Die Kölner Apotheke, von der alles ausging Foto: dpa/Marcel Kusch

In Köln sind wegen Todesfällen drei Apotheken geschlossen worden. Die Apotheker im Südwesten halten die eigene Herstellung von Arznei nach wie vor für wichtig.

Stuttgart - Nach zwei Todesfällen durch vergiftete Arznei haben die Behörden die sofortige Schließung von drei Kölner Apotheken angeordnet. Wir beantworten die wichtigsten Fragen dazu.

Wie begründen die Behörden ihr Vorgehen in Köln?

„Da eine Gefährdung weiterer Kunden durch von der Apotheke abgegebene Arzneimittel nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, ist die vorübergehende Schließung des gesamten Apothekenbetriebs erforderlich“, teilte die Kölner Bezirksregierung mit. Konkret handelt es sich um jene Apotheke, aus der die vergiftete Arznei stammte, sowie um zwei weitere Filialen desselben Verbundes. Agenturberichten zufolge hatte am Donnerstagmorgen aber noch mindestens eine der Apotheken geöffnet.

Wie ist der Stand der Ermittlungen?

Wie berichtet, hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen unbekannt eingeleitet. Eine Mordkommission ermittelt. Wie es zu der Verunreinigung des an sich harmlosen Glukosepräparats mit einer für die Mutter und ihr ungeborenes Kind tödlichen Substanz gekommen ist, ist bis jetzt unklar. Es könnte sich sowohl um ein Versehen als auch um eine vorsätzliche Tat handeln. Das Gift – wahrscheinlich ein Betäubungsmittel – wurde in einem Behälter festgestellt, aus dem die Glukose in kleinere Tütchen umgefüllt worden war. Um den genauen Hergang aufzuklären, befragen die Ermittler unter anderem Zeugen, prüfen Lieferketten und sichten Unterlagen aus der Apotheke.

Welche Sicherheitsvorkehrungen wurden getroffen?

Polizei und Stadt hatten ausdrücklich davor gewarnt, Glukosepräparate aus der betroffenen Apotheke einzunehmen. Diese sollten stattdessen bei der Polizei abgegeben werden, was am Dienstag auch passierte. Eine Frau, die von ihrer Arztpraxis informiert worden sei, habe ein Glukosepräparat aus der Apotheke bei der Polizei abgegeben, bestätigte die Staatsanwaltschaft. Es wird nun von der Rechtsmedizin untersucht.

Wie kam es zu der Vergiftung?

Die 28-jährige Kölnerin war vergangene Woche an multiplem Organversagen gestorben, nachdem sie eine Glukosemischung aus der Kölner Apotheke zu sich genommen hatte. Das Präparat wird für einen Routinetest auf Diabetes in der Schwangerschaft eingesetzt und von den Krankenkassen bezahlt. Das Baby, das die Ärzte durch einen Kaiserschnitt zu retten versuchten, kam ebenfalls ums Leben.

Welche Rolle spielen Präparate, die von Apotheken selbst hergestellt werden?

Nach wie vor eine große. 2018 hätten die öffentlichen Apotheken allein in Baden-Württemberg mehr als 753 000 sogenannte allgemeine Rezepturen, wie etwa Kapseln oder Salben, für gesetzlich Versicherte hergestellt, heißt es bei der Landesapothekerkammer. Die berufsständische Organisation beruft sich auf eine Auswertung des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (Dapi). Tatsächlich liege die Zahl solcher Zubereitungen höher, so der Präsident der Landesapothekerkammer, Günther Hanke. „Rezepturen für Privatversicherte, von Sprechstundenbedarf oder auf direkte Nachfrage des Patienten sind in den Auswertungen des Dapi nicht berücksichtigt.“ Besonders Kinder benötigten oft ein Medikament in einer Dosierung, in welcher es von der Industrie nicht hergestellt werde.

Wie sicher sind die in Apotheken produzierten Arzneien?

Apotheker verweisen darauf, dass die tödliche Vergiftung in Köln ein absoluter Einzelfall sei. Für die Zubereitung von Präparaten in Apotheken gälten strenge Vorschriften. Verlangt wird unter anderem eine schriftliche Herstellungsanweisung, in der Technik, Geräte und Kontrollen genau festgelegt sind. Die Ausgangsstoffe müssen geprüft und der gesamte Prozess dokumentiert werden. Wenn kriminelle Energie im Spiel ist, helfen aber auch Vorschriften wenig. Für Aufsehen sorgte etwa ein spektakulärer Fall in Bottrop. In einer dortigen Apotheke waren zwischen 2012 und 2016 Infusionslösungen für Krebspatienten mit viel zu niedrigem Wirkstoffgehalt hergestellt worden. Leidtragende waren nicht nur die Patienten, auch die Krankenkassen wurden um mindestens 17 Millionen Euro geprellt. Der Apotheker erhielt eine zwölfjährige Haftstrafe. Probleme sind allerdings auch bei industriell hergestellten Arzneimitteln nicht ausgeschlossen. Ein Beispiel dafür war die Verunreinigung des Blutdrucksenkers Valsartan durch ein wahrscheinlich krebserregendes Nitrosamin. Weil ein chinesischer Wirkstoffzulieferer unsauber gearbeitet hatte, mussten etliche Chargen zurückgerufen werden.