Pro-China-Unterstützer halten eine Flagge, auf der China- und Taiwanflaggen abgebildet sind, aus dem Auto. Foto: AP

Das erste Treffen zwischen den Präsidenten Chinas und Taiwans birgt eine eigenartige Herausforderung: Am Samstag treffen sich zwei Präsidenten, die sich offiziell gegenseitig nicht anerkennen. Den historischen Händedruck wird es wohl am Ende trotzdem geben - möglichst vor epischer Kulisse.

Peking - Wie gestaltet man ein historisches Ereignis, bei dem nichts Substanzielles herauskommen darf? Keine Vereinbarungen, keine gemeinsame Erklärung, ja noch nicht einmal die protokollarische Bestätigung, dass sich die beiden Teilnehmer als Staatschefs gleichen Rangs sehen.

Es geht also vor allem um Symbole und starke Bilder, wenn Chinas Präsident Xi Jinping und sein taiwanesischer Kollege Ma Ying-jeou am Samstag in Singapur zusammenkommen. China-Experte Brantly Womack formuliert es so: „Das Meeting ist die Message.“ Es gehe um Anerkennung, nicht um Ergebnisse.

Vor allem für die Führung Taiwans ist es ein heikles Unterfangen. Präsident Ma treibt die Annäherung an China seit Jahren voran, insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene. Doch viele Bürger auf der seit 1949 de facto eigenständigen Insel beäugen misstrauisch Pekings erklärtes Ziel, China und Taiwan zu vereinigen.

Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Januar

Vergangenes Jahr demonstrierten Zehntausende in Taipeh gegen einen zu großen Einfluss Chinas. Taiwans regierende Nationalisten erlitten bei den Kommunalwahlen 2014 eine Schlappe. Nun stehen im Januar Präsidentschafts- und Parlamentswahlen an. Und wieder scheinen jene im Aufwind, die zu Peking auf Distanz gehen.

In diesem innenpolitischen Minenfeld waren bereits die Vorbereitungen für den Präsidentengipfel ein Eiertanz. Nach Angaben aus Taiwan begannen die Planungen vor zwei Jahren. Hauptschwierigkeit war, dass China sich weigert, die taiwanesische Regierung anzuerkennen. Stattdessen beharrt Peking auf dem „Ein-China-Prinzip“ - nach dieser Lesart gehören Taiwan und China ohnehin zur selben Nation.

Ma schloss seinerseits aus, nach China zu reisen. Peking wollte aber auch kein Treffen am Rande einer internationalen Konferenz, etwa beim Gipfel der asiatischen Wirtschaftsgemeinschaft APEC. Am Ende einigte man sich auf einen weitgehend neutralen Ort: Singapur hat gute Beziehungen sowohl nach Peking als auch nach Taipeh.

Flaggen wird es auch nicht geben

Nachmittags sollen sich Xi und Ma dort im Luxushotel Shangri-la treffen, abends werden sie beide an einem Festbankett teilnehmen. Ob und wie sie sich den Medien stellen, ist offen. Offiziell vereinbart ist jedoch die Anrede: Es treffen sich hier Herr Xi und Herr Ma. Die Titel als Präsidenten kommen nicht zur Sprache - eine logische Folge der beidseitigen Politik der Nicht-Anerkennung. Flaggen wird es bei diesem sehr speziellen Gipfel ebenfalls nicht geben. Denn China sieht beim Anblick der taiwanesischen Flagge rot.

Auch die öffentliche Bestätigung dieses Treffens folgte eigenen Gesetzen. Sie kam nicht von Xis Büro oder vom Außenministerium, sondern vom Taiwan-Büro in Peking. Beharrt die kommunistische Führung doch darauf, dass alles, was mit der Insel zu tun hat, eine innerchinesische Angelegenheit sei. Entsprechend verwies das chinesische Außenministerium alle Fragen zum Treffen an das Taiwain-Büro - obwohl die Begegnung eindeutig im Ausland stattfindet.

Sorgfältig choreografierte Fototermine

Da keiner der beiden Gesprächspartner in Singapur als Gastgeber auftreten kann, dürften die Fototermine ähnlich gestaltet werden wie gutes Musiktheater: sorgfältig choreografiert, mit passenden Kulissen und vor allem strikt nach dem festgelegten Skript.

Und wie immer bleibt die Frage nach dem Händedruck. Als der Vorsitzende der Nationalistischen Partei, Lien Chan, 2005 Peking besuchte - damals als Oppositionspolitiker -, schritt er mit seinem chinesischen Gesprächspartner durch eine riesige Halle, bevor sich beide in der Mitte die Hand schüttelten. Angesichts der historischen Last ihres jetzigen Gipfels dürften sich Xi und Ma einen ähnlich bombastischen Ort aussuchen.