Die Finanzminister und Notenbankchefs der großen Industrie- und Schwellenländer (G 20) haben beim jüngsten Treffen in Baden-Baden auch über Austausch von Bankdaten gesprochen. Foto: dpa

Im September erhält Deutschland erstmals Kontoinformationen aus 50 Staaten. Davon erhofft sich die Finanzverwaltung eine Handhabe gegen Steuersünder. Doch viele Länder liegen noch im Verzug.

Berlin - Ende September ist es so weit. Dann soll die Finanzverwaltung Kontoinformationen von deutschen Steuerbürgern aus 52 Ländern erhalten. Wer beispielsweise ein Konto oder ein Depot in Liechtenstein, Luxemburg, Italien oder auf den Kanalinseln besitzt und in Deutschland steuerpflichtig ist, kann nicht mehr auf das Bankgeheimnis vertrauen. Rund 100 Staaten wollen Kontoinformationen künftig automatisch austauschen. Gemeldet werden Kontoguthaben, Veräußerungsgewinne, Zinsen und Einnahmen aus Versicherungsverträgen.

Das Verfahren beginnt im Herbst mit 53 Ländern. Die deutschen Behörden erhalten Informationen und melden ihrerseits die Konten von Ausländern. Der gläserne Bankkunde wird auf globaler Ebene Wirklichkeit. Das Bundeszentralamt für Steuern, das die Datensammlung für die deutschen Finanzämter organisiert, hat alle Vorbereitungen getroffen. Eine Sprecherin der Behörde verweist darauf, dass Deutschland nur an die Staaten Informationen liefert, die sich auf einen gemeinsamen Standard zum Datenschutz verpflichtet haben. Weil es sich um sensible Daten handelt, hilft die Industrieländer-Organisation OECD den Ländern dabei, die Voraussetzungen für Datensicherheit zu schaffen.

Die OECD spricht von großen Fortschritten

Die OECD spricht von großen Fortschritten. Das geht aus einem Bericht an die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) hervor, die sich am Wochenende in Baden-Baden trafen. Die OECD erteilt zwar den 53 Ländern, die in einer ersten Phase im Herbststarten, gute Noten. Alle Staaten hätten dafür die gesetzlichen Grundlagen umgesetzt.

Verzögerungen macht die Organisation aber bei 47 Ländern aus, die im Herbst 2018 mit dem Austausch beginnen wollen. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise die Schweiz, Österreich, die Bahamas, Panama und Singapur. Nach den Vorgaben der OECD hätten diese Länder bis Ende 2016 die Gesetze in Kraft setzen müssen, um von diesem Jahr an Bankdaten zu sammeln. Im nächsten Jahr sollen die Informationen dann ausländischen Behörden zur Verfügung gestellt werden. Doch dem OECD-Bericht zufolge haben 30 Länder noch nicht die gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Es bestehe somit ein Risiko, dass diese Länder ihren Verpflichtungen nicht nachkommen, heißt es in dem Bericht.

Bis Ende Juni gibt die OECD den Staaten noch eine Gnadenfrist, um Versäumnisse nachzuholen. Wenn die Staats- und Regierungschefs dann Anfang Juli zum G-20-Gipfel in Hamburg zusammenkommen, zieht die OECD Bilanz. Die Länder, die nicht kooperieren, sollen auf einer schwarzen Liste stehen. Auf diesem Weg hat die G 20 schon mehrfach Druck auf uneinsichtige Regierungen ausgeübt. Im Falle der Schweiz und Liechtensteins bewirkte schon die Drohung, auf eine schwarze Liste zu kommen, ein Umdenken. In vielen Ländern gehe es um Verzögerungen, nicht um eine Verweigerungshaltung, heißt es.

Für die Datensammlung sollen strenge Standards gelten

Selbst wenn die gesetzlichen Grundlagen stehen, muss sich noch zeigen, ob die Datensammlung wirklich funktioniert. Das beginnt bei den technischen Verfahren. Das Bundeszentralamt erklärt, innerhalb der EU würden die Daten elektronisch über ein gesichertes EU-Netz ausgetauscht. Beim Transfer innerhalb der OECD werde ebenfalls ein elektronisches Übermittlungssystem genutzt, für das strenge Sicherheitsanforderungen gelten sollen.

Die deutsche Politik denkt schon jetzt darüber nach, welche Folgen sich aus dem weltweiten Informationsaustausch von Kontodaten ergeben. Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei wollen die Steuerpolitik danach ausrichten. Sie sind dafür, die Abgeltungsteuer mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent auf Kapitalerträge wieder abzuschaffen.

In diese Richtung denkt auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er kündigte eine Prüfung an. Begründung: mit der Offenlegung aller Auslandskonten gebe es keinen Anlass mehr, Kapitaleinkünfte anders zu behandeln. Vielmehr sollen sie wieder der Einkommensteuer mit dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent unterliegen. Doch in der Union gibt es Bedenken. Ralph Brinkhaus, Vizefraktionschef von CDU/CSU, sagte dieser Zeitung: Die Abgeltungsteuer solle erst auf den Prüfstand gestellt werden, wenn der automatische Informationsaustausch etabliert sei. „Zur Wahrheit gehört auch, dass die Abschaffung der Abgeltungsteuer das Steuerrecht wieder deutlich verkomplizieren wird“, so Brinkhaus.