Flüchtlingspolitik: Bundesregierung und Bundesländer rechnen für dieses Jahr mit 300 000 bis 550 000 Flüchtlingen, die nach Deutschland kommen werden. Die meisten stammen aus dem Nahen Osten. Die Bürgerkriege in Syrien und im Irak haben rund 13,6 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Laut Caritas-International gibt es in Syrien 7,2  Millionen Binnenflüchtlinge. 3,3 Millionen Menschen sind ins Ausland geflohen, vor allem in die Türkei, den Libanon und Jordanien. Allein im kleinen Levante-Staat Libanon haben 1,2 Million Syrer Zuflucht gefunden – bei einer Bevölkerung von rund vier Millionen. Auf das große Deutschland übertragen bedeute das, 18  Millionen Flüchtlinge zu beherbergen und zu versorgen, rechnet Caritas-International vor.

Wer die österliche Botschaft ernst nehmen und in die Tat umsetzen will, kann sich etwa dafür einsetzen, dass Asylsuchende hier zu Lande willkommen geheißen und gut betreut werden und eine Perspektive bekommen. Sprüche wie „Die humanste Flüchtlingspolitik wäre, die Flüchtlinge gleich zurück zuschicken“, die man in der nicht selten sehr einfach geführten Debatte immer wieder hört und liest, sind da fehl am Platz.

Solidarität bedeutet Arbeit, Kosten und Mühen

Echte Solidarität ist für jede Gesellschaft wie für jeden Einzelnen mit viel Arbeit und Frust sowie beträchtlichen Kosten und Mühen verbunden. Gutes tun – das ist leichter gesagt als getan. Doch genau das bedeutet Ostern: Nicht nur zuschauen, sondern anpacken!