Einer von Deutschlands besten Songwritern: Gisbert zu Knyphausen Foto: dpa

Der Singer-/Songwriter Gisbert zu Knyphausen hat sich nach oben gespielt. Jetzt gastierte er in der ausverkauften Schorndorfer Manufaktur.

Stuttgart - Schön, dass es so etwas auch noch gibt: Musiker, die nicht durch Hypes oder als One-Hit-Wonder nach oben gespült werden, sondern sich mit musikalischer Güte und inhaltlicher Qualität ihren Weg zu immer größeren Publika bahnen. Aufgebaut wurde Gisbert Wilhelm Enno Freiherr zu Innhausen und Knyphausen, der unter der noch griffigeren Kurzversion Gisbert zu Knyphausen agiert, vor rund zehn Jahren unter anderem auf kleinen Bühnen wie jener des Stuttgarter Merlins. In der Folge führten ihn seine Gastspiele hierzulande dann schon in die Wagenhallen und zu den künstlerisch bestechenden Song Conversations bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen. Und nun gastierte er am Mittwochabend in der seit Langem ausverkauften Schorndorfer Manufaktur, die bis unters Dach zu füllen ja kaum einem Künstler seines Kalibers gelingt.

Gisbert zu Knyphausen hat sich also zu einem der etabliertesten deutschen Singer-Songwriter gemausert, klassisch allein an Mikrofon und Gitarre tritt er jedoch live nicht auf. Eine fünfköpfige Band hat er dabei, die sehr schön besetzt – unter anderem mit Flügelhorn, Posaune, Percussions und einem vorzüglich dezent gespielten Schlagzeug – ein feines Fundament für ihren Vorsteher beisteuert, der im Konzert zwischen E-Piano, akustischer und verstärkter Gitarre wechselt.

Er kann schnell und ruhig spielen

Los geht’s kurz mit ruhigeren Nummern, die sogleich Knyphausens Stärke illuminieren: seine Formulier- und Fabulierkunst, die sich deutlich von der unter jüngeren deutschen Barden weit verbreiteten Betroffenheitslyrik und Inhaltsarmut abhebt. Lakonisch sind seine Verse, nicht politisch, aber auch nie lapidar. Er habe einen Hang zu traurigen Liedern, sagt er später selbst in der Manufaktur, und er frage sich häufig, ob man das den Leuten überhaupt zumuten kann. Das kann man, na klar, und bei aller Melancholie darf man allerdings auch sagen, dass die Skala der inneren Zerrissenheit und hadernden Verzweiflung von anderen Musikern doch noch weitaus deutlicher ausgereizt wird.

Die Stücke kommen in einem ruhig instrumentierten Fluss daher, der zunehmend allerdings auch in eruptiveren Stücken kontrastiert wird. Zumindest live stehen ihm diese Songs an diesem Abend deutlich besser, das Publikum beklatscht sie deutlich frenetischer, und sie zaubern auch weitaus mehr Drang und Energie in die Manufaktur. Doch selbst wenn die Phrase reichlich überstrapaziert ist: Die Mischung macht’s. Auch bei Knyphausen, der in dem arbeitnehmerunfreundlich spät beginnenden, mit zwei Zugaben knapp zweistündigen Konzert allen Besuchern aus Stuttgart freundlicherweise die Chance gibt, schon kurz nach Mitternacht wieder daheim zu sein. Reizvoll ist der stilistische Wechsel zwischen Presto und Largo, zwischen Intensität und Innerlichkeit. Gelungen die Songauswahl aus allen seinen Schaffensphasen, von seinem allerersten selbst geschriebenen Song bis hin zum Titeltrack seines aktuellen Albums „Das Licht dieser Welt“ und dem zum Gedenken an seinen leider viel zu früh verstorbenen künstlerischen Partner Nils Koppruch geschriebenen Titel „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“.

Reife Leistung aller Beteiligten

Zu einem Stadtmusikanten ist auch Gisbert zu Knyphausen gereift, verdient dort angekommen, wo er jetzt steht, was nicht zuletzt dieses angenehm hörenswerte Konzert verdeutlicht. Ein reifes und konzentriertes Publikum hat er übrigens auch gefunden, zum Mobiltelefon greift in der Manufaktur zwischendurch kaum mal jemand. Dass es solche Konzerte auch noch gibt, ist ebenfalls schön.